Montag, 16. Oktober 2023

Parteien-Check: Was wollen die Freiheitlichen?

Die Landtagswahlen in Südtirol rücken näher: 16 Listen mit insgesamt 488 Kandidaten bewerben sich am 22. Oktober um die 35 Plätze im Hohen Haus. STOL hat für Sie einen Blick in die Wahlprogramme geworfen und stellt Ihnen in der Serie Parteien-Check wertungsfrei vor, welche Vorschläge, Problemlösungen und Visionen die einzelnen Parteien für die Zukunft unseres Landes haben. Heute stehen die Freiheitlichen im Fokus.

Heute im Fokus: die Freiheitlichen.

Von:
Philipp Trojer
„Südtirol kann's besser“: Unter diesem Motto sind die Freiheitlichen in den Wahlkampf gezogen und haben in einem 32-seitigen Wahlprogramm dargelegt, wie sie die Dinge in Südtirol besser machen wollen.

Hier ein Überblick über die Themen und Vorschläge der Freiheitlichen.

Arbeit muss sich lohnen

Beim Thema Arbeit identifizieren die Freiheitlichen eine Reihe von Problemen in Südtirol, die sie mit verschiedenen Methoden angehen wollen: Inflationsanpassung der Löhne, mehr Spielraum für territoriale Kollektivverträge sowie autonome Zuständigkeiten in diesem Bereich und die Einführung eines „Südtirol-Lohnes“.

Niedrigrenten sollen durch Finanzmittel aus dem Landeshaushalt an die Lebenshaltungskosten angepasst und Lohnnebenkosten reduziert werden.

Günstiger Strom für alle

Die Freiheitlichen wollen, dass die Südtiroler Bevölkerung durch ein Landes-Energienetz vom umweltfreundlichen Energiereichtum des Landes profitieren kann: Die Landesregierung soll künftig den von den Konzessionsinhabern großer Wasserkraftwerke abgetretenen Gratis-Strom an die Haushalte und Betriebe weitergeben.

Verbraucherpreise im Energiesektor sollen laut der Partei von Südtirol selbstständig reguliert werden. Erneuerbare Energien sollen weiter ausgebaut die Selbstversorgung mit Strom von Haushalten nd Betrieben gefördert werden.

Autonomie – bis hin zum Freistaat

Die Freiheitlichen pochen auf eine Umsetzung der Ergebnisse der Autonomie-Konvents aus den Jahren 2016 und 2017. Die aktuelle Autonomie solle zunächst zu einer Vollautonomie ausgebaut werden, bis schließlich hin zum Freistaat: „Zentrale autonomiepolitische Kompetenzen, wie die Finanz- und Steuerhoheit, eine eigene Landespolizei, ein unabhängiges Gesundheitswesen oder die primäre Zuständigkeit in der Einwanderungsfrage müssen konsequent vom Staat eingefordert werden.“

Im Video-Interview stellt sich Andreas Leiter Reber, Spitzenkandidat der Freiheitlichen, den Fragen von STOL-Ressortleiter Arnold Sorg:

Einwanderung: Südtirols Interessen zuerst

Die Freiheitlichen setzen sich für einen kontrollierten und qualifizierten Zuzug in den Arbeitsmarkt ein, um den Bedarf der Südtiroler Wirtschaft an ausgebildeten Arbeitskräften zu decken. Dazu müsse die primäre Zuständigkeit in Bereich Zuwanderung an das Land Südtirol gehen. Integration sieht die Partei als eine Bringschuld: Sozialleistungen des Landes sollen an Integrationsanforderungen geknüpft werden. Wo möglich sollen Geldleistungen durch Sachleistungen ersetzt werden.

Ausländer sollen dazu verpflichtet werden bei der Beantragung von diversen Sozialleistungen des Landes ihre Mobiliar- und Immobilienvermögen im Herkunftsland zu erklären. Ausländische Straftäter sollen laut der Partei konsequent abgeschoben werden, ebenso Flüchtlinge, sobald deren Asylgrund verfallen ist.

Über der Verteilung von Flüchtlingen möchten die Freiheitlichen per Volksabstimmung entscheiden lassen. Für Asylbewerber soll die Möglichkeit des Familiennachzuges nicht bestehen. Den bau von Moscheen und Minaretten, ebenso wie das Tragen von Kopftüchern oder Burkas lehnen die Freiheitlichen ab.

Grundrecht auf Sicherheit

Auch das Thema Sicherheit nimmt neben dem Thema Einwanderung einen großen Teil des freiheitlichen Wahlprogramms in Anspruch: Die Partei spricht sich für die Einrichtung einer ständigen Sicherheitskonferenz aus, um Einsatzkräfte und Ressourcen besser zu koordinieren. Wer seine Wohnung mit Sicherheitstechnik ausstattet, soll dafür eine Förderung vom Land bekommen.

In Zusammenarbeit mit den lokalen Polizeieinheiten wollen die Freiheitlichen ein Südtiroler Einbruchsradar einrichten: Eine digitale Übersichtskarte, auf der fortlaufend über das aktuelle Einbruchsgeschehen im engsten Umfeld informiert wird. Modernisiert und ausgebaut werden sollen die öffentliche Videoüberwachung und Beleuchtungssysteme.

Ordnungs- und Sicherheitskräfte sollen laut der Partei mit Tasern und Bodycams ausgestattet werden. Außerdem wollen die Freiheitlichen eine eigene Landespolizei einrichten und Bürger vermehrt über den Selbstschutz aufklären.

Macht braucht Kontrolle

Die Freiheitlichen fordern Überparteilichkeit von Vereinen und Verbänden: Diese sollen sich politisch neutral Verhalten. Bei der Vergabe von Führungspositionen fordern sie eine Transparenz-Garantie. Die Direkte Demokratie will die Partei stärken, außerdem fordert sie einen eigenen Südtiroler RAI-Rundfunkbeirat.

Die Corona-Politik der Landesregierung soll laut der Partei von einer unabhängigen Kommission aufgearbeitet werden. Es brauche eine schonungslose Fehleranalyse. Abschaffen wollen die Freiheitlichen die Geschlechterquote, die sie für undemokratisch halten.

Wohnen wieder leistbar machen

Die Freiheitlichen schreiben sich den Einsatz für leistbares und zeitgemäßes Wohnen auf die Fahnen, dabei wollen sie vor allem den Mittelstand unterstützen und Vermietern den Rücken stärken. Baudichte in den Siedlungen soll erhöht und die Vermietung von Zweitwohnungen durch Anreize gefördert werden. Von Sozialwohnungen sollen in erster Linien die Südtiroler profitieren.

Die hohen Baustandards in Südtirol sollen aufgrund der gewachsenen Baukosten überarbeitet werden. Die Gemeindeimmobiliensteuer wollen die Freiheitlichen als Steuerungsinstrument nutzen, um leerstehende Wohnungen vermehrt dem Mietmarkt zuzuführen. Im Landesraumordnungsgesetz fordert die Partei klare Regeln ohne Anlassgesetzgebung.

Familien in den Mittelpunkt stellen

Die Freiheitlichen begreifen die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ und fordern dass diese als solche gefördert wird: „Kein einziger Kinderwunsch in Südtirol soll von Geld- und Existenzsorgen beeinträchtigt sein oder gar an ihnen scheitern.“

Für Frauen fordern die Freiheitlichen eine echte und damit finanziell gedeckte Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Erwerbstätigkeit, indem die öffentliche Hand die Rentenversicherung für die Erziehungsjahre übernimmt. Frauen sollen zudem nach der obligatorischen Mutterschaft auch beim fakultativen Mutterschaftsurlaub denselben Lohn erhalten wie bei der obligatorischen.

Das Landesfamilien- und Landeskindergeld soll an die Inflation angepasst und einkommensunabhängig gestaltet werden. Außerdem wollen die Freiheitlichen einen Familienscheck mit Gutscheinsystem einführen.

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, schlagen die Freiheitlichen vor, die Öffnungszeiten von Kindergärten an die Grundschule anzupassen, Ganztagskindergärten- und Schulen soll es nur noch dort geben, wo der Bedarf nachweislich bestehe. Kosten für Kitas sollen gesenkt werden- Für die Sommerbetreuung soll ein Gesamtkonzept in Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, privaten, öffentlichen und ehrenamtlichen Trägern entstehen.

Wirtschaftsstandort stärken

Um die Wirtschaft in Südtirol attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten wollen die Freiheitlichen die primäre Finanz- und Steuerhoheit nach Südtirol holen. Die IRAP soll reduziert und der regionale IRPEF-Zuschlag abgeschafft werden, ebenso die Vergnügungssteuer. Die SIAE zum Schutz der Autorenrechte soll laut der Partei auf Südtirol übertragen werden.

Bürokratie wollen die Freiheitlichen abbauen, indem bestehende und neue Landesgesetze im Wirtschaftsbereich darauf überprüft werden, ob die darin vorgesehen Kontrollen und Auflagen noch zeitgemäß sind.

Treibstoffpreise will die Partei deckeln, Diesel-Fahrverbote will sie aufheben. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen wollen die Freiheitlichen heimische Betriebe stärken. Arbeit soll bereits ab 14 Jahren möglich sein.

Gesundheit im Fokus

Um die Herausforderungen im Bereich Gesundheit und Pflege anzugehen,schlagen die Freiheitlichen vor, dass öffentliche Einrichtungen enger mit privaten Anbietern zusammenarbeiten sollen, um Wartezeiten zu verkürzen. Gesichert werden soll die wohnortnahe Gesundheitsversorgung – auch durch eine Stärkung der Gesundheitssprengel –, zentralisiert werden sollen nur hochspezialisierte Fachdisziplinen.

Die Anerkennung von ausländischen Studientiteln wollen die Freiheitlichen vereinfachen und die Rückkehr von Jungmedizinern fördern. Pflege- und ärztliches Personal sollen ihren Arbeitsplatz frei wählen können, Hausärzte, Privatärzte und Gesundheitsbezirke besser vernetzt sein – mit weniger bürokratischem Aufwand. Die Umschulung von Fach- zu Hausarzt soll durch finanzielle Anreize gefördert werden, ebenso der Ankauf medizinischer Geräte durch Förderungen.

Den Pflegestandort Südtirol will die Partei durch eine deutliche Anhebung des Lohnniveaus aufwerten, zudem sollen Aus- und Fortbildungsmodelle im Bereich Pflege flexibler gestaltet werden. Nach einer kurzen Grundausbildung sollen Personen bis zum dritten Verwandtschaftsgrad die Möglichkeit bekommen, ihre Angehörigen aus einem Angestelltenverhältnis heraus in Vollzeit zu Hause zu pflegen. Pflegebeiträge wollen die Freiheitlichen anpassen und erhöhen, die Claudiana reformieren: Die Fachhochschule soll selbst Ausbildungsabschlüsse vergeben können und dabei eng mit der Medizinischen Universität Innsbruck zusammenarbeiten.

Bildungsqualität sichern

Im Bereich Schule wollen die Freiheitlichen sämtliche Kompetenzen beim Land Südtirol wissen. Gemischtsprachige Schulen lehnt die Partei ab und begreift die Verschiedenheiten von deutscher und italienischer Schule als Chance. In diesem Sinne fordert die Partei eine gerechte Aufteilung von Ressourcen zwischen deutschen und italienischen Bildungseinrichtungen, die Schulämter sollen nicht zusammengelegt werden. Muttersprachler sollen im jeweiligen Schultyp den Vorrang haben.

Migranten sollen bereits vor der Einschulung Sprachkurse absolvieren, gegenüber Drogen und Gewalt an Schulen verfolgt die Partei eine Null-Tolleranz-Politk: „Brennpunktschulen dürfen nicht zur Normalität werden.“

In er Schule soll das Leistungsprinzip herrschen – mit einer Notenskala von 1 bis 10 und einem Unterricht ohne Gendersprache oder ideologischen Inhalten. Schlüsselkompetenzen sollen vermehrt durch „zukunftsweisende Lehrfächer“ – in den Bereichen Rechts-, Wirtschaftskunde, sowie der finanziellen Bildung – vermittelt werden. Ausgebaut werden soll zudem der Sportunterricht.

Das Südtiroler Bildungssystem wollen die Freiheitlichen auf die Landesuniversität Innsbruck ausrichten, in Südtirol sollen keine parallelen und konkurrierenden Hochschulangebote geschaffen werden.

Kultur und Ehrenamt

Das Ehrenamt in Südtirol wollen die Freiheitlichen autonomiepolitisch absichern: durch ein eigenes Landesgesetz, das diesen Bereich unabhängig von Rom regelt. Verantwortungsträger in ehrenamtlichen Vereinen und Verbänden sollen durch eine Rechtsschutzversicherung vom Land abgesichert, Vereine und verbände finanziell und ideell gefördert werden.

Einheimische Künstler will die Partei fördern, indem ihnen mehr Ausstellungsmöglichkeiten geboten und sie sozial besser abgesichert werden sollen.

Gestärkt werden soll auch der Zivilschutz: „Das bestehende Angebot des freiwilligen Landeszivildienstes muss neben den klassischen sozialen Diensten auf weitere Tätigkeitsfelder in der Landes-, Bezirks- und Gemeindeverwaltung ausgebaut, aufgewertet und an konkrete Anreize – wie beispielsweise die Anerkennung für die Renten- bzw. Pensionsansprüche – geknüpft werden.“

Natur und Umweltschutz als Chance

Die Freiheitlichen plädieren für einen „vernunftbasierten Umwelt-, Natur- und Klimaschutz“: Geschehen soll dies durch mehr Anreize und weniger Verbote, etwa im Bereich Mobilität. Anstatt neue Rohstoffquellen zu erschließen, gelte es mittels moderner Technologien Rohstoffe zurückgewinnen und neue Nutzungskreisläufe zu etablieren.

Den Klimaplan 2040 wollen die Freiheitlichen grundlegend überarbeiten. Saatgut von Lokal- und Erhaltungssorten zum Schutz der pflanzengenetischen Ressourcen Südtirols sollen laut der Partei frei vermehrt und weitergegeben werden können. Kraftwerkbetreiber will sie verpflichten Saugbagger und andere umweltfreundliche Alternativen zu den klassischen Stauraumspülungen zum Abbau der Sedimente innerhalb des Stauraums einzusetzen.

Verantwortung für die Jugend

Im Bereich Jugendpolitik setzen sich die Freiheitlichen für zukunftsorientierte Ausbildung durch praxisnahes Lernen und Investitionen in ein modernes Bildungssystem ein.

Stipendien und Studienbeihilfen sollen an die Inflation angepasst und Jungunternehmertum gefördert werden. Die PS-Grenze für Führerscheinneulinge will die Partei abschaffen.

Durch den Aufbau eines Landeszivildienstes soll Jugendlichen die Möglichkeit geboten werden, einen Dienst für die Allgemeinheit zu leisten und gleichzeitig wichtige Berufs- und Lebenserfahrung zu sammeln.

Das Wahlprogramm der Freiheitlichen in vollem Umfang finden Sie im unten eingefügten PDF.



Alle anderen Parteien und Listen, die bei den Landtagswahlen 2023 antreten, im Parteien-Check von STOL finden Sie hier.

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