Dienstag, 10. Oktober 2023

Parteien-Check: Was will die Demokratische Partei?

Die Landtagswahlen in Südtirol rücken näher: 16 Listen mit insgesamt 488 Kandidaten bewerben sich am 22. Oktober um die 35 Plätze im Hohen Haus. STOL hat für Sie einen Blick in die Wahlprogramme geworfen und stellt Ihnen in der Serie Parteien-Check wertungsfrei vor, welche Vorschläge, Problemlösungen und Visionen die einzelnen Parteien für die Zukunft unseres Landes haben. Heute steht die Demokratische Partei (PD) im Fokus.

Heute im Fokus: die Demokratische Partei.

Von:
Philipp Trojer
Der PD hat im Vorfeld der Wahl am 22. Oktober ein Wahlprogramm in italienischer und deutscher Sprache vorgelegt. Auf 22 Seiten betont die Partei die Notwendigkeit, auf die wachsenden sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu reagieren und sich für eine inklusivere, gerechtere und zukunftsorientierte Gesellschaft einzusetzen.

Hier ein Überblick über das Wahlprogramm des PD.

Eine gerechtere, inklusivere und innovativere Autonomie

Der PD möchte sich für eine Überarbeitung des Autonomiestatutes einsetzen: Es soll als dynamisches Instrument angewandt werden, um alle Sprachgruppen und neue Bürger zu schützen und zu fördern. Wenn der Proporz eine Hindernis darstellt – etwa bei der Mitarbeitersuche im Gesundheitswesen – sollte dieser abgeändert und überwunden werden. Zu diesem Zweck fordert der PD die Gründung einer Expertenkommission, die eine Aktualisierung des Autonomiestatutes vorschlagen soll.

Im Video-Interview stellt sich Renate Prader, Spitzenkandidatin der Demokratischen Partei, den Fragen von STOL-Ressortleiter Arnold Sorg:



Außerdem schlägt die Partei die Schaffung eines Organs zur Bewertung der öffentlichen Politik vor: Dabei sollen nicht nur Landesgesetze sondern auch Durchführungsbestimmungen unter die Lupe genommen und mehr Partizipation durch die Bürger ermöglicht werden.

Der PD setzt sich zudem für eine Aufwertung der Landeshauptstadt Bozen ein. Dieser sollten Kompetenzen ähnlich einer Metropolen-Region zukommen, um eine bessere Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden zu garantieren und das größere finanzielle Gewicht auszugleichen, das Bozen als Landeshauptstadt zu tragen hat.

Bildung mit Weitsicht

Der PD betont die Bedeutung einer mehrsprachigen und inklusiven Schule, um Bildungsbarrieren zu überwinden. Die Einführung einer dreisprachigen Schule ist ein zentrales Anliegen der Partei: Sie setzt sich für ein Schulmodell ein, indem in der deutschen bzw. italienischen Schule auf Nachfrage der Schüler, der Eltern oder der Institutionen Teile des Unterrichts in der jeweils anderen Sprache oder auf Englisch abgehalten werden. Zudem sollten Lehrer- und Schüleraustauschprojekte gefördert werden, um das Verständnis und den Respekt zwischen Sprachgruppen zu stärken.

Für die Umsetzung besteht Bedarf an spezialisierten Lehrern für dreisprachige Bildungswege, die Universitätsausbildung sollte entsprechend angepasst werden. Der PD begrüßt die Entscheidungen, die bereits zur Mehrsprachigkeit in Schulen beigetragen haben und fordert deren Erweiterung.

In Bezug auf die Inklusion von Schülern mit Behinderungen sieht der PD die Notwendigkeit von Maßnahmen, die eine echte Integration in Schulen sicherstellen, insbesondere in weiterführenden Schulen. Die aktuellen Richtlinien und die Ausstattung mit Integrationslehrern reichten nicht aus und sollten an die tatsächlichen Bedürfnisse der Schüler angepasst werden.

Außerdem fordert der PD eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen Schulen, sozialen Einrichtungen, regionalen Arbeitsämtern und privaten Akteuren, um behinderten Jugendlichen nach ihrer Schulausbildung bestmöglich bei der Integration in die Arbeitswelt zu unterstützen.

Arbeit: Rauf mit den Löhnen

Im Bereich Arbeit legt der PD den Fokus auf die Förderung von Beschäftigung und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen und schwachen Arbeitnehmern in städtischen Gebieten. Wichtig sei dafür die ständige Investition in Bildung, Universität, technologische Innovation und Weiterbildung, um Arbeitnehmer fit für den Arbeitsmarkt zu machen.

Als Priotität gibt die Partei zudem die Arbeitssicherheit aus: Deshalb will sie die Zahl an Arbeitsinspektoren ausbauen. Am Arbeitsplatz sollen die Weiterbildung und Prävention gefördert werden.

Im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten seien die Löhne in Südtirol laut dem PD zu niedrig, das führe zu Unzufriedenheit. Ein weiteres Problem seien prekäre Arbeitsverhältnisse.Die Partei schlägt vor, anhand des österreichischen Modells territoriale Tarifverträge einzuführen, die Leistungsboni und andere Vorteile für Arbeitnehmer vorsehen. Es sollen auch bessere Bedingungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge geschaffen und Lösungen für den Zugang zu Krediten für Arbeitnehmer in der Provinz Bozen gesucht werden.

Arbeiter 4.0 benötigen hochqualifizierte Ausbildung

Die Berufsausbildung in Südtirol ist laut dem PD noch nicht an die Anforderungen der Digitalisierung angepasst. Es gebe viele illegale Beschäftigungspraktiken in der Region. Daher müsse das Arbeitsinspektorat besser ausgestattet und geschult werden, um gegen Missstände vorzugehen und die Rechte und Sicherheit der Arbeitnehmer zu schützen.

Eine aktive Arbeitsmarktpolitik sei entscheidend, der Fokus sollte dabei auf der Beratung und Unterstützung von Arbeitnehmern liegen, insbesondere von Personen mit Behinderungen, Arbeitslosen und jungen Menschen. Arbeit an Sonn- und Feiertagen will der PD einschränken: Es brauche neue Lösungen, die sowohl den Anforderungen der Unternehmen als auch den Bedürfnissen der Arbeitnehmer gerecht werden.

Der Pd fordert außerdem eine Qualitätssteigerung im Bereich Arbeit: Wirtschaftliches Wachstum sei zwar wichtig, müsse aber im Einklang mit den Rechten der Arbeitnehmer geschehen. Vor allem kleine Betriebe gelte es zu fördern, ebenso Betriebe, die nach dem 0-Kilometer-Prinzip arbeiten.

Kinderbetreuung

Der Weg zu echter Gleichberechtigung führt für den PD über den Ausbau des Betreuungsangebotes. Daher will die Partei den Ausbau von Kindertagesstätten fördern, um Kinder besser betreuen zu können und Frauen zu ermöglichen, außerhalb des Hauses zu arbeiten. Außerdem soll ganztägige Betreuungsangebote ausgebaut werden. Zudem fordert die Partei, dass Männer stärker dazu angehalten werden, gleichberechtigte familiäre Pflichten zu übernehmen.

Um Personal für die Kindertagesstätten und allgemein für Dienstleistungen zu gewährleisten, will der PD das Thema Wohnraum strukturell angehen. Die Emigration einheimischer junger Menschen durch Zuzug anderer junger Menschen auszugleichen werden. Als langfristiges Ziel strebt die Partei die Erarbeitung eines Bildungsplanes an, der von der Geburt bis zum Ende der schulischen Ausbildung reicht. Diese Leistung soll kostenlos erbracht werden, um Chancengleichheit zu garantieren; gleichzeitig sollen in diesen Sektoren neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Revolutionierung des Wohnungsmarktes

Der PD fordert ein entschiedenes Umdenken, wenn es um die Wohnsituation in Südtirol geht. Immobilienpreise müssten gesenkt und bezahlbarer Wohnraum als wesentlicher Teil der Sozialpolitik und als Grundrecht der Bürger zur Verfügung gestellt werden.

In der städtebaulichen Planung fordert die Partei, sowohl den vorhandenen Wohnraum als auch Möglichkeiten zur Erweiterung zu berücksichtigen, insbesondere auf Provinzebene. Durch die Zusammenarbeit von öffentlichem und privatem Sektor sollen mindestens 3000 neue Wohnungen entstehen – zu regulierten Preisen und in erster Linie für junge Menschen und Familien. Um Wohnraum für Arbeitnehmer und junge Generationen bereitzustellen sei es auch notwendig kleine Flächen landwirtschaftlichen Grüns zu „opfern“.

Zur Unterstützung der Mieter will der PD den Mietunterstützungsfonds neu auflegen und einen neuen Fonds schaffen, um Mieter zu unterstützen, die unverschuldet in Zahlungsrückstand geraten sind. Fördern will der PD auch Baugenossenschaften. Bei der Qualität des Wohnens will der PD vermehrt ein Augenmerk auf die Bedürfnisse verschiedener Generationen und von Menschen mit Behinderung legen. Ebenso fordert die Partei die Berücksichtigung unterschiedlicher Familienstrukturen: Unterstütz werden sollten in besonderem Maße Menschen, die nach einer Trennung oder Scheidung in Wohnungsnot geraten sind.

Mehr Sportanlagen bedeuten bessere Gesundheit

In seinem Wahlprogramm betont der PD die wichtige Funktion der Sportvereine in Südtirol mit Blick auf die Gesundheit der Bürger aber auch in ihrer sozialen Funktion.

Vor allem in Meran und Bozen macht die Partei einen Mangel an Sportanlagen aus und fordert eine bessere Ausstattung Südtirols mit multifunktionalen Sportanlagen. So sollten auch die Sportanlagen der Schulen im Land entlastet werden.

Zudem will der PD die Ausbildung von technisch kompetentem und professionellem Personal zu unterstützen, das in Sportvereinen und -verbänden tätig ist. Dies sollte in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Nationalen Olympischen Komitee (CONI) und den Sportverbänden geschehen.

Eine bessere Sanität für alle

Im Bereich der Sanität will sich der PD für eine hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Bürger, unabhängig von wirtschaftlichen und sozialen Unterschieden, einsetzen. Von zentraler Bedeutung sei dabei die Verkürzung der Wartezeiten im öffentlichen Gesundheitssektor. Kritisch schaut man hingegen auf die Tendenzen zur Privatisierung.

Eine große Herausforderung sei der Mangel an Fachpersonal im Gesundheitswesen. Daher bräuchte es neue Rekrutierungsstrategien, die Arbeit in diesem Sektor müsse durch Anreize gefördert werden. Bei der Anstellung von medizinischem Personal müsse die Fachkompetenz im Vordergrund stehen, Zweisprachigkeit sei zwar wichtig, dürfe aber keine Hürde darstellen, wenn es darum geht den Mitarbeitermangel zu beheben.

Die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen wird betont, und gleichzeitig äußert der PD Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und des Zugriffs der Patienten auf ihre eigenen Daten geäußert.

Investitionen in zusätzliches Krankenpflege- und medizinisches Personal für die territoriale Gesundheitsversorgung sieht der PD als essenziell an, ohne dabei Ressourcen aus den Krankenhausabteilungen zu entziehen. Primärmedizinische Dienstleistungen auf territorialer Ebene sollen gestärkt werden, ebenso Allgemeinmediziner und Kinderärzte: Ihnen will der PD Zugang zu Krankenpflegepersonal, Verwaltungspersonal und administrativen Assistenten verschaffen. Die Impfrate in Südtirol will die Partei mit gezielten Kampagnen erhöhen.

Betreuung von Patienten mit schweren chronischen Krankheiten auf territorialer Ebene soll laut der Partei im Rahmen von häuslichen Pflegeprojekten unter Einbindung verschiedener Fachleute erfolgen.

Im Bereich Pflege fordert der PD einen Ausbau der Pflegeplätze, die aktuell nicht ausreichen würden. Care-Arbeit dürfe nicht bei den Frauen abgeladen werden, sondern müsse strukturell angegangen werden. Seniorendienste will die Partei nach den negativen Erfahrungen der Pandemie reformieren, Gesundheits- und Sozialdienste will sie stärker integrieren, besonders angesichts sozialer Veränderungen wie der alternden Bevölkerung.

Einen besonderen Stellenwert schreibt der PD der Gesundheitsprävention zu: Es gelte nicht nur chronische Krankheiten zu behandeln – vermehrt durch die Zusammenarbeit von Fachleuten aus verschiedenen sozio-gesundheitlichen Bereichen – sondern auch neue präventive Strategien zu entwickeln.

Die Partei betont außerdem die Notwendigkeit, neue Wohnformen für ältere Menschen zu entwickeln, um ihre spezifischen Bedürfnisse zu erfüllen. Ziel ist es, älteren Menschen so lange wie möglich ein Leben in den eigenen 4 Wänden zu ermöglichen. Wenn dies nicht möglich ist, sollen Konzepte wie Social Housing oder geschützte Wohnungen gefördert werden.

Umwelt als Priorität

Um die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen fordert der PD verantwortungsvolles, rasches und konsequentes Handeln. Entscheidend sei dabei der Übergang zu sauberen und erneuerbaren Energiequellen. Dazu brauche es eine Politik, die offen ist für neue Lösungen der Wissenschaft. Emissionsarme Technologien, Elektromobilität und erneuerbare Energien müssten vermehrt gefördert werden.

Auf Provinzebene will die Partei eine Abteilung zur Überwachung des Energie- und Emissionshaushalts und des Fortschritts von Nachhaltigkeits- und Energiewende-Projekten einrichten. Gleichzeitig sollten internationale Best Practice-Modelle verfolgt werden und vermehrt auf internationale Zusammenarbeit zum Umweltschutz gesetzt werden.

Um die Biodiversität in Südtirol zu schützen will der PD weitere Schutzgebiete schaffen, nachhaltige Landwirtschaft und Waldressourcenverwaltung sowie Biomassebeschaffung fördern.

In der Mobilität will sich die Partei für die Reduzierung des Privatverkehrs und einen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel einsetzen. Auch die Fahrradnutzung und die Elektromobilität einschließlich der notwendigen Ladeinfrastruktur sollen vorangebracht werden. Das Homeoffice soll unterstützt werden, um Emissionen beim Weg in die Arbeit zu sparen. Für Bozen und Umgebung gelte es neue Verkehrskonzepte zu entwickeln und Umfahrungen umzusetzen, um die Stadt zu entlasten.

Stärker gefördert werden sollen laut dem PD auch Forschungszentren durch Investitionen in erneuerbare Energien, um die Entwicklung im Energiesektor voranzutreiben. Beim Umstieg auf erneuerbare Energien gelte es die Bürger und Betriebe miteinzubeziehen und deren Energiekosten zu verringern.

Ja zum Tourismus, aber nicht zu viel davon

Der PD erkennt zwar den Tourismus als treibende Wirtschaftskraft des Landes an, mahnt aber, dass Südtirol inzwischen unter „Overtourism“ leide. Einheimische haben mit den negativen Auswirkungen wie Verkehr, hohen Lebenshaltungskosten und Inflation zu kämpfen. Daher schlägt die Partei vor, Hotels Tarife mit sogenannten „wahren Kosten“ aufzuerlegen, insbesondere in Bezug auf die Wasseraufbereitung, da der Boom von Wellness-Einrichtungen immer größere Kläranlagen notwendig mache.

Direkte und indirekte Subventionen, die bisher den Großteil der Kosten für künstliche Schneeerzeugungsanlagen finanziert haben, sollten reduziert werden. Für die Erweiterung von Skianlagen fordert die Partei gesetzliche Einschränkungen, neue Wellness-Anlagen sollten nur mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Bestehende Anlagen sollten bis 2035 modernisiert werden.

Jede touristische Einrichtung will der PD dazu verpflichten, eine 20-jährige Planung in Bezug auf Schnee- und Wasserverfügbarkeit vorzulegen. Touristische Angebote, die nicht mit dem Schutz des alpinen Ökosystems vereinbar sind (etwa Heliskiing, Bergrestaurants), sollten stark eingeschränkt werden.

Der PD fordert einen kulturellen Wandel, um eine Form der Bergnutzung wiederherzustellen, die die Erhaltung eines empfindlichen Ökosystems berücksichtigt.

Das Wahlprogramm des PD in vollem Umfang finden Sie im unten eingefügten PDF.



Alle anderen Parteien und Listen, die bei den Landtagswahlen 2023 antreten, im Parteien-Check von STOL finden Sie hier.

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