Donnerstag, 15. Juni 2023

Nach Berlusconis Tod: Gespräche über Zukunft von Forza Italia starten

Nach dem Staatsbegräbnis für den am Montag verstorbenen italienischen Premierminister Silvio Berlusconi beginnt eine ungewisse Zukunft für seine rechtskonservative Forza Italia, Juniorpartner in der Koalition von Regierungschefin Giorgia Meloni. Ohne die prägende Figur Berlusconis schließen politische Beobachter den Zerfall seiner Partei nicht aus, was Folgen für die Regierung Meloni haben könnte.

Kann die Zukunft der Partei ohne Silvio Berlusconi gesichert werden? - Foto: © ANSA / ansa

Die 1994 gegründete Forza Italia, die nie den Charakter einer von Berlusconis starker Persönlichkeit unabhängigen Gruppierung annahm, erreichte bei der Parlamentswahl im vergangenen September nur noch 8 Prozent der Stimmen, ist aber in der Regierung Meloni mit gleich 5 Ministern vertreten. Berlusconi, der mit der Forza Italia zum längst dienenden italienischen Premierminister aufgerückt war, hat sich nie wirklich bemüht, einen Nachfolger zu finden.

Die Nummer 2 der Forza Italia, Außenminister Antonio Tajani, blickt zwar auf eine jahrzehntelange politische Karriere an Berlusconis Seite zurück, seine Erfahrung könnte jedoch nicht reichen, um eine intern gespaltene Gruppierung zusammenzuhalten und ihr eine Zukunft zu sichern, analysieren politische Beobachter in Rom. Die Partei, die in der aktuellen Legislaturperiode 61 Parlamentarier stellt, ist in verschiedene Strömungen gespalten.

Gespräche im Parteigremium in den nächsten Tagen erwartet

In den nächsten Tagen wird mit Gesprächen im Parteigremium gerechnet, um über die Zukunft der Forza Italia zu diskutieren. Die Regierungspartei hat laut Medienangaben rund 100 Millionen Euro Schulden angesammelt, für die bisher Berlusconi höchstpersönlich bürgte. Wie es jetzt nicht nur politisch, sondern auch finanziell weitergehen soll, ist eine offene Frage.

Nicht ausgeschlossen wird, dass mehrere Parlamentarier der Forza Italia zu anderen, solideren Parteien überlaufen könnten. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament würden sich dann ändern. Davon könnte die Rechtsaußenpartei Fratelli d'Italia (FdI/Brüder Italiens) von Meloni profitieren, die bei den Parlamentswahlen im vergangenen September mit 26 Prozent der Stimmen als Siegerin hervorgegangen war, 3 Mal mehr Stimmen als die Forza Italia.

Medien: Übernimmt Berlusconis Tochter das Ruder der Forza Italia?

Sollten mehrere Parlamentarier die Berlusconi-Partei verlassen, um sich Melonis Gruppierung anzuschließen, würde dies zu einem stärkeren Rechtsruck des Kabinetts in Rom beitragen. Schließlich galt Berlusconis Forza Italia bisher als gemäßigter Gegenpol in der Regierungskoalition gegenüber der postfaschistischen Partei der Regierungschefin.

Medien spekulierten, dass Berlusconis ältere Tochter Marina das Ruder der Forza Italia übernehmen könnte, die im kommenden Jahr ihr 30. Gründungsjubiläum feiern will. Doch die 56-jährige Vorsitzende der Fininvest-Holding, die sämtliche Unternehmen der Familie, etwa die Medienholding Mediaset, das Verlagshaus Mondadori, aber auch die Mediolanum-Bank oder der Fußballverein AC Monza umfasst, zeigte bisher wenig Interesse für Politik. Berlusconis 5 Kinder aus 2 geschiedenen Ehen sind zu gleichen Teilen an der Familienholding beteiligt, doch keiner signalisierte bisher Bereitschaft, auf den politischen Spuren des einflussreichen Vaters zu wandeln.

Tajani: „Berlusconis Projekt geht über sein irdisches Leben hinaus“

Außenminister Tajani wird all sein Geschick brauchen, um die Forza Italia zusammenzuhalten. „Berlusconis Projekt geht über sein irdisches Leben hinaus“, behauptete der Außenminister und versprach damit, dem Kurs des Parteigründers treu bleiben zu wollen. Ob es ihm gelingen wird, bis zu den EU-Parlamentswahlen im kommenden Jahr die Forza Italia am Leben zu halten, ist fraglich. Berlusconi selber hatte in seinen letzten Lebensmonaten eingesehen, dass seine Forza Italia inzwischen veraltet und auf der rechten Seite unter der Konkurrenz der Fratelli d'Italia der um 40 Jahre jüngeren Meloni litt. So erwog er, eine Republikanische Partei zu gründen. Damit wollte er die Forza Italia modernisieren und die zentrumsorientierte Wählerschaft ansprechen. Zur Umsetzung dieses Projekts reichte ihm die Zeit nicht mehr.

apa/stol

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