Freitag, 17. November 2023

Blick ins Kino: Identität als Eintopf

Filmemachen hat einiges mit der Kochkunst gemeinsam. Es kommt auf die richtige Mischung und Zubereitung der Zutaten an. Und auf ein interessantes, aber essbares Rezept. Regie-Koch Pavo Marinkovic bedient sich in seinem Film „Bosnischer Topf – Bosanski Lonac“ der kulinarischen Metaphern für seine Diaspora-Geschichte.

Hauptdarsteller Senad Bašic spielt seinen verbitterten Künstler sympathisch und auch das bunte Ensemble – u.a. Zlatko Buric und Julia Franz Richter – hat Spaß. - Foto: © wikipedia commons

Von Marian Wilhelm

Das Rezept für das titelgebende Gericht bringt er uns gleich zu Beginn nahe, in Form eines altmodischen Fernsehbeitrags, den Filmheld Faruk Šego gestaltet.


Marian Wilhelm - Foto: © privat


Die gezeigten Arbeiter bringen mit, was sie haben, graben es ein und am Ende entsteht daraus ein Gemeinschafts-Eintopf – ein Melting Pot auf Bosnisch sozusagen. Faruk selbst lebt schon 20 Jahre in Graz, ist aber als ex-jugoslawischer Intellektueller im sprachlichen Exil ein Außenseiter geblieben. Damit er von der österreichischen Ausländerbehörde nicht abgeschoben wird, muss er schleunigst „einen wichtigen Beitrag zur österreichischen Kultur“ leisten und sein altes Theaterstück „Die Vampire von Miljacka“ auf die Bühne einer kleinen Grazer Off-Bühne bringen. Kein einfaches Rezept für den desillusionierten Autor, wurde die Uraufführung in Sarajewo doch anno dazumal durch den Kriegsausbruch vereitelt.


Mit einem Budget von nur 930.000 Euro hat Filmkoch Pavo Marinkovic eine vorzüglich ausbalancierte Diaspora-Tragikomödie serviert, deren Schmähs auf bosnisch ebenso wunderbar trocken schmecken wie auf steirisch. Peter Roehsler, Koproduzent dieses kroatisch-österreichischen Projekts, ist zugleich für die Kamera verantwortlich. Ihr Bosnischer Topf ist nicht mit Kitsch überwürzt, Hauptdarsteller Senad Bašic spielt seinen verbitterten Künstler sympathisch und auch das bunte Ensemble – u.a. Zlatko Buric und Julia Franz Richter – hat Spaß.


Zusammen mit dem Protagonisten wird einem am Ende klar, dass Identität immer eine Art Eintopf ist. Gerade für Menschen in Südtirol ist das freilich keine Neuigkeit. Die Wiener Philosophin Isolde Charim brachte es kürzlich treffend auf den Punkt: „Integration bedeutet nicht Assimilation. Angekommen ist man, wenn es gelingt, neue und alte Identität gleichzeitig zu leben. Das ist der Preis, den Migration dem Einzelnen abverlangt – ebenso übrigens auch der Mehrheitsgesellschaft.“


Termin: Filmclub Bozen

eva

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