In seinem kürzlich veröffentlichten Buch „Der geheime Marathon“ schildert Mussner 6 besondere Abenteuer; er versteht seine Läufe auch als eine Art Liebeserklärung an die Besonderheiten dieser Welt und gerade an jene Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen leben. <BR /><BR />Marathonläufer haben normalerweise ihre Zeit fest im Blick: Sie kennen haargenau ihre Bestzeiten, wollen diese verbessern und messen sich immerzu mit dem Rest des Feldes. Manfred Mussner dagegen verliert darüber kein Wort. Die Wettkampfzeiten sind ihm einerlei, Hauptsache, er findet seinen eigenen Rhythmus und kann den Lauf genießen. Zwar ist er ein sportlicher Typ, jedoch alles andere als ein normaler Marathonläufer. <BR /><BR />Der 48-jährige Brixner und zweifache Vater absolviert die Distanz von 42,195 Kilometer nicht zum Selbstzweck, vielmehr sind die Läufe gewissermaßen Eintrittskarten in völlig unbekannte Realitäten. Erst durch die Teilnahme an Marathons öffneten sich ihm, der beruflich als leitender Beamter der Luftfahrtbehörde ENAC am Bozner Flughafen tätig ist, an sich unpassierbare Grenzen. So manches davon hatte er sich schon als Kind erträumt.<h3> Kriegsgebiete und extreme Armut</h3>Und so bekam er Einblicke in die geheimnisvollsten Winkel der Erde, beispielsweise bei den Peschmerga im wilden Kurdistan oder im abgeschotteten Somaliland, wo die Bewohner die Ausrichtung eines Laufes als Geste der Anerkennung werteten. <BR /><BR />Die Erlebnisse der 6 Marathons, die Manfred Mussner in seinem kürzlich veröffentlichten Buch „Der geheime Marathon“ schildert, sind auch eine Art Liebeserklärung an die Besonderheiten dieser Welt und gerade an jene Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen leben: in Kriegsgebieten, in Diktaturen, in großer Armut. Klischee und Wirklichkeit klaffen aber oft weit auseinander, vor allem sollte man nicht stets nach westlichen Maßstäben urteilen, meint Mussner. <BR /><BR />Seine persönliche Geschichte zeigt übrigens auch, wie man aus heiterem Himmel sein eigenes Ding durchziehen kann: Seinen allerersten Marathon hat er erst 2016 in Nordkorea bestritten, als Trainingslauf diente der „Puschtra Erdäpfellauf“, erst einen Monat vor der Abreise begann er systematisch zu trainieren. <BR /><BR />Heute, nachdem der Weltenbummler die Läufe und Erlebnisreisen in Nordkorea, Iran, Jamaika, Somaliland, Afghanistan, Irak und Somalia hinter sich hat, liebäugelt er mit einem Marathon im Jemen und einem weiteren im Kongo, um die Berggorillas zu besuchen. <BR /><BR />Nicht die Jahre in unserem Leben zählen, sondern das Leben in unseren Jahren, lautet ein bekannter Sinnspruch. Und so zählt für den wissbegierigen Brixner auch nicht die Zeit seiner Marathons, sondern die Erlebnisse, die er sich auf diese Weise ermöglicht.<h3> Die Premiere in Nordkorea</h3>Abgeschottet vom Rest der Welt, ein allgegenwärtiger bizarrer Führerkult und eine kompromisslose Staatsideologie, die das Leben von etwa 25 Millionen Einwohnern bis ins kleinste Detail regelt – ausgerechnet in <b>Nordkorea</b> will Manfred Mussner seinen allerersten Marathon laufen. Wem es überhaupt gelingt, ins Land zu kommen, der wird auf Schritt und Tritt kontrolliert. Kontaktaufnahmen mit Einheimischen sind nicht gestattet, jegliches Foto muss genehmigt sein, immerzu droht das Damoklesschwert einer Bestrafung. Ungeachtet der rückwärtsgewandten Ideologie und Armut seiner Bewohner achtet Nordkorea peinlich darauf, dass nur positive Eindrücke nach außen dringen. <BR /><BR />Propaganda in Reinkultur. Genau diesen Zweck erfüllt auch der Marathon in der Hauptstadt Pjöngjang, er wird zu Ehren des „Ewigen Präsidenten“ gelaufen. Die Zuschauer werden in Bussen ins Stadion gekarrt, dort verfolgen sie mit versteinerter Miene das Geschehen. Die Rennstrecke wird von Soldaten der Volksarmee, Polizei und Geheimagenten bewacht, sie darf unter keinen Umständen verlassen wird. Wer die vorgegebene Zeit von unter 4 Stunden nicht schafft, wird von einem Fahrzeug eingesammelt. Mussner beendet seinen allerersten Marathon im April 2016 glücklich und zugleich erschöpft. <BR />Danach unternimmt er Ausflüge, etwa zur spannungsgeladensten Grenze der Welt im Süden des Landes, zum skurrilen „Kaufhaus Nummer 1“, in Schulen und Trainingszentren oder besucht einen Buchladen mit nur 50 Büchern. Kein Schritt kann ohne die Aufpasser vollzogen werden. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="761813_image" /></div> <BR />Durch die Erlebnisse in Nordkorea ist Manfred Mussner erst so richtig auf den Geschmack gekommen. Noch bevor er die bizarrste Diktatur der Welt verlässt, steht sein Entschluss, als nächstes den <b>Teheran-Marathon</b> im Iran in Angriff zu nehmen. Dabei wird er diesmal von Phlipp, einem gleichgesinnten Laufkollegen begleitet. Allerdings werden die 42,195 Kilometer als „persischer Lauf“ und nicht als Marathon betitelt, weil mit dem damit verbundenen griechischen Heldenmythos unliebsame historische Erinnerungen verbunden sind. Völlig egal, dass diese 2500 Jahre zurückliegen. <BR /><BR />In Teheran wird den verdutzten Läufern verkündet, dass der Oberste Wächterrat – die höchste religiöse Autorität im Lande – den weiblichen Läuferinnen eine Teilnahme untersagt. Als Alternative wird den Frauen zugebilligt, in einem von der Religionspolizei streng bewachten Stadtpark wenigstens 10 Kilometer laufen zu können. Die Athletinnen lassen sich aber nicht unterkriegen, kurzerhand organisieren sie einen geheimen Lauf über die restlichen 32 Kilometer in einem anderen abgelegenen Stadtpark und schlagen so dem Regime der Mullahs ein Schnippchen.<BR /><BR /> Nachher werden die Läuferinnen von internationalen Medien gefeiert. <BR />Nach ihrem eigenen Marathonlauf auf der ziemlich eintönigen Strecke in den Straßen Teherans erkunden Philipp und Manfred das mysteriöse Land. Sie erleben Begegnungen voller Herzlichkeit, unterhalten sich mit Imamen und Studenten, bestaunen Prachtbauten und die exotischen Reize des Orients. „Der Iran ist ein zutiefst missverstandenes Land, die Propaganda und Hetze des Mullah-Regimes steht in krassem Gegensatz zur unvergleichlichen Gastfreundschaft und den kulturellen Schätzen des Landes“, zieht Mussner ein abschließendes Fazit seines Iran-Abenteuers.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="761816_image" /></div> Nach der einen Tür hat sich für Mussner fast schon auf wundersame Art und Weise stets die nächste geöffnet. So wurde für ihn und Laufpartner Philipp sowie weitere 20 eingefleischte Läufer und Läuferinnen nach dem Marathon in Somaliland am Horn von Afrika der Traum vom merkwürdigsten Marathon überhaupt Wirklichkeit, dem „geheimen Marathon“ in <b>Afghanistan</b>. Geheim deshalb, weil das Risiko von Anschlägen allgegenwärtig ist. Zeitpunkt: Unbekannt. Ort: Irgendwo in den Bergen bei den Band-e Amir-Seen. <BR /><BR />Gelingen konnte es nur über die mysteriöse Kontaktperson James, die bereits die Formalitäten für Somaliland organisiert hatte. Um in Kabul nicht als Ausländer aufzufallen, hat James für seine geheimen Läufer ortstypische Kleidung organisiert. So erkunden sie als Paschtunen verkleidet die Straßen Kabuls, wo wieder die fundamentalistischen Taliban das Sagen haben. Mussner & Co. mischen sich unter die Leute.<BR /><BR /> Dann geht es in einem Hubschrauber der Vereinten Nationen zum Lauf in einer Höhenlage von über 3000 Metern. Zuvor wird noch das malerische Bamiyan-Tal inspiziert. Nur mehr verrostete Panzer erinnern heute an die Taliban, die dort anno 2001 in Stein gemeißelte Buddha-Statuen zerstört hatten. Die beiden Südtiroler schließen indessen Bekanntschaft mit einem überaus genügsamen Volk, den Hazara. <BR /><BR />Schließlich beschreibt Mussner die Hochgefühle während des Laufes: „Ich laufe mit einer Leichtigkeit, die ich noch nie zuvor erlebt habe – und empfinde dabei eine geradezu überirdische Freude. Mein Blick verliert sich in der Weite des Horizonts. Ich werde wieder zu jenem Kind, das mit seinen Geschwistern und Cousins sorglos über die Bergwiesen unserer Dolomiten rennt. Und es scheint mir, als wäre ich genauso glücklich wie damals – oder noch glücklicher.“ Er erlebt in der magischen Atmosphäre des Hindukusch seinen persönlichen Runner’s High.<BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="761819_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR />