<i>Von Marian Wilhelm</i><BR /><BR />Nun wagt sich Regisseur David Wnendt an eine Verfilmung. Wnendt hat sich in seinen bisherigen Arbeiten recht furchtlos gegenüber herausfordernden Inhalten gezeigt, etwa im Nazi-Drama „Kriegerin“, in der Charlotte Roche Adaption „Feuchtgebiete“ oder im Hitler-Reenactment „Er ist wieder da“. „Sonne und Beton“ nimmt sich dagegen schon fast wie ein klassischer Coming-of-Age-Film aus.<BR /><BR />Doch mit starkem Lokalkolorit aus dem Neukölln Anfang der 2000er versucht er sich auch stilistisch seinen jugendlichen Protagonisten anzunähern – und damit auch ein passendes Zielpublikum jenseits der Arthouse-Blase zu erschließen. Das gelingt mit sonnig-harten Bildern von Kamerafrau Jieun Yi, flottem Rapvideo-Rhythmus und einem expliziten Aggro-Berlin-Soundtrack. Einige Rapper wie Lucio101, Luvre47 oder B-Tight spielen konsequenterweise auch in Rollen im Film mit. <BR /><BR />Im Zentrum stehen die 3 14-jährigen Schüler Lukas, Julius und Gino. Später stößt mit Sanchez noch ein an kubanischen Rhythmen ausgerichteter Teenager dazu. Die 3 sind das, was man im Ghetto-Jargon „Opfer“ nennt. Sie geraten zwischen die Fronten türkischer und arabischer Gangs und müssen dringend Geld auftreiben. Dabei träumen sie vom Leben in Reichtum oder zumindest vom ersten Körperkontakt mit einem Mädchen und einem intakten Elternhaus. Ohne unglaubwürdig zu werden, schafft es der junge Neuköllner Hauptdarsteller Levy Rico Arcos, seinem Lukas eine Ahnung vom Erwachsensein zu geben. <h3> Zwischen Affirmation und maskuliner Coolness</h3>Die Geschichte ist streng aus der Buben-Perspektive erzählt und übernimmt auch deren pubertäre Haltung. Es ist ein schmaler Grat zwischen Affirmation übertrieben maskuliner Coolness und pädagogisch-distanzierter Überformung einer perspektivlosen migrantischen Lebensrealität, die eben genauso schief gelebt wird.<BR /><BR /> Regisseur David Wnendt entscheidet sich im Zweifel für den Style und das Jungens-Gehabe seiner kleinen Loser-Helden. Nur im immer wieder aufblitzenden Humor geht er etwas auf ironische Distanz dazu, mit einer „Fack ju Göhte“-Schnauze. Trotz einfach gestrickter harter Story, hebt vor allem diese rotzig-freche, echte Sprache den Film von vielen gut gemeinten Milieustudien ab.<BR /><BR />Bei der Berlinale Premiere außer Konkurrenz stieß der Film vor 2 Wochen auf wohlwollenden Zuspruch. Ob sich auch heimische Kids mit der Berliner Rapper-Schnauze identifizieren, zeigt sich ab jetzt im Kino.<BR /><BR /><b>Termin:</b> Filmclub Bozen<BR />