<b>Von Sabine Gamper</b><BR /><BR />Im Interview spricht er über die Chancen der erneuerbaren Energien, darüber, was Südtirol fehlt, und weshalb er den Flugplatz Bozen übernehmen musste. <BR /><BR /><BR /><b>Mit Alerion haben Sie einen bemerkenswerten Höhenflug hingelegt. Als Sie den Windparkbetreiber 2016/2017 übernommen haben, war er an der Börse gut 140 Millionen Euro wert, letztes Jahr knackten Sie die 2-Milliarden-Euro-Marke, aktuell sind es 1,8 Milliarden. Haben Sie schon damals gewusst, das wird ein großes Ding?</b><BR />Josef Gostner: Das große Ding an und für sich ist ja die Fri-el, die große Projekte hatte. Um die zu realisieren, brauchten wir aber Geldgeber. Zuvor hatten wir internationale Partner, die Energiekonzerne EDF und RWE, mit denen wir Windpark-Projekte gemeinsam finanziert hatten. Als diese Partner abgesprungen sind, mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen. Dann habe ich gesagt: Wir kaufen ein Börsenunternehmen. Und Alerion war damals sehr günstig. Die Übernahme war zwar nicht einfach, hat aber schließlich funktioniert …<BR /><BR /><embed id="dtext86-57665675_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Nach einer monatelangen Übernahmeschlacht konnte sich Fri-el Ende 2017 schließlich gegen den Konkurrenten, das Konsortium Eolo, zu dem der Energieriese Edison und die Infrastrukturgesellschaft F2i gehörten, durchsetzen. Damals hatte eine Alerion-Aktie einen Wert von 2,6 Euro, ab 2020 ging es damit dann ständig bergauf. 2022 erreichte sie in der Spitze 42 Euro.</b><BR />Gostner: Es hat eine gewisse Vorbereitungszeit gebraucht, um die Kapazitäten auszubauen. Damals hatte Alerion 10 Windparks mit einer installierten Leistung von insgesamt 300 Megawatt, die wir dann gesteigert haben, heute sind wir bei 25 Windparks und 7 Fotovoltaikanlagen mit insgesamt 900 Megawatt. Diese Entwicklung hat sich dann auch am Ebitda, dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, gezeigt – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Marktkapitalisierung. <BR /><BR /><b>Dass die EU mit dem „Green Deal“ 2019 sich Ziele in Richtung Umwelt- und Klimaschutz gesetzt hat, war vielleicht auch hilfreich, oder?</b><BR />Gostner: Das war doch alles nur Greenwashing und Schminke. Die Wahrheit ist: Die Marktwirtschaft entscheidet sich nur für die grüne Energie, wenn sie billiger ist als die fossile, und nicht weil sie sauberer ist. Denn bis zum Ukrainekrieg war das Interesse an der grünen Energie gar nicht vorhanden. Jetzt hat sich das Blatt aber gewendet. Zum einen sind in den letzten 5 Jahren die Windmaschinen größer geworden und können günstiger produzieren als in Vergangenheit, weshalb sie keinen Zuschuss mehr brauchen. Zum anderen ist der Gaspreis – und damit auch der Strompreis – nach der Pandemie aufgrund der erhöhten Nachfrage so stark gestiegen, dass Strom aus Windenergie im Vergleich viel günstiger wurde, die kostet ja nur mehr ein Drittel davon. Mit dem Ukrainekrieg sind die Gas- und Strompreise dann noch weiter angestiegen. <BR /><BR /><b>Mittlerweile haben wir aber die Spitzenwerte vom Sommer wieder deutlich hinter uns gelassen…</b><BR />Gostner: Ja, heute liegt der Gaspreis wieder auf dem Niveau von vor dem Krieg. Aber so weit wie in der Vergangenheit wird er nie mehr sinken. Denn allein die Schiffe mit Flüssiggas über den Ozean nach Europa zu schicken, das Gas zu komprimieren und einzuspeisen, kostet Unmengen an Geld. Dadurch kann der Preis gar nicht mehr auf 14, 15 Dollar sinken. Dieser günstige Preis war in den vergangenen 15 Jahren ein Geschenk von Herrn Putin, der zu viel Gas hatte. Damit hat man sich natürlich auch abhängig gemacht von dieser einen Gasquelle. Dieses günstige Gas aus Russland wird Europa jedoch nie mehr wieder wollen, weil man sich dann wieder abhängig machen würde. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit, den Strompreis wieder etwas zu senken: Und das ist der Ausbau der grünen Energie. Denn grüne Energie ist die günstigste Energie. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="850742_image" /></div> <BR /><BR /><b>Fri-el ist in Italien, Spanien, Bulgarien und Rumänien tätig. Wo sehen Sie die größten Entwicklungschancen?</b><BR />Gostner: Erneuerbare Energien sind heute auf der ganzen Welt interessant. Die Frage ist eher, welche Länder sind aufgrund ihrer Kultur am geeignetsten, damit man die Parks auch noch gut verwalten kann. Denn um eine Genehmigung für einen Windpark zu bekommen, muss man ein Insider sein und vom Bürgermeister bis zum Regionalassessor alle kennen. Die meisten Leute wissen nicht mal, was ein Windpark ist, da ist viel Aufklärungs- und Lobbyarbeit nötig. Sonst baut die Anlage ein anderer.<BR /><BR /><embed id="dtext86-57665677_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Fri-el betreibt Windparks, Solaranlagen, Biogas- bzw. Biomasseanlagen und Wasserkraftwerke: Welche Bereiche haben die größte Zukunft?</b><BR />Gostner: Fotovoltaik und Windenergie, denn die ergänzen sich. Fotovoltaik kann man nur die 6 Stunden in der Mittagszeit nutzen, in denen die Sonne scheint, Windenergie hingegen kann theoretisch 24 Stunden genutzt werden. Zusätzlich wird es dann noch Batterien brauchen, die die Energie auffangen – dann hat man auch konstante Energie. Die beste und sauberste Speichertechnik, die es gibt, haben wir ja schon: Pumpspeicherwerke. Bislang haben wir sie nur nicht gebraucht, weil das Gas so billig war. <BR /><BR /><b>Sehen Sie auch in Südtirol Potenzial für Windkraft?</b><BR />Gostner: Man kann sicher ein paar hundert Megawatt aufstellen, mit 50 Geräten beispielsweise hätte man 300 Megawatt.<BR /><BR /><b>Wäre das für Fri-el interessant?</b><BR />Gostner: Nein, wir haben Plätze, wo die Verfahren nicht so kompliziert sind. Aber wir brauchen das in Südtirol theoretisch auch nicht. Die Wasserkraftwerke liefern uns ja schon 150 Prozent erneuerbarer Energie. Was uns fehlt, ist, im Verkehr auf Elektromotoren umzustellen, inklusive Flugverkehr. Das wird 10 bis 15 Jahre brauchen – dann haben wir ein Null-CO2-Land. <BR /><BR /><embed id="dtext86-57665678_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Stichwort Wasserkraft: In den letzten Monaten ist in Südtirol immer wieder eine Energieautonomie gefordert worden. Südtirol sollte angesichts der immensen Stromproduktion seine Energiepreise selbst gestalten können, so die Forderung. Was sagen Sie dazu: machbar oder illusorisch?</b><BR />Gostner: Machbar ist alles, denn technische Hürden gibt es keine, aber Italien wird es nicht wollen. Das ist unmöglich. Wir sind ein sehr reiches Land, das 6,5 Milliarden Euro für lediglich 500.000 Leute ausgeben kann. Das wird Italien nicht hergeben, oder? Denn wenn man sagt, wir machen uns den Stromkreislauf selber, dann wird der nächste Schritt sein, dass man sagt, wir organisieren unser Steuersystem selber und spalten uns von Italien ab. Das wird Italien auf keinen Fall zulassen. <BR /><BR /><b>Sie und Ihre Brüder sind seit den 90ern im Bereich der erneuerbaren Energien tätig – zuerst in der Wasserkraft, dann verstärkt in der Windkraft. Wie ist es dazu gekommen? Sie selbst haben Ihre Karriere doch als Verkäufer im Modehaus Gostner begonnen…</b><BR />Gostner: Das stimmt, bis ich 25 Jahre alt war, habe ich viele Anzüge verkauft. Wir hatten dann später viele Unternehmungen, haben auch Häuser gebaut und immer geschaut, was es zu machen gibt. Das Energiegeschäft war ein Teil davon und hatte gute Wachstumsraten. <BR /><BR /><b> Ihr zweites Standbein ist die Fliegerei: Weshalb haben Sie eigentlich – gemeinsam mit den österreichischen Unternehmern Hanspeter Haselsteiner und René Benko – den Flughafen Bozen gekauft und dann eine Fluggesellschaft gegründet? Vor Ihnen waren beide Projekte nicht sonderlich von Erfolg gekrönt gewesen…</b><BR />Gostner: Das musste ich für die Südtiroler tun. Sonst wäre ein Freizeitpark draus geworden, das wäre doch fürchterlich gewesen (lacht). Scherz bei Seite: Ich fliege selbst seit ich 18 Jahre alt bin und den Flughafen zu schließen, war für mich ein No-Go. Alleine hätte ich ihn nicht gekauft, aber dann hat der Haselsteiner angerufen und gesagt: „Josef, wir müssen den Flughafen kaufen.“ Dann haben wir das gemacht. Und die Fluglinie habe ich gegründet, weil der Flughafen sonst zu viele Verluste geschrieben hätte. <BR /><BR /><embed id="dtext86-57665679_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Skyalps fliegt seit fast eineinhalb Jahren: Ihre Bilanz?</b><BR />Gostner: Mit dem neuen Businessmodell, Touristen zu fliegen, haben wir unglaublich viel Erfolg. Wir sind jetzt schon in der Gewinnzone, das hätte ich nicht erwartet. Und es sind so viele Märkte offen, das ist erst der Anfang. <BR /><BR /><b>Was sind die Pläne für 2023?</b><BR />Gostner: 70 Prozent mehr Flüge als in 2022. <BR /><BR /><b>Sie sehen die Zukunft in elektrischen Flugzeugen. Stand heute scheint das aber eher ferne Zukunftsmusik zu sein, weil es keine entsprechenden Batterien gibt. Was macht Sie so sicher, dass das trotzdem klappen wird?</b><BR />Gostner: Das ist wie bei den Autos. Schauen Sie sich mal die Entwicklung von Tesla an…<BR /><BR /><b>Aber das eine ist ein Auto, das man notfalls auch stehen lassen kann, das andere eine Passagiermaschine, die über den Ozean fliegen soll…</b><BR />Gostner: Ein Tesla Plaid hat 1000 PS, meine Dash 5000 PS, also nicht so viel mehr. In der Fliegerei gehen die Entwicklungen zwar langsamer, weil es viele Tests wegen der Flugsicherheitsbestimmungen braucht. Aber Strecken von bis zu 1000 Kilometern wird man mit kleinen Maschinen mit 25 Sitzen schon in 5 bis 6 Jahren fliegen können. Wenn man dann die Batterien mit einem Wasserstoffantrieb kombiniert, dann wird man auch längere Strecken über den Ozean schaffen. Rolls Royce arbeitet schon daran, wasserstoffbetriebene Boeing-Turbinen zu produzieren. Deshalb müssen 2 Entwicklungen vorangetrieben werden: einmal der Ausbau der erneuerbaren Energien – weil wir wollen ja nicht Wasserstoff über Kohlekraftwerke produzieren – und die Umstellung auf Elektromotoren. Das dauert zwar seine Zeit, aber die zukünftige Welt in 30 Jahren wird richtig sauber sein – und ruhiger auch, weil Autos, Hubschrauber und Flieger nur noch summen werden. <BR /><BR /><embed id="dtext86-57667570_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Klimaaktivsten werden warnen, 30 Jahre dauern zu lange…</b><BR />Gostner: Klimaaktivisten sind auch keine Ingenieure. Man muss das auch erstmal alles umsetzen und umstellen. Und noch ein großes Problem: Man muss es gegen die größten Gesellschaften der Welt aufnehmen, die Erdölgesellschaften, die dann nichts mehr verdienen werden.<BR /><BR /><b>Sie sind 62. Andere denken in Ihrem Alter an die Rente. Sie?</b><BR />Gostner: (lacht) Dafür sind die Kinder noch zu klein. Bis sie nicht alle volljährig sind, werde ich nicht in Pension gehen. Aber mein Plan ist sowieso, das ganze Leben zu arbeiten – weil es mir gefällt. Was soll ich denn sonst auch tun? Golf spielen kann ich so auch. Man hat ja ein Handy, mit dem man kommunizieren kann und im Büro bin ich eh nicht so oft. So lange man Lust hat, Erfolge zu haben und zu leisten, wird man weitergehen. <h3> Zum Unternehmen Fri-el Green Power</h3><b>Gründung:</b> 1994 steigen Thomas, Josef und Ernst Gostner in das Energiegeschäft (Wasserkraft) ein und gründen das Unternehmen Ener.CO. 2002 werden die ersten Windparks errichtet und Ener.Co in Fi-el Green Power umbenannt. <BR /><BR /><b>Anlagen:</b> 30 Windparks in Italien, Spanien und Bulgarien, 7 Solaranlagen in Rumänien, 4 Biogas- bzw. Biomasseanlagen, 15 Wasserkraftwerke in Italien, dazu kommt einer der größten landwirtschaftlichen Betriebe Rumäniens.<BR /><BR /><b>Ergebnis 2021</b> der Fri-el Green Power Gruppe: Umsatz: 381,5 Millionen Euro; Ebitda: 253,6 Millionen Euro; Gewinn: 147,5 Millionen Euro.