„Der Weg, den Italien derzeit geht, ist durchaus sinnvoll, auch wenn das Land dafür belächelt wird“, sagt der Brunecker Wissenschaftler. <BR /><BR /><b>Wie schätzen Sie derzeit die Corona-Lage in Südtirol ein?</b><BR />Markus Falk: Sehr beruhigend. Aufgrund der weggefallenen Schultestungen fehlen zwar gar einige Fälle, aber die Krankenhauszahlen lassen nach und es ist nicht zu erwarten, dass sich dies innerhalb von kurzer Zeit verändert. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="766229_image" /></div> <BR /><BR /><b>Müssen wir aber damit rechnen, dass heuer im Herbst die Zahl der Corona-Infizierten in Südtirol noch früher und dann auch noch stärker ansteigen wird als 2021?</b><BR />Falk: Leider ja. Es wird wieder Anstiege geben. Über das Niveau dieser Anstiege kann man aber nur spekulieren. Dieses Niveau hängt ganz stark von der Variante ab, die im Herbst dominant sein wird. Bisher haben sich vor allem die fitteren Varianten durchgesetzt – jene, die es geschafft haben, innerhalb kürzester Zeit relativ viele Menschen zu infizieren. Ich gehe davon aus, dass sich künftig Fluchtmutanten oder Kreuzmutanten behaupten werden. Fluchtmutante bedeutet, dass das Virus sich Eigenschaften aneignet, welche dazu führen, dass die bereits gebildeten Antikörper über Impfung oder Genesung nicht mehr funktionieren: Das Virus entwischt dem Immunsystem oder der bereits vorhandenen Immunantwort. Kreuzmutanten vereinen hingegen Eigenschaften von Delta- oder Omikron-artigen Viren in sich. Aber: In der Bevölkerung ist nun eine gute Grundimmunisierung vorhanden. Selbst wenn eine Variante aufkäme, die innerhalb kurzer Zeit viele Bürger infizieren würde, ließe dies zwar auch die Krankenhauslast in Südtirol ansteigen, es wäre aber dennoch auszuschließen, dass dies relativ schnell zu Kapazitätsengpässen führen würde. Einen Notstand, wie er jetzt beendet wurde, kriegen wir deshalb nicht wieder. <BR /><BR /><embed id="dtext86-54158627_quote" /><BR /><BR /><b>Es gibt neue Omikron-Varianten: BA.4 und BA.5, diese wurden in Österreich sporadisch nachgewiesen. Sind diese Varianten für Südtirol eine Bedrohung?</b><BR />Falk: Das sind einfach die nächsten Weiterentwicklungen des Virus. Diese Mutanten sind noch etwas fitter als die BA.2-Variante, welche in Italien keine größeren Probleme verursacht hat. Es gab einen nahtlosen Übergang von BA.1 auf BA.2. Es ist nicht davon auszugehen, dass es kurzfristig in Europa eine BA.4- oder BA.5-Welle geben wird. Auch für den Sommer ist keine Riesenwelle zu erwarten.<BR /><BR /><b>Wie werden sich die künftigen Corona-Wellen von den bisherigen unterscheiden?</b><BR />Falk: Bisher waren die auftretenden Wellen relativ schnell und hoch. Künftig werden sie flacher sein aber sich dafür länger hinziehen können.<BR /><BR /><b>Gehen Sie davon aus, dass wir heuer im Sommer in Südtirol eine höhere konstante Anzahl an Corona-Fällen haben werden?</b><BR />Falk: Das ist anzunehmen. Es ist leicht möglich, dass sich über den Sommer eine gleichbleibende Anzahl an Infektionen durchschleusen wird. Es kommen fittere Mutanten. Deshalb werden sich immer wieder Menschen anstecken – parallel dazu nimmt der Immunschutz der Impfung ab und es gibt insgesamt mehr Aktivitäten und Kontakte. Viele Corona-Maßnahmen wurden zudem zurückgenommen. Dies wird zu einem konstanten Infektionsgeschehen führen.<BR /><BR /><b>Für wann erwarten Sie im Herbst wieder eine „richtige“ Welle?</b><BR />Falk: Für Allerheiligen – diese Welle wird ihren Ursprung aber bereits im September mit dem Schulbeginn haben. <h3> Warum die Maske sinnvoll bleibt</h3><b>Was halten Sie davon, dass in Italien die Maskenpflicht am Arbeitsplatz aufrecht bleibt?</b><BR />Falk: Die BA.2-Welle ist in Italien nach Fasching relativ harmlos verlaufen. Es gab nur einen leichten Anstieg der Fälle. Die Auswirkungen hielten sich in Grenzen. In Deutschland, Österreich und Großbritannien gab es hingegen eine deutlich höhere Durchseuchung und diese hat zu massiven Ausfällen in der Wirtschaft und zu vielen Krankenständen geführt. Italien blieb bisher davon verschont. Wenn die Maske jedoch nicht mehr getragen werden würde, dann träfe es auch Italien. Über die Firmen käme es dann mindestens 2 bis 3 Wochen lang zu großen Infektionswellen – mit entsprechenden Krankenständen. Wer bereits eine Omikron-Infektion hatte, der würde riskieren, sich nach 2 bis 3 Monaten wieder zu infizieren. Das Weglassen der Masken wäre deshalb nicht empfehlenswert. Der Weg, den Italien derzeit geht, ist durchaus sinnvoll, auch wenn das Land dafür belächelt wird.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="766232_image" /></div> <BR /><b>Soll dann in den Schulen auch die Maskenpflicht bleiben?</b><BR />Falk: Das präventive Sich-selbst-und-die-Gemeinschaft-schützen mit der Maske kann kein Dauerzustand sein. Wir werden die Maskenpflicht deshalb nicht jahrelang in der Schule beibehalten können, sondern müssen davon wegkommen. Aber das Corona-Virus verschwindet nicht einfach so wie die Maske, die man weglässt. Man sollte den Schülern beibringen, dass bei Symptomen die Maske zu verwenden ist und bei starken Symptomen sollte man erst gar nicht in die Schule kommen. Mit einer solchen Vorbereitung könnte man auf die generelle Maskenpflicht in der Schule verzichten und gezielt auf das Infektionsgeschehen reagieren. Bei einem Geimpften treten die Symptome bei einem Omikron-Infekt meist auf, bevor er infektiös ist. Man hätte somit Zeit, zu reagieren. Um jetzt aber schnell noch zu starten, ist die Zeit zu knapp. Man sollte aber jetzt schon an den Herbst denken und sich vorbereiten, um nach Möglichkeit einen Start ohne Maske zu ermöglichen. <BR /><BR /><b>Gehen Sie davon aus, dass es künftig eine Quarantäne-Pflicht für Corona-Kontaktpersonen noch geben wird?</b><BR />Falk: Ich hoffe, dass es diese nicht mehr braucht. Die Quarantäne-Bestimmungen führen dazu, dass viele genau das Gegenteil machen. Die Isolation eines Infektiösen ist aber nach wie vor nötig.<BR /><BR /><BR /><BR />