Sonntag, 23. Juli 2023

Unmenschlich: Eingesperrte Menschen mit Beeinträchtigung – Pfarrer will Situation ändern

Tumaini Ngonyanis Traum wird wahr: Auf einem rund 15 Hektar großen Grundstück in seinem Heimatdorf Msindo in Tansania will der Tisner Pfarrer eine Art Handwerkerzone verwirklichen, in erster Linie, um Menschen mit Beeinträchtigung in der Region Ruvuma eine Zukunft zu schenken. Die „Zett“ hat mit dem beliebten Geistlichen gesprochen.

Auf der Baustelle wird eifrig gearbeitet.

Bei der Christophorus-Aktion am Sonntag wird unter anderem für die im Bau befindliche Werkstatt gesammelt, in der künftig Dreiräder und Rollstühle für Menschen mit Beeinträchtigung gebaut werden. Aber alles der Reihe nach: Tumaini Ngonyani (49) ist für seine Landsleute in Ostafrika ein Hoffnungsträger. Und Tumaini bedeutet auf Swahili auch so etwas wie Hoffnung.

Schon vieles, was hierzulande selbstverständlich ist, konnte der Seelsorger in den vergangenen über 20 Jahren für sein 3000-Seelen-Dorf Msindo verwirklichen – dank der Spenden aus Deutschland und Südtirol. In Msindo gibt es nun eine Krankenstation, einen Kindergarten, eine Grundschule und eine Trinkwasseranlage. Nun laufen die Bauarbeiten für die einstöckige Werkstatt, in der baldmöglichst Dreiräder und Rollstühle entstehen sollen.

Pfarrer Tumaini Ngonyani (links) mit Bischof Ivo Muser. - Foto: © fm


„Wir haben in der rund 500.000 Einwohner zählenden Region Ru vuma, zu der auch mein Heimatdorf gehört, viele Kinder und Erwachsene, die aufgrund der Kinderlähmung oder auch als Folge von Unfällen zum Teil stark beeinträchtigt sind“, weiß der Pfarrer von Tisens, Unsere Liebe Frau im Walde und St. Felix.

„Und weil diese Menschen aufgrund ih rer Beeinträchtigung zu einem Großteil nicht mobil sind, werden sie von ihren Eltern den ganzen Tag über eingesperrt – ohne Essen und ohne eine Toilette. Erst abends kommen die Eltern von der Arbeit nach Hause und können sich um ihre beeinträchtigten Kinder kümmern.“ Diese prekäre Situation in seiner Heimat will der 49-jährige Priester ändern.

Pfarrer Tumaini im Gespräch mit einem Jungen, der sich dank eines Dreirads fortbewegen kann.


Neues Lebensgefühl

„Diese armen Menschen müssen mobil werden, weshalb eben in der künftigen Werkstatt Rollstühle und Dreiräder mit Handkurbeln gebaut werden sollen“, kündigt Ngonyani an. Mehr als 30 Rollstühle und Dreiräder wurden bereits vom Mechaniker von Ngonyanis Verein Rifo gebaut und verteilt.

„Jene, die nun einen fahrbaren Untersatz haben, sind glücklich und zufrieden, sie haben ein neues Lebensgefühl“, freut sich der Pfarrer. In dem im Bau befindlichen Gebäude in Msindo, das in einem zweiten Moment erweiterbar ist, soll neben der Werkstatt auch ein Klassenzimmer untergebracht werden, um die Menschen mit Beeinträchtigung auch auszubilden, damit sie Dreiräder und Rollstühle bauen können. Es entsteht also eine Berufsschule.

Für Leidgenossen Fortbewegungsmittel bauen

„Sozusagen werden dann Menschen mit Beeinträchtigung ihren vielen Leidensgenossen Fortbewegungsmittel bauen“, verspricht der sympathische Priester: „Ich habe schon Vorbestellungen für weit mehr als 150 Rollstühle und Dreiräder.“ Rund 120.000 Eu ro soll die fixfertige Werkstatt samt Einrichtung und Maschinen bis zu guter Letzt kosten, hierzulande würden die Kosten wohl im siebenstelligen Bereich liegen.

„Dank der Sternsingeraktion und der Christophorus-Aktion sowie der Privatspender und der Region Trentino-Südtirol können wir als Verein diese Kosten stemmen“, ist Ngonyani dankbar. „Insgesamt erfahre ich sehr viel Unterstützung aus Südtirol, vor allem von Missio Bozen-Brixen und auch aus meiner Pfarrgemeinde Ti sens. Vielen Dank dafür.“

Sichtlich dankbar nennt der 49-Jährige aber auch die Pfarrgemeinde Stegen im Pustertal: „Dank ihr hat die Msindo-Hilfe vor mehr als 20 Jahren in Südtirol überhaupt erst begonnen. Und noch heute erfahre ich viel Unterstützung. Auch meinen Stegener Freunden gilt ein großes Dankeschön für ihre Großzügigkeit.“

Werkstatt als Beispielprojekt

Eines ist dem Tisner Pfarrer wichtig, zu unterstreichen: „So wie bei der Sternsingeraktion 2023 wird auch bei der Christophorus-Aktion für zahlreiche Projekte in Entwicklungsländern gesammelt. Unsere Werkstatt ist nur ein Beispielprojekt.“

Sobald die erste Werkstatt dann fertiggestellt und in Betrieb genommen sein wird, vermutlich im nächsten Jahr, will der Pfarrer unter anderem noch Schuster-, Schneider- und Tischlerwerkstätten verwirklichen. „Auf dem rund 15 Hektar großen Grundstück soll eine Handwerkerzone entstehen, in der in erster Linie Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten und ausgebildet werden“, blickt Pfarrer Tumaini Ngonyani voraus.

„Natürlich werden wir auch Profis beschäftigen, welche die Arbeiten überwachen sowie die Menschen mit Beeinträchtigung begleiten und gut ausbilden. Einen Mechaniker habe ich schon gewonnen, ein zweiter wird dazukommen. Beide werden noch heuer in Kufstein im Bundesland Tirol eine Ausbildung besuchen. Sie sollen dann die Leitung der künftigen Werkstatt für Dreiräder und Rollstühle in Msindo übernehmen.

Weitere Infos bei der Diözese Bozen-Brixen.

fm/zett

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