Die vom Institut in Norwegen gesammelten Berichte und Zahlen widerlegen eine viel verbreitetet Behauptung. Und die Dunkelziffer an Angriffen dürfte noch deutlich höher sein – denn nicht zu jedem Angriff lagen ausreichend Dokumente vor, um ihn in die Studie einfließen zu lassen.<BR /><BR />Die Wissenschaftler Prof. John D. C. Linnell (Norwegian Institute for Nature Research), Ekaterina Kovtun (Technische Universität München) und Ive Rouart (Universität Utrecht) haben für ihre Studie weltweit Berichte gesammelt und auch regional Experten befragt. Die Studie zeigt: Kinder sind besonders gefährdet. Und: Viele Wölfe – aber längst nicht alle –, die Menschen angegriffen haben, sind mit der Tollwut infiziert. <BR /><BR />Unter den 489 Wolfsattacken auf Menschen waren laut den Autoren 67 räuberische Angriffe (zwecks Nahrungserwerb) – davon gingen 9 tödlich für den Menschen aus. In 380 Fällen waren die Wölfe bei ihren Angriffen auf Menschen mit der Tollwut infiziert – 14-mal endeten diese Attacken mit dem Tod des Menschen. In 42 weiteren Fällen handelt es sich um Wolfsangriffe, denen eine Provokation vorausging, etwa wenn die Raubtiere in die Enge getrieben wurden. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="831050_image" /></div> <BR />Dokumentierte Wolfsangriffe auf Menschen gab es laut der Studie in den Jahren zwischen 2002 und 2020 in Kanada, in den USA, Indien, Russland, Weißrussland, der Ukraine, Kasachstan, Kirgisistan, in der Mongolei, Armenien, Aserbaidschan, Tadschikistan, Saudi-Arabien, im Iran, Irak, Israel, in der Türkei, Moldawien, Kroatien, Polen und auch in Italien. <BR /><BR />Die Autoren geben in ihrem Vorwort an, dass sie auf fast 500 weitere Fälle von Angriffen gestoßen seien, allerdings sei die Dokumentation nicht ausreichend gewesen und in manchen Fällen habe sich herausgestellt, dass der Angreifer nicht ein Wolf, sondern ein Hund war. <h3> Wolfsangriffe: Im Iran sterben mehrere Kinder</h3>Im Westen Irans (Provinz Hamadan) ist es zwischen 2001 und 2012 zu 53 Wolfsangriffen auf Menschen gekommen. In 33 Fällen gingen die Raubtiere auf Kinder los. 5 Kinder überlebten den Wolfsangriff nicht – alle waren zwischen 3 und 6 Jahre alt. In 2 Drittel der Fälle handelte es sich um räuberische Angriffe (zwecks Nahrungserwerb). Die betroffenen Gebiete sind landwirtschaftlich geprägt und für Irans Verhältnisse weisen sie eine hohe Bevölkerungsdichte auf – 88 Personen pro Quadratkilometer. <BR /><BR />Die Wölfe suchen dort regelmäßig bewohnte Siedlungen auf, um Vieh zu reißen oder Müll zu durchsuchen. Aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten kommen die Wölfe immer wieder in die Nähe von Menschen in den ländlichen Gebieten. Auch zwischen 2015 und 2016 wurden Kinder angegriffen – in 5 Fällen kamen die Kinder nicht zu Tode, in einem Fall hingegen starb das Kind. <BR /><BR />Zwischen 2002 und 2015 sind bei insgesamt 14 Attacken von Wölfen insgesamt 48 Menschen angegriffen worden. In 8 Fällen wurde Tollwut bei den Raubtieren nachgewiesen. Im Jahr 2009 berichteten russische Medien über einen Wolfsangriff in Russland auf ein Kind, das im Wald spielte.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="831053_image" /></div> <BR /><BR />In der Türkei sind Wölfe stark verbreitet. Zwischen 2004 und 2016 ist es zu 58 Vorfällen gekommen, 107 Menschen wurden dabei von Wölfen verletzt und 12 getötet. In 88 Prozent der Fälle mit Verletzungen handelte es sich um tollwütige Wölfe, ebenso in 75 Prozent der Fälle, bei denen Menschen bei den Wolfsangriffen ums Leben kamen. <BR /><BR />Dass es Wölfe immer wieder auf Kinder abgesehen haben, zeigen auch Berichte aus Israel: Zwischen Mai und September 2017 wurden laut der Studie 10 Kinder im Masada National Park und im En Gedi Reserve angegriffen. Die Wölfe suchten dort Campingplätze und Parkplätze auf und hatten es auf Kinder abgesehen – zwischen 1,5 und 6 Jahren. Zwar wurden die Kinder gebissen, keines trug aber glücklicherweise schwere Verletzungen davon. Erwachsene schritten rechtzeitig ein und brachten die Kinder in Sicherheit.<BR /><BR />In Indien waren Elefanten in den Jahren 2006 bis 2008 die größte tierische Gefahr für den Menschen (286 bzw. 109 Tote). Wölfe sollen dort in diesem 3-Jahreszeitraum für insgesamt 12 tote Bürger verantwortlich sein – und für immerhin 167 Verletzte.<h3> Ein Toter in Spanien</h3>Der letzte tödliche Angriff auf einen Menschen in der EU ereignete sich 1979 in Spanien. Zwischen 1950 und 2000 wurden in Europa 59 Wolfsangriffe gezählt – 9 Menschen starben dabei.<BR /><BR />Ein Blick zurück zeigt, dass Wolfsangriffe im 19. Jahrhundert sehr häufig waren: Zwischen 1870 und 1887 sollen allein im europäischen Teil Russlands 1445 Menschen von Wölfen getötet worden sein – daran erinnert Univ.-Prof. Sven Herzog im Buch „Der Wolf im Visier“ (Athesia-Verlag) hin. Die Tollwut sei derzeit in Mitteleuropa kaum relevant, in Osteuropa aber sehr wohl. Durch zuwandernde Wölfe sei es möglich, dass in Zukunft wieder Tollwutfälle auch in Mitteleuropa auftreten – umso mehr, weil vielerorts die Schluckimpfung der Füchse gegen Tollwut aufgegeben worden sei. <BR /><BR />Deshalb wäre es wichtig, Tollwutimpfungen sowohl bei Füchsen als auch bei Wölfen wieder routinemäßig durchzuführen. <BR /><BR /><BR /><BR />