Kein Abschuss möglich, weil von der EU strengstens geschützt: Dieses Argument wird meist vorgebracht, wenn Wölfe Nutztiere wie Schafe und Ziegen anfallen und eine Entnahme gefordert wird. Tatsächlich gibt es aber EU-Länder, die eine Obergrenze für den Bestand festlegen und die übrigen Tiere abschießen lässt. <BR /><BR /><i>von Stephan Pfeifhofer</i><BR /><BR />Ein Beispiel dafür, dass die EU sehr wohl die Entnahme von Wölfen zulässt, ist Estland. Dort soll der Wolfsbestand in diesem Winter auf die Hälfte gesenkt werden. Begründung: Es gilt, Schaden von Haus- und Nutztieren abzuwenden und die natürliche Scheu der Raubtiere vor den Menschen zu bewahren. <BR /><BR />Estlands Umweltbehörde begründet die Entnahme mit Rissschäden in besonders betroffenen Regionen. Im vergangenen Jahr töteten Wölfe in Estland laut offizieller Statistik 477 Schafe, 15 Rinder und 12 Hunde. Bemerkenswert: Estland ist viel dünner besiedelt als Südtirol, es hat nur 29 Einwohner pro Quadratkilometer (Südtirol: 72). In Estland entnimmt man also eine große Anzahl an Raubtieren, obwohl sie dort eine viel größere nicht besiedelte Fläche hätten, um herumzustreifen. <BR /><BR /><b>Größte Population in der EU</b><BR /><BR />Estland ist ein Beispiel dafür, welch unterschiedliche Herangehensweisen in der EU bei der Wolfsthematik an den Tag gelegt werden, meint der Direktor des Südtiroler Jagdverbandes, Benedikt Terzer. Italien habe zusammen mit Spanien und Rumänien die größte Wolfspopulation in der EU. „Trotzdem ist in Italien bis heute nicht ein einziger Wolf vom Staat auf legalem Wege zum Abschuss freigegeben worden“, sagt Terzer. „Estland führt seit jeher eine nachhaltige Bejagung des Wolfes durch – ohne Probleme. <BR /><BR />Die Baltikum-Staaten haben sich im Zuge der EU-Osterweiterung ausbedungen, das Wolfsmanagement weiterhin wie gewohnt durchführen zu dürfen, berichtet Terzer. In Estland, Lettland und Litauen ist der Wolf weniger streng geschützt als in Italien, Deutschland oder Frankreich, wo ein sehr strenger Schutz gilt. Auch in Polen, Bulgarien und der Slowakei ist der Schutzstatus des Wolfes niedriger als in Italien.“<BR /><BR /><b>Der fehlende Plan</b><BR /><BR />In Frankreich hat der Wolf den gleichen Schutzstatus wie in Italien und dort werden Abschüsse getätigt. Das Land hat aber im Unterschied zu Italien einen Wolfsmanagement-Plan, erklärt SVP-EU-Parlamentarier Dorfmann. Einen solchen Plan war Italien bisher nicht imstande, auf die Beine zu stellen. <BR /><BR />„Das ist ein unglaubliches Versäumnis, wenn man bedenkt, dass es eines der 3 EU-Länder mit der größten Wolfspopulation ist“, meint Terzer. „Zumindest hat man ein einheitliches staatliches Monitoring in die Wege geleitet – das war höchst an der Zeit. Somit wird ein zahlenmäßiger Überblick über die Wölfe verschafft. Italien hat riesige Probleme mit der Hybridisierung“, betont der Direktor des Jagdverbandes.<BR /><BR /><b>Von dieser Regierung nichts zu erwarten</b><BR /><BR />Europaparlamentarier Dorfmann räumt ein, dass auch in Brüssel noch einiges zu tun ist, um der Wolfsproblematik Herr zu werden. Aber das Hauptproblem liege bei Italien. Unter diesem Umweltminister (Sergio Costa) und unter dieser Regierung sei kein Wolfsmanagementplan zu erwarten, meint Dorfmann. <BR /><BR />In Südtirol wartet man zwecks Wolfsentnahme noch immer auf ein allgemeines Gutachten der ISPRA. Dieses Gutachten ist momentan nicht in Sicht, sagt Landesrat Arnold Schuler. „Wir bemühen uns zusammen mit den Trentinern.“ Es wäre bereits ein großer Schritt, wenn man in Südtirol „Einzel-Situationen lösen könnte“, meint Dorfmann. Hilfreich wäre es, wenn auf EU-Ebene der Schutzstatus gesenkt würde. Aber alle 27 EU-Staaten müssten dafür stimmen, gibt Terzer zu bedenken. Und zuallererst müsste Italien einen Antrag stellen – und dies sei nicht zu erwarten. <BR />