16 der 46 Betreuten können nur mehr an 3 Tagen pro Woche in die betreute Werkstätte nach Kardaun kommen. „Für diese 16 ist das eine Katastrophe. Ein strukturierter Tagesablauf ist für sie absolut wichtig und lebensnotwendig, genauso wie die Entlastung für ihre Familien“, weiß Dusini. Mit Umschichtungen, Verständnis und Kollegialität der Mitarbeiter habe man die 2 Jahre der Pandemie gut bewältigt. Doch nun habe es nun keinen anderen Ausweg gegeben: „Irgendwann sind die Batterien leer. Wir mussten die Notbremse ziehen. Es gibt nämlich keine Aussicht, dass sich in den nächsten Monaten etwas an der Situation ändert.“<BR /><BR />STOL hat mehrfach über das Problem berichtet, nachdem <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/unsere-gesellschaft-schaut-nicht-auf-die-schwaechsten" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">die Mutter eines der Betreuten von Kardaun, Else Stieler, Alarm geschlagen hatte.</a><BR /><BR />„Der Fachkräftemangel besteht schon länger“, erklärt Thomas Dusini. „Durch Corona und die Impfpflicht ist er besonders evident geworden.“ Einrichtungen, die rund um die Uhr an 7 Tagen in der Woche geöffnet sind, bringe das in äußerste Notlagen: „In Seniorenwohnheimen können frei gewordene Betten nicht wieder belegt werden. In Einrichtungen für Menschen mit Behinderung gibt es aber keine Fluktuation. Allein der Wohnbereich im KIMM in Kardaun hat während der Pandemie 60 Prozent der Mitarbeiter verloren. Wir waren gezwungen, Personal umzuschichten, um die essenziellen Dienste dort aufrecht zu erhalten.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-54725761_quote" /><BR /><BR /> Nun sei ein Punkt erreicht gewesen, an dem es den Mitarbeitern gegenüber nicht mehr zu verantworten gewesen sei, so wenig Planungssicherheit zu bieten: „Die Reduzierung ist eine Entlastung für sie nach Jahren der außergewöhnlich hohen Anforderungen. Auch sie brauchen einmal Urlaub.“<BR /><BR /><b>„Der Personalmarkt ist erschöpft“</b><BR /><BR />Wie lange die Teilschließung in Kardaun dauern wird, sei noch nicht abzusehen: „Über den Sommer wird es so bleiben. Wir hoffen natürlich, dass wir den einen oder anderen neuen Mitarbeiter finden. Aber realistischerweise muss man sagen: So lange die Impfpflicht gilt, werden wir mit Personalmangel rechnen müssen.“ Er wolle keine falschen Hoffnungen wecken: „Der Personalmarkt ist erschöpft. Die Schulen bilden zu wenige Leute aus. Öffentliche und private Anbieter fischen im selben Teich.“ Öffentliche Einrichtungen hätten angesichts von Zweisprachigkeitspflicht, Proporz und Wettbewerben gegenüber den privaten Anbietern das Nachsehen. „Aber wir finden nicht einmal Reinigungspersonal.“ <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/kaum-personal-zu-finden-die-zeiten-haben-sich-geaendert" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">(Ähnliches sagte auch Ressortleiter Luca Critelli, STOL hat berichtet.)</a><BR /><BR />Dank der Notstandsgesetze sei es möglich gewesen, bis 31. März Personal ohne die ansonsten nötigen Voraussetzungen aufzunehmen. „Aber auch damit konnten wir mit Glück nur einzelne Positionen besetzen. Wir können den Bedarf damit nicht befriedigen, unser Problem damit nicht lösen: Das Problem ist strukturell.“<BR /><BR /><b>„Jetzt schnelle und flexible Lösungen: Wohnortnahe Ausbildung“</b><BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/tagesstaette-in-kardaun-muss-nun-teilweise-schliessen" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Seitdem STOL über das Thema berichtet,</a> sind so genannte Direktberufungen, wie sie bis 2015 möglich waren, immer wieder als Lösung aufs Tapet gebracht worden. Auch Dusini sagt: „Quereinsteiger haben die Sozialdienste seit den 90er Jahren auf diesem Weg aufgebaut: Kellner, Mütter nach der Betreuungszeit, Mitarbeiter von Obstmagazinen haben sich berufsbegleitend ausbilden lassen. Sie sind jetzt die Säulen der Sozialdienste.“ Nun müsse man diese Mitarbeiter entlasten. <BR /><BR />„Der Bereich Ausbildung ist anzuschauen“, sagt Dusini. „Wir brauchen wohnortnahe Ausbildungsmöglichkeiten für Quereinsteiger. Eine Pflegehelferin aus Gröden, die ich kenne, ist für die berufsbegleitende Ausbildung 3 Jahre lang nach Meran gependelt. Wie viele nehmen so etwas auf sich? Wir müssen dorthin gehen, wo die Leute sind. Das Angebot muss flexibler werden.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-54725765_quote" /><BR /><BR />Der Beruf müsse attraktiver werden, sagt Dusini: „Das Finanzielle ist das Eine, weil es für die gesellschaftliche Anerkennung steht. Aber die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Ausbildung sind das Andere. Wir sind hier dringendst gefordert. Wir müssen die Berufe wieder attraktiver machen.“<BR /><BR />Familienentlastende Angebote brauche es in Südtirol unbedingt. „Dazu muss man bedenken: Was wir heute säen, ernten wir erst in 5, 6 oder 8 Jahren. Wir müssen jetzt flexibler und schneller werden. Sonst, befürchte ich, geht der Weg in Richtung Privatisierung. Und wenn man ins Ausland schaut, sieht man: Das ist nicht der ideale Weg.“