Giorgio Napolitano war ein großer Südtirol-Freund. 1998 war er, damals noch als Innenminister, dabei, als die Grenze am Brenner im Zuge des Schengener Abkommens geöffnet wurde.
Seine Verbindung zu Südtirol wurde nicht zuletzt mit der Verleihung des Großen Verdienstordens des Landes Südtirol im Jahr 2012 greifbar. Napolitano bezeichnete Südtirol 2016 als „ein Modell der Integration, des friedlichen Zusammenlebens und der gemeinsamen Entwicklung unterschiedlicher Volksgruppen, Nationalitäten, Sprachen und Traditionen.“ Südtirol habe gezeigt, „dass es möglich ist, jede Konfliktebene zu überwinden“.
Beileidsbekundungen aus Südtirol
Die Südtiroler Landesregierung schließt sich den zahlreichen Trauerbekundungen an: „Mit Giorgio Napolitano verliert Italien eine hoch anerkannte Instanz und Südtirol einen großen Autonomiefürsprecher, der die Geschicke und die Entwicklung unseres Landes und unserer Autonomie immer mit einem wachsamen Auge verfolgt hat“, hebt der Südtiroler Landeshauptmann hervor. Im Namen der Landesregierung spreche er Napolitanos Familie das Beileid aus.Auch die Präsidentin der Autonomiegruppe im Senat, Julia Unterberger, spricht der Familie Napolitanos ihr Beileid aus. „Giorgio Napolitano war ein großer Vordenker, ein Mann mit einem ausgeprägten Sinn für den Staat und seine Institutionen. Er hatte die schwierige Aufgabe, die Republik in einem der dramatischsten Momente ihrer Geschichte zu leiten. Auf dem Höhepunkt der finanziellen Krise von 2011 war Napolitano ein Rettungsanker für das Land. Das war er auch 2 Jahre später, als er die Einladung der politischen Kräfte für ein zweites Mandat annahm und verhinderte, dass das Land in eine institutionelle Krise gerät“, schreibt Julia Unterberger in einer Aussendung.
„Als er 2015 in den Senat zurückkehrte, schloss sich Präsident Napolitano der Autonomiegruppe an, eine Entscheidung, die er in der 18. und der laufenden Legislaturperiode wiederholt hat. Für uns war seine Anwesenheit immer eine große Ehre und ein Beweis für die Sensibilität, die die großen republikanischen Persönlichkeiten schon immer für die Sonderautonomien und diesprachlichen Minderheiten hatten.
In diesem Moment der Trauer sind unsere Gedanken bei seiner Familie und seinen langjährigen Mitarbeitern, die ihm vom Quirinal gefolgt sind und durch seine Jahre im Senat begleitet haben. Ihnen gilt die Nähe und das Beileid der Senatoren unserer parlamentarischen Fraktion“, so Unterberger.
Zum ersten Mal in der Geschichte Italiens: 2. Amtszeit als Staatspräsident
Er war der erste Präsident in der Geschichte der Republik, der das Amt des Staatspräsidenten zweimal ausübte: 2013 wurde er erneut in den Quirinalspalast gewählt, nachdem er 2006 das erste Mal zum Staatsoberhaupt gekürt worden war.Auch international genoss er hohes Ansehen. Aufgrund seines hohen Alters trat er im Januar 2015 vorzeitig zurück. Die letzten Jahre verbrachte er zurückgezogen.
Innenminister einer Mitte-Links-Regierung
Napolitano wurde 1925 in der süditalienischen Stadt Neapel geboren, die er 10 Legislaturperioden lang als Abgeordneter im Parlament vertrat. Bereits in jungen Jahren wurde der Jurist Mitglied der Kommunistischen Partei (PCI), wo er es bis ins Politbüro schaffte. Die PCI galt viele Jahre als wichtigste kommunistische Partei Westeuropas. Napolitano wurde dort zum Reformerflügel gerechnet.Noch vor dem Fall der Mauer 1989 sprach er sich für die Umbenennung der Partei aus, die dann zur Linkspartei PDS wurde. In den 1990er Jahren war Napolitano Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer und dann Innenminister einer Mitte-Links-Regierung. Zwischenzeitlich saß er auch im Europaparlament. Für seine Verdienste bekam er den Titel eines Senators auf Lebenszeit verliehen.
International galt er als zuverlässiger Gesprächspartner
2006 wurde Napolitano als erster Ex-Kommunist zum Präsidenten gewählt. Entgegen der ursprünglichen Pläne trat er nach der Wiederwahl 2013 eine zweite Amtszeit an, nachdem die Bemühungen um eine Nachfolge mehrfach gescheitert waren. Aus Altersgründen verkündete er zum Jahreswechsel 2014/15 seinen vorzeitigen Rücktritt. Mit mehr als 3000 Tagen hält er trotzdem den Rekord der längsten Amtszeit eines italienischen Präsidenten. Zum Nachfolger wurde Sergio Mattarella gewählt, der bis heute Staatsoberhaupt ist.In seiner Zeit als Präsident genoss Napolitano über die Parteigrenzen hinweg hohe Autorität. Vielfach galt er als moralisches Korrektiv zum populistischen Regierungschef Silvio Berlusconi, der 2011 zurücktreten musste. Napolitano bereitete damals den Weg für eine Expertenregierung. Auch international galt er als unparteiischer und zuverlässiger Gesprächspartner.
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