In der Barockzeit wurde nicht nur das Genre des Konzerts für ein Soloinstrument und Orchester, sondern auch das Concerto grosso erfunden, in dem eine kleine Gruppe von Solisten – meist 2 Geigen und Cello – dem Rest des (Streich)Orchesters gegenübersteht. Beim Gruppenkonzert finden auch größere Solo-Ensembles Verwendung, so zum Beispiel in Bachs Brandenburgischen Konzerten, die Claudio Abbado mit der Orchestra Mozart erst im April in Bozen und anderen italienischen Städten aufführte. <BR /><BR /><BR /><b><BR />Sinfonia concertante<BR /></b><BR />Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Gattung des Concerto grosso zeitgemäß erneuert, indem sie angesichts der gewachsenen Bedeutung und des größeren Umfangs der Orchester – oder jedenfalls der berühmten kurfürstlichen Kapelle in Mannheim, die nach der großen Zeit des Orchesters Dresdens und neben denjenigen in Paris wohl das beste damalige Orchester gewesen sein muss – zur Sinfonia concertante entwickelt wurde. Mittlerweile war aus der dreisätzigen kurzen Operneinleitung die Symphonie als regelrechte eigenständige Gattung hervorgegangen, und so lag es nahe, die größeren Möglichkeiten des an- und abschwellenden Mannheimer Orchesterklangs mit den besonderen solistischen Fähigkeiten ihrer Mitglieder zu verbinden.<BR /><BR /><b>Stamitz, Pleyel</b> oder <b>Reindl</b> steuerten interessante Werke bei; von <b>Christian Cannabich</b> (1731-1798) ist der Besetzung wegen einer einsätzigen spritzigen Sinfonia concertante in A-Dur für Flöte, Oboe, Violine, Fagott und Orchester zu erwähnen. Johann Sebastians Sohn <b>Johann Christian Bach</b> (1735-1782) gar schrieb vierundzwanzig konzertante Symphonien; jene in C-Dur für Flöte, Oboe, Violine und Violoncello wurde vor Jahrzehnten von den damaligen Konzertmeistern des römischen RAI-Orchesters Severino Gazzelloni, Bruno Incagnoli, Angelo Stefanato und Giuseppe Selmi unter Thomas Schippers ausgegraben und erwies sich als brillantes Paradestück, das den tendenziell mäßigen Ruf des Londoner Bach-Sohns Lügen straft und harrt seitdem ihrer Wieder-Auferstehung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="633134_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Flöte, Harfe und Orchester in C-Dur, KV 299</b><BR /><BR />In Paris, wohin <b>Mozart</b> (im Bild) 1778 nach vielen Jahren der Abwesenheit wieder fuhr, ohne an seine früheren Erfolge als Wunderkind anschließen zu können, erfreute sich die Symphonie concertante großer Beliebtheit; so komponierte er denn dort ein derartiges Werk in Es-Dur für Flöte, Oboe, Horn und Fagott, das jedoch verschollen ist. Die Echtheit der heute noch oft gespielten Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn und Fagott (kv 297b / Anh. C 14.01) ist jedoch umstritten: Unklar ist es, ob es sich um eine eigenhändige Bearbeitung oder ein anderes Werk handelt, eventuell sogar eines anderen Komponisten (jedenfalls eines großen Könners, denn die Erfindung ist gediegen und der Bläsersatz hervorragend).<BR /><BR />Mozart schrieb in Paris jedoch auch noch ein weiteres konzertantes Werk mit einem Blasinstrument, das ihm kein Glück brachte. In der Hoffnung, den Zugang zur höheren Gesellschaft – und mithin zu eventuellen prestigeträchtigen Kompositionsaufträgen für die Oper – zu bekommen, erteilte Mozart privaten Musikunterricht, möglichst natürlich in hochadeligen Häusern. Adrien-Louis Bonnières de Souastre, Herzog von Guines, spielte offenbar sehr virtuos die Flöte, während seine Tochter Marie-Louise-Françoise-Philippine Bonnières de Souastre sich einem damaligen Modeinstrument, der – auch von der Königin Marie Antoinette gespielten – Harfe widmete. Als Schülerin des bekannten Jean-Baptiste Krumpholtz schien sie beachtliche Fähigkeiten entwickelt zu haben, wobei sie Mozart mit einem ausgezeichneten Gedächtnis erstaunte, da sie angeblich an die zweihundert Stücke auswendig vortragen konnte, wie Wolfgang bewundernd seinem Vater schrieb.<BR /><BR />Ein Flötenkonzert bzw. ein Harfenkonzert, von denen offenbar die Rede war, schrieb Mozart allerdings nicht; stattdessen entstand für die Familie Bonnières de Souastre ein Doppelkonzert, das de facto dem Genre der Sinfonia concertante angehört. Nur hielt sich leider die Dankbarkeit der hochadeligen Herrschaften in Grenzen: Nicht nur, dass Marie-Louise als schöpferische Musikerin augenscheinlich kein Talent besaß und Mozarts Kompositionsstunden offenbar für die Katz waren (wohl auch, weil sie zu faul war, wie der Lehrer tadelnd bemerkte), sondern sie wurden auch erst mit großer Verspätung und lediglich zur Hälfte bezahlt; auch das Doppelkonzert scheint nicht vergütet worden zu sein.<BR /><BR />Wenn Mozart auch in dieser Hinsicht in Paris kein Glück beschieden war – am schwersten sollte ihn freilich im Sommer der ganz überraschende Tod der Mutter treffen, durch den ihm der Frankreichaufenthalt definitiv vergällt wurde –, so handelt es sich bei dem C-Dur-Opus kv 299 doch um das bedeutendste konzertante Werk für Harfe des gesamten 18. Jahrhunderts, weshalb zumindest die Nachwelt dem Herzog von Guines zu großem Dank verpflichtet ist.<BR /><BR />Mozart überwand seine (aus Anlass der Quartette kv 285) dokumentierte Abneigung gegen die Flöte und schuf ein ungemein inspiriertes Werk (gibt es bei Mozart überhaupt Routine?), in dem der metallisch-helle Klang der Harfe die ebenfalls silbrige, doch so anders geartete, gewissermaßen schlichtere Flöte virtuos umspielt, ohne dass jemals ein Missverhältnis zwischen den Soloinstrumenten entstünde. Das unprätentiöse C-Dur, das schlichte Unisono-Eingangsthema, die traditionelle Instrumentierung (neben Streichern nur zwei Oboen und Hörner), der in seiner Einfachheit nicht zu überbietende Satz (gar mit Albertischen Bässen der Harfe) im F-Dur-Andantino, das liebliche Gavotten-Allegro in Rondo-Form mit nur einem kurzen Ausflug nach c-Moll, alles wirkt zusammen zu einem Idealbild eines klassischen, weil perfekt ausgewogenen Konzerts, dessen malerisches Pendant jedoch weniger bei Angelika Kauffmann oder Anton Raphael Mengs zu finden sein dürfte als vielmehr bei François Boucher oder Jean Antoine Watteau: gleichsam eine musikalische Einschiffung nach Kithera, eine der reizenden Fêtes galantes, die das Rokoko heraufbeschwören wie sonst kaum ein Werk Mozarts.<BR /><BR /><b>Vita</b><BR /><BR /><b>Marco Mandolini,</b> 1968 in Montréal (Kanada) geboren, studierte am Conservatoire de musique seiner Heimatstadt bei Raymond Dessaints und Johanne Arel, wo er 1990 sein Diplom mit Auszeichnung in den Fächern Violine und Kammermusik erwarb. Er gewann diverse nationale Wettbewerbe und erhielt staatliche Stipendien in Kanada und in den Niederlanden. <BR /><BR />Sein Studium setzte er in Utrecht bei Philippe Hirschhorn, an der Mozart-Akademie in Prag und an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Günter Pichler fort; Meisterkurse besuchte er bei Boris Belkin an der Accademia Chigiana in Siena, bei Viktor Liberman, Gerhard Schulz und dem Alban Berg Quartett. <BR /><BR />Mandolini war Mitglied des European Community Chamber Orchestra und des Wiener Kammerorchesters. Als erster Geiger und Konzertmeister trat er u.a. er mit folgenden Orchestern auf: Orchestra des Teatro alla Scala, Filarmonica della Scala, Festival Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, Orchestra del Teatro di San Carlo di Napoli, Orchestra del Teatro Comunale di Bologna, Orchestra del Teatro La Fenice di Venezia, Orchestra del Teatro Lirico di Cagliari, Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, Orquésta Filarmónica de Gran Canaria.