Donnerstag, 29. Juni 2023

KVW: Soziale Sicherheit – Fundament für Demokratie?

Im Rahmen des Arbeitstreffens der Katholischen Arbeitnehmer Bewegungen (KAB) aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Vertretern des Katholischen Verbandes der Werktätigen in Südtirol fand die Podiumsdiskussion zum Thema Sozialstaat und/oder Solidarität „von unten“ statt.

Im Bild (von links) Werner Steiner, Waltraud Deeg, Herbert Dorfmann, Ulrich Ladurner, Magdalena Amonn und Karl Brunner. - Foto: © KVW

Der geistliche Assistent des KVW, Karl Brunner, der den Abend moderierte, begrüßte zunächst die Diskussionsrunde. Mit dabei waren Magdalena Amonn (Dormizil), Landesrätin Waltraud Deeg, Europaparlamentarier Herbert Dorfmann, Ulrich Ladurner (Journalist in Brüssel, „Die Zeit“), sowie Werner Steiner, Landesvorsitzender des KVW.

„Wer den Frieden will, muss für sozialen Ausgleich arbeiten!“ zitierte Brunner frei die Päpste Paul VI. und Franziskus und leitet in einen spannenden Abend ein, der den öffentlichen Teil eines dreitägigen internationalen Seminars dargestellt hat. Schlagworte wie Solidarität, soziale Sicherheit, Demokratie, Gerechtigkeit gelte es mit Leben zu füllen und der Frage nachzugehen, was muss, kann, oder soll die öffentliche Hand leisten und was ist die Rolle der zivilgesellschaftlich engagierten Bürger?

Magdalena Amonn ist Mitbegründerin des Vereines „housing first bozen EO“ und war auch bis Mai dieses Jahres dessen Vorsitzende. „Dormizil“ ist ein Projekt, das im Winter 2020 für Schlagzeilen sorgte. Dabei ging es in erster Linie um Schlafmöglichkeiten für Langzeitobdachlose in Bozen. Etwa 25 Personen fanden zunächst für die Nacht eine Bleibe. Es handelt sich dabei um eine Privatinitiative. Mit dem Verein „housing first bozen EO“ will man Menschen eine Unterkunft bedingungslos zur Verfügung stellen, und damit Möglichkeit bieten, dass jemand wieder den Weg zurück in die Gesellschaft findet. Die öffentliche Hand kann in dem Moment mit den Sozialdiensten helfen, wenn jemand diese Hilfe sucht.

Landesrätin Waltraud Deeg ging in ihren Ausführungen unter anderem aus das Thema Einwanderung ein: „Die Herausforderung dabei besteht in der Integration, wir müssen die Leute, die zu uns kommen, da abholen, wo sie zum Zeitpunkt der Ankunft sind. Es gilt, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und einzusetzen. Dabei steht auch der Fachkräftemangel in allen Bereichen zur Debatte. Werden Mitarbeiter gebraucht und gesucht, so muss man sich vor Augen halten, dass es Menschen mit berechtigten Bedürfnissen sind, die dann kommen. Hier ist die Verantwortung für die Mitarbeiter von Seiten der Betriebe ein wesentlicher Punkt. Nicht alles kann die öffentliche Hand leisten. Von daher sollten sich alle bewusst sein, dass es auch eine Solidarität von privater Seite braucht, wenn Einwanderung gelingen soll.“

Der Landesvorsitzende des KVW Werner Steiner hob hervor, dass generell in den Dörfern die Solidarität gelebt werde: „Denkt man nur an Schicksalsschläge, die Menschen plötzlich treffen können, dann sieht man, wie rasch geholfen wird und wie Dorfgemeinschaften dann auch zusammenstehen. Der KVW gibt sich jährlich ein Arbeitsmotto, das heißt in diesem Jahr 'Miteinander in Bewegung bleiben - damit niemand zurückgelassen wird'. Solidarität soll ausgeweitet werden auf alle Menschen, die in einem Ort wohnen.“

Ulrich Ladurner ist Journalist und derzeit für „Die Zeit“ in Brüssel tätig. Von außen betrachtet besitze Südtirol seiner Ansicht nach, ein gutes Netz sozialer Absicherung. Wenn man die politische Situation in Europa betrachte, dann beobachte man ein Zerbröckeln von Gewissheiten. Politische Radikalisierung, links wie rechts, sei die Folge. „Wirft man dann noch einen Blick über den großen Teich nach Amerika, dann fällt das stete Verlorengehen von Kompromissbereitschaft auf. Die beiden Parteiblöcke stehen sich recht kompromisslos gegenüber. Die Gefahr, dass die Radikalisierung noch steigt, besteht weiter. Dabei ist es doch die Kompromissfähigkeit, die starke Demokratien auszeichnet. Auch wenn die sog. Populisten immer das Gegenteil behaupten“, so Ladurner.

Europaparlamentarier Herbert Dorfmann zeichnete ein ähnliches Bild von der politischen Situation in Europa. Obwohl die Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher Ebene in Europa sehr gut funktioniere, gebe es Themen, die in Zukunft über die Nationalstaaten hinaus gelöst werden müssten. Die EU – Kommission habe sich nun Ziele gesteckt, die auch die Themen Arbeit, Bildung und Umwelt ins Auge fassen. Es brauche europäische Standards im Bereich der sozialen Absicherung von Arbeit und sie sollten für alle gleich gelten.

In der darauffolgenden Diskussion kam auch die Anregung, dass Radikalisierung nicht immer mit finanzieller Unsicherheit zu tun habe. Meist sei es ein persönliches Empfinden, eine Einschätzung, die auch von Medien beeinflussbar ist. Gefördert wird das Gesamte dann auch, wenn die rechtstaatliche Lage nicht klar ist. Daher gebe es jetzt die Bemühungen der EU die Einwanderung einheitlich zu regeln. Die EU schaffe damit einen Rahmen, den die Staaten anwenden können und damit solle wieder vermehrt Sicherheit in die rechtliche Lage Einzug halten.

Generell waren sich die Anwesenden darin einig, dass sich eine starke Zivilgesellschaft durch private Initiativen und Organisationen auf den verschiedensten Ebenen auszeichnet. Diese könnten im Zusammenspiel mit öffentlichen Leistungsträgern das soziale Netz verstärken und soziale Sicherheit geben, wobei die rechtliche Sicherheit nicht außer Acht gelassen werden darf. Das alles müsse dann möglichst nutzerfreundlich an alle Medien verteilt und über alle zur Verfügung stehenden Kanäle verbreitet werden. Neben sozialer Sicherheit seien letztendlich auch der Friede und der finanzielle Ausgleich tragende Säulen, auf denen Demokratie gegründet ist.

stol

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