<b>STOL: Das Südtiroler Publikum kannte Sie als Ersten Trompeter des Haydn Orchesters, in den vergangenen 5 Jahren haben Sie die Erste Trompete im Orchester der Deutschen Oper in Berlin gespielt. Jetzt der nächste Karrieresprung: Sie haben das Probespiel gewonnen und treten im August in die Reihen der Berliner Philharmoniker. Was bedeutet das für Sie?</b><BR />Bertold Stecher: Die Philharmonie ist der Olymp der Musikerwelt. Dort spielen zu dürfen ist das Maximum, was man erreichen kann. Ich bin sehr stolz und froh darüber, diese Chance bekommen zu haben. „Berliner Philharmoniker“ darf ich mich aber noch nicht nennen – erst, wenn ich das Probejahr überstanden habe. Das Orchester wird darüber abstimmen, wie ich meine Position erfülle. Meine Stelle an der Deutschen Oper bleibt mir bis dahin erhalten.<BR /><BR /><b>STOL: Angefangen haben Sie wie viele Südtiroler bei der Musikkapelle Ihrer Heimatgemeinde, Mals. War schon damals klar: Sie wollen auf die große Bühne?</b><BR />Stecher: Schon als Kind wollte ich Musiker werden: In der Mittelschule sollten wir einmal ein Bild von unserem Traumberuf malen. Ich habe mich in Frack und mit Bart, mit der Trompete in der Hand auf einer Bühne mit roten Vorhängen gezeichnet. Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen. <BR /><BR /><b>STOL: Es gibt in Europa nicht besonders viele Orchesterstellen für Trompeter. Wie setzt man sich gegen die internationale Konkurrenz durch?</b><BR />Stecher: Südtirol ist ein Land der Blasinstrumente: Die Musikkapellen und Musikschulen leisten wirklich Großartiges. Man darf sich früh als Solist versuchen und sammelt so wichtige Erfahrung auf der Bühne. Aber natürlich braucht es auch viel persönlichen Einsatz. Ich habe sehr viel in die Musik investiert, von klein auf fleißig geübt. Mit 14 bin ich nach Feldkirch, um am Musikgymnasium studieren zu können: Es war nicht so einfach, die Heimat zu verlassen. Aber man muss als Musiker hinaus in die Welt, um bei den Top-Lehrern studieren zu können. In verschiedenen Jugendorchestern – wie dem Gustav-Mahler-Jugendorchester und dem Jugendorchester der Europäischen Union – habe ich mich weiterentwickeln können. Dann habe ich die unbefristete Stelle im Haydn Orchester bekommen. Talent, Fleiß und Glück sind wichtig – aber genauso der Lebenslauf, den man vorweisen kann. Davon hängt ab, ob man eine Einladung zu Probespielen erhält oder nicht.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="788306_image" /></div> <BR /><BR /><b>STOL: Wie war das Probespiel für die Berliner Philharmoniker?</b><BR />Stecher: Die Vorspiele finden im großen Saal der Berliner Philharmonie statt: Da steht man dann allein auf der riesigen Bühne. Auftreten und Ausstrahlung machen viel aus. Man könnte annehmen, diese seien für einen Orchestermusiker nicht so wichtig – aber bei den Philharmonikern ist jeder Musiker ein großer Solist. Je besser das Orchester, desto wichtiger sind Auftreten und Ausstrahlung jedes Einzelnen.<BR /><BR /><b>STOL: Was fasziniert Sie an den Philharmonikern?</b><BR />Stecher: Viele Komponisten haben das Orchester der Berliner Philharmoniker geprägt, berühmte Dirigenten wie Herbert von Karajan, Claudio Abbado und Sir Simon Rattle haben ihre Spuren hinterlassen. Die Berliner Philharmoniker bringen auf ihren Tourneen ihren Namen auch nach außen. Jedes Konzert wird über die Digital Concert Hall live im Fernsehen in die ganze Welt übertragen. Der Druck, immer top Qualität zu liefern und top vorbereitet zu sein, prägt auch die Musiker: Menschen von Japan bis in die USA schauen und hören zu.<BR /><BR /><b>STOL: Es heißt, die Berliner Philharmoniker seien das beste Orchester der Welt. Ein besonderer Ansporn?</b><BR />Stecher: Das war für mich eine große Motivation. An der Deutschen Oper war ich Erster Trompeter, Solotrompeter. Bei den Philharmonikern habe ich für die Stelle des Zweiten Trompeters vorgespielt. Zweiter Trompeter im besten Orchester der Welt – das ist schon eine Herausforderung, auch wenn ich jetzt 10 Jahre lang Erster Trompeter war. Es ist eine andere Rolle, die man erfüllen muss. Darauf freue ich mich sehr.<BR /><BR /><b>STOL: Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?</b><BR />Stecher: Bei der Stellenausschreibung werden ein oder 2 Konzerte und ungefähr 20 schwierige Orchesterstellen aus dem Repertoire verlangt: Das Trompeten-Konzert von Joseph Haydn ist eines der Standardwerke für solche Vorspiele. Die Erfahrung hilft einem: Beim Vorspiel muss man frei sein, Musik zu machen. An dem Tag hat das sehr gut geklappt. Übrigens: Gespielt habe ich auf einem Instrument aus der Werkstatt von Peter Oberrauch aus Eppan.<BR /><BR /><b>STOL: Und wie geht es jetzt für Sie weiter?</b><BR />Stecher: Mein Vertrag beginnt zum 1. August. Zur Saisonseröffnung am 26. August spielen wir die 7. Sinfonie von Gustav Mahler. Danach geht das Orchester auf Tournee: zu den Salzburger Festspielen, zum Lucerne Festival und zu den Proms nach London. Im November folgt dann die große USA-Reise mit Konzerten in New York, Chicago und Boston.<BR /><BR /><b>STOL: Als Sie vom Haydn Orchester nach Berlin gewechselt sind, war es für Sie noch eine Option, irgendwann zurück nach Südtirol zu kommen. Ist Berlin Ihnen inzwischen zur Heimat geworden?</b><BR />Stecher: Anfangs war es nicht so einfach für mich, mich im grauen Berliner Winter einzuleben. Inzwischen habe ich mich mit der Stadt angefreundet: Es ist ein toller Ort, ich habe ein super Umfeld aufbauen können und einen großen Freundeskreis. Es spielen auch andere Südtiroler in Berliner Orchestern: Miriam Kofler aus Terlan Fagott im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Bernhard Plagg aus Mals Trompete im Deutschen Sinfonieorchester, Daniel Werner Piccolo-Flöte im Konzerthausorchester. Hier ist vieles möglich. Ich komme zwar immer wieder gerne nach Südtirol zurück, aber beruflich wird es für mich Berlin bleiben – denn es gibt keine Steigerung. Wenn ich das bis zur Pensionierung machen kann: Das ist ein Traum.<BR /><BR /><b>Zur Person:</b><BR /><BR />Bertold Stecher, 1987 geboren, ist in Mals im Vinschgau aufgewachsen. Im Alter von 10 Jahren erhielt er seinen ersten Trompetenunterricht an der Musikschule Obervinschgau bei Anton Stecher. Von 2002 bis 2007 besuchte er das Musikgymnasium in Feldkirch Vorarlberg/Österreich, das er mit dem Abitur abschloss. Parallel dazu studierte Bertold Stecher am Vorarlberger Landeskonservatorium bei Prof. Lothar Hilbrand das Hauptfach Trompete und beendete sein Bakkalaureat-Studium 2009 mit Auszeichnung. Anschließend folgte ein Masterstudium (IGP – Instrumental und Gesangs Pädagogik) an der Universität Mozarteum Salzburg bei Prof. Hans Gansch, das er im Jahr 2012 mit der Höchstnote und dem Titel „Master of Arts“ absolvierte.<BR /><BR />Ab 2008 sammelte Bertold Stecher Orchestererfahrungen in verschiedenen Jugendorchestern und musizierte auf Tourneen mit den bekanntesten Dirigenten in bedeutenden Konzertsälen der Welt.<BR /><BR />Als Solotrompeter gastierte Bertold Stecher bei einigen der renommiertesten Orchester der Welt: den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouw Orchester Amsterdam, der Scala di Milano, dem Rotterdam Philharmonik Orchester, dem DSO Berlin, dem RSB Berlin, dem MDR Leipzig, dem hr-Sinfonieorchester, dem WDR Köln, dem NDR Elbphilharmonie Orchester, der Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom, dem Teatro la Fenice Venedig, dem Mozarteum Orchester Salzburg, der Camerata Salzburg, dem World Orchestra for Peace.<BR /><BR />Stecher engagiert sich auch für Kammermusik und dem Ensemblespiel und ist seit 2011 Mitglied der Blechbläser-Formation PROBrass. Während seiner Anstellung als Solotrompeter im Haydn Orchester von Bozen und Trient von 2012 bis 2017 wirkte er neben seiner Arbeit im Orchester auch als Dozent am Konservatorium von Bozen. Seit 2017 spielt Bertold Stecher als Solotrompete im Orchester der Deutschen Oper Berlin. Im August tritt er seine neue Stelle bei den Berliner Philharmonikern an.