Samstag, 14. Oktober 2023

Der Wolf ist tot! Warum das wohl nicht nur im Märchen so ist

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Wölfe bei uns nicht vom, sondern unterm Erdboden verschwinden. Grund zur Freude ist das ganz und gar nicht.“ Ein Kommentar von „Dolomiten“-Chef vom Dienst Martin Lercher.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Wölfe bei uns nicht vom, sondern unterm Erdboden verschwinden. Grund zur Freude ist das ganz und gar nicht.“ - Foto: © Shutterstock / shutterstock

Offiziell wurde in Südtirol noch kein Wolf geschossen. Und nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom Dienstag bleibt das vorerst so. In einem leicht erklärbaren Mut-Anfall (Wahlen!) nahm die Landespolitik im Sommer flugs das Gewehr in die Hand und zuckte mit dem Finger am Abzug – aber jedes Schaf hätte vorhersagen können, dass sich Tierschutzorganisationen da sofort in die Schusslinie werfen. Vorerst bleibt das Gewehr im Waffenschrank des Gerichts.

Also kein einziger Wolf abgeschossen? Das glauben vielleicht noch einige Tierschutzaktivisten im Büro. Aber dort, wo Wölfe tatsächlich herumstreifen, ist es mehr als nur ein Gerücht: Die Jagd auf diese Tiere ist längst eröffnet. Wie sonst ist es möglich, dass in Tälern, in denen in früheren Sommern der Reihe nach Schafe, Ziegen und andere Nutztiere gerissen wurden, plötzlich Ruhe vom Rudel herrscht? Wahrscheinlich wohl, weil Wölfe nicht wie durch ein Wunder vom, sondern unterm Erdboden verschwunden sind. Gemäß „3-Sch“-Formel: schießen, schaufeln, schweigen.

Die Chance, das Zusammenleben mit dem räuberischen Rückkehrer besser als die früheren Generationen zu gestalten, wird mit jedem Wolfsriss und jeder Aussetzung des Abschusses geringer.
Martin Lercher


Schämen würde auch in die Liste passen. Jedenfalls gibt es wenig zum Jubeln, wenn Gerichte die Abschussdekrete aussetzen. Für Tierschutz-Aktivisten schon gar nicht. Denn was haben sie damit erreicht? Wenig! Die Chance, das Zusammenleben mit dem räuberischen Rückkehrer besser als die früheren Generationen zu gestalten, wird mit jedem Wolfsriss und jeder Aussetzung des Abschusses geringer.

Auf dem Papier mag der Schutz dieser faszinierenden Raubtiere noch so dick festgeschrieben sein: Ohne Rückhalt in der Bevölkerung – vor allem in den ländlichen Gebieten – bleibt das gesetzlich Geschriebene blasser Buchstabe. Jahrelanges Zuschauen der Politik und praxisferne Belehrungen z.B. in Sachen Herdenschutz haben bei der ländlichen Bevölkerung eine geradezu grimmige Anti-Wolf-Stimmung geschaffen.

Das ist zu bequem und geht halt nicht.
Martin Lercher


Zu dieser Klimaerhitzung beigetragen hat freilich auch die völlig unrealistische Forderung nach einem wolfsfreien Südtirol. Sie hat verhindert, dass überlegt wird, wie die Rückkehr dieser früher ausgerotteten Tieren geregelt werden kann. Einfach alle wieder weg!? Das ist zu bequem und geht halt nicht.

So lautet die Lehre aus dem leider wahren Märchen vom nicht grundsätzlich bösen, aber auch keineswegs ganz lieben Wolf: Wenn die Politik jahrelang zuschaut und nicht beherzt anpackt, wenn Interessengruppen kompromisslos auf Maximalforderungen pochen und dann schlussendlich Gerichte entscheiden – dann treten wir auf der Stelle. Und kommen in wichtigen Fragen keinen Schritt vorwärts.

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stol

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