Regierungschefin Giorgia Meloni hat die Verhandlungen über die Vergabe der EU-Spitzenposten scharf kritisiert und von einer „Oligarchie“ gesprochen. Mit Blick auf die Gespräche zwischen 6 EU-Staats- und Regierungschefs für die Besetzung von Schlüsselpositionen in den EU-Institutionen sagte Meloni gestern, es gebe Politiker, „die argumentieren, dass die Bürger nicht reif genug seien, um bestimmte Entscheidungen zu treffen, und dass daher die Oligarchie im Grunde die einzige akzeptable Form der Demokratie sei“.
Meloni verlangt mehr Einfluss
Angesichts der Zugewinne der Rechtsparteien bei der Europawahl Anfang Juni verlangt Meloni mehr Einfluss für ihre Parteiengruppe bei der Besetzung der Top-EU-Posten. Ihre Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) hofft darauf, den Liberalen den Rang als drittstärkste Kraft im Europaparlament abzulaufen.Unterhändler der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten und der Liberalen hatten sich vor dem EU-Gipfel, der heute beginnt, auf die Vergabe der EU-Spitzenjobs geeint. Demnach soll EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit erhalten. Der frühere portugiesische Regierungschef António Costa soll für zunächst zweieinhalb Jahre neuer EU-Ratspräsident und die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas europäische Außenbeauftragte werden.
Bürokratieabbau
Meloni meinte, die neue EU-Kommission müsse sich mit Bürokratieabbau befassen. „So kann man in Europa ein Signal der Neuerung setzen“, sagte die Regierungschefin. Die Bürokratie müsse u.a. reduziert werden, um Unternehmen nicht zu benachteiligen. „Die Italiener und Europäer haben den Eindruck einer übermäßig bürokratischen Europäischen Union, die vorschreibt, wie man fahren, wie viel Land man bewirtschaften, wie man sein Haus umstrukturieren soll, und versucht, alles zu standardisieren, auch mit dem Risiko, Kulturen“, analysierte Meloni.Nach Ansicht der Premierministerin habe die neue EU-Kommission die Aufgabe, ihre Prioritäten völlig neu zu überdenken und „weniger, dafür aber besser zu tun“. Auch Vizepremier Matteo Salvini kritisierte die Verhandlungen für die Besetzung der sogenannten „Topjobs“ in Europa. „Ich verfolge die Entscheidungen der bevorstehenden europäischen Gipfeltreffen, die nicht immer mit dem Votum des Volkes übereinstimmen. Im Gegenteil, nach dem, was wir lesen, widersprechen sie der Forderung nach Veränderungen, die seitens der Wählerschaft ertönt“, sagte Salvini. Staatspräsident Sergio Mattarella sagte, dass Italien in der neuen EU-Kommission eine Rolle von Gewicht übernehmen müsse.