<b>STOL: Vor 3 Jahren kam das Coronavirus nach Südtirol. Können Sie sich noch an diesen Tag erinnern?</b><BR />Dr. Patrick Franzoni: Ich kann mich noch genau erinnern. Es war Sonntag, der 23. Februar 2020. An dem Tag gab es eine Sondersitzung zwischen den Sanitätsbetrieben von Südtirol und Trient, um darüber zu beraten, wie man mit der Situation umgeht. Es waren ja noch sehr viele Touristen im Land. An dem Tag sind wir informiert worden, dass ein Patient mit Verdacht auf Covid-19 in Südtirol eingeliefert wurde. Am Tag danach bestätigte der Test diesen Verdacht. Es dauerte damals noch sehr lange, um einen Test auszuwerten. <BR /><BR /><b>STOL: Waren Sie an dem Tag im Dienst?</b><BR />Franzoni: Natürlich. Ich war da schon im Dauereinsatz. Kurz danach wurden ja schon die Triage-Zelte vor der Notaufnahme aufgestellt. Es hat ausgeschaut wie im Krieg. Man hat gleichzeitig angefangen, Intensivbetten aufzustocken. Dafür wurden sogar Respiratoren aus den OP-Sälen genommen, weil es sonst keine gab. Zu der Zeit hat man wirklich 24 Stunden am Tag gearbeitet. <BR /><BR /><b>STOL: Hatten Sie das so erwartet?</b><BR />Franzoni: Mir hat Covid-19 schon ganz früh Sorgen bereitet, als die Krankheit noch als atypische Lungenentzündung in China dokumentiert wurde. Da beschlich mich schon ein schlechtes Gefühl. Es ist sehr schade, dass China zu der Zeit nicht die korrekten Zahlen veröffentlicht hat. Vermutlich hätte man viel vermeiden können, hätte man den Ernst der Lage früher erkannt. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-58397340_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>STOL: Aber haben Sie schon damals geahnt, dass es so dick kommen würde?</b><BR />Franzoni: Am besagten 23. Februar 2020 hat man am Abend einen Zug Richtung Brenner angehalten, weil 2 Reisende aus Deutschland Fieber hatten. Wir haben sie getestet und waren imstande, das negative Ergebnis noch vor Mitternacht zu erhalten. Erst dann konnte der Zug wieder weiterfahren. Da hat man schon gemerkt, dass da etwas Großes auf uns zukommt. Wenn ich zurückdenke, kommt es mir vor wie im Horrorfilm. <BR /><BR /><b>STOL: Jetzt sind 3 Jahre vergangen. Ist der Spuk vorbei?</b><BR />Franzoni: Die Pandemie, so wie sie war, ist vorbei. Das Coronavirus gibt es zwar noch, aber es ist in dieser Form nicht mehr bedrohlich. Deswegen kann man absolut sagen, dass der Spuk vorbei ist.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-58397344_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>STOL: Kann sich eine solche Situation wiederholen?</b><BR />Franzoni: Hoffentlich nicht. Ich hoffe, dass sich so was in den nächsten hundert Jahren nicht wiederholt. Wir wären jetzt aber sehr viel besser vorbereitet, weil Ärzte, Pfleger und Einsatzkräfte es schon einmal durchgemacht haben. Zudem gibt es einen PanFlu-Plan auf staatlicher Ebene, der bei einem Ausbruch einer Grippe sofort aktiviert wird. Weltweit werden die Viren jetzt außerdem viel besser kontrolliert und das müsste eine Garantie sein, damit sich eine solche Situation nicht mehr wiederholt.