Donnerstag, 14. Dezember 2023

„Warum haben Sie nicht geschrien?“: Vergewaltigungsprozess schockiert Italien

„Können Sie erklären, wie man Ihnen das Höschen ausgezogen hat?“ – „Warum haben Sie nicht geschrien, warum haben Sie sich nicht verteidigt?“: Im Prozess gegen den der Gruppenvergewaltigung beschuldigten Ciro Grillo, den 22-jährigen Sohn des 5-Sterne-Gründers Beppe Grillo, ist die Verteidigerin der 3 Mitangeklagten ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

„Wir müssen ergründen, ob es ein Opfer gab“: So erklärt die Verteidigerin ihre intimen Fragen an die Zeugin. - Foto: © shutterstock

Anwältin Antonella Cuccureddu ist die Verteidigerin eines der 3 Jugendlichen, die mit Grillo Junior bei dem in Tempio Pausania (Sardinien) laufenden Prozess angeklagt sind. Bei dem Prozess hinter verschlossenen Türen soll die Anwältin dem Opfer der Gruppenvergewaltigung, einer norwegisch-italienischen Studentin, extrem explizite Fragen über die Vorgänge in der Nacht zwischen dem 16. und 17. Juli 2019 gestellt und dabei auch intime Details gefordert haben.

„Können Sie erklären, wie man Ihnen das Höschen ausgezogen hat?“ soll die Anwältin gefragt haben. „Warum haben Sie nicht geschrien, warum haben Sie sich nicht verteidigt?“, fragte die Anwältin das mutmaßliche Opfer. Damit zog sie sich die heftige Kritik von Dario Romano, Anwalt der jungen Frau zu.

Hier, im Gericht von Tempio Pausania, findet hinter verschlossenen Türen der Prozess wegen Gruppenvergewaltigung statt. - Foto: © ANSA / Fabrizio Fois / RED



„Es war ein mittelalterliches Verhör“, kritisierte Romano. Auch Frauenverbände protestierten gegen die Fragen der Anwältin. Ilaria Boiano, Anwältin des Frauenverbands „Differenza donna“, die Gewaltopfer verteidigt, warf Cuccureddu vor, das Opfer zu „kriminalisieren“.

„Lasse mich nicht einschüchtern“

Cuccureddu verteidigte sich: „Ich habe notwendige Fragen zu den Ereignissen gestellt. Bei einem Prozess werden die Fakten bis ins kleinste Detail rekonstruiert. Hier geht es um sexuelle Gewalt und wir müssen ergründen, ob es hier ein Opfer gab. Ich lasse mich nicht einschüchtern“, betonte die Anwältin.

Ciro Grillo - Foto: © ANSA / x



Mit Grillo Junior sind seine Freunde Edoardo Capitta, Francesco Corsiglia und Vittorio Lauria angeklagt. Ciro Grillo soll im Juli 2019 in der Nobel-Disco „Billionaire“ an der Costa Smeralda auf Sardinien zusammen mitden 3 Freunden 2 Studentinnen in die Villa seines Vaters gelockt haben.

Eines der beiden Mädchen, eine in Mailand lebende Studentin, die damals 19 Jahre alt war, sei von Grillo Junior und dessen Freunden genötigt worden, einen halben Liter Wodka zu trinken. Danach sei das Mädchen von den jungen Männern gegen ihren Willen zum Sex gezwungen worden. Anzeige erstattete das mutmaßliche Opfer gemeinsam mit seiner Mutter nach der Rückkehr aus den Ferien am 26. Juli in Mailand.

Am 6. September 2019 durchsuchten die Carabinieri dann Grillos Strandvilla in der Toskana. Dabei wurden mehrere Handys und Laptops von Ciro Grillo beschlagnahmt, auch die Mobiltelefone der 3 anderen Verdächtigen stellten die Ermittler sicher. Bei der letzten Verhandlung hatte die junge Frau dem Gericht unter Tränen anvertraut, dass sie einen Suizidversuch unternommen habe. „Nach der Gruppenvergewaltigung wollte ich nicht mehr leben...“, sagte sie.

Auch Beppe Grillo meldet sich zu Wort

Die nächsten Gerichtsanhörungen finden am 31. Jänner und am 1. Februar statt. Das Urteil könnte dann im Sommer 2024 gefällt werden. 2021 hatte ein Video von 5-Sterne-Gründer Beppe Grillo, in dem er seinen Sohn verteidigt, für Aufregung gesorgt. Über seinen Sohn Ciro und seine 3 Freunde werde in allen Zeitungen berichtet, „wie über einen Serien-Vergewaltiger“. Serienvergewaltiger würden von der Polizei festgenommen, rief Grillo damals empört. „Die 4 aber bleiben auf freiem Fuß. Warum? Warum? Weil ihr alle wisst, dass nichts daran wahr ist“ schrie er.

Die Familie Grillo erlebt keine einfache Zeit. Beppe Grillo liegt seit Sonntag im Krankenhaus von Cecina in der Provinz Livorno. Wegen einer Erkrankung meldete er sich in der Notaufnahme und wurde anschließend ins Spital eingeliefert. Die Ärzte haben beschlossen, den 75-Jährigen unter Beobachtung zu halten, obwohl sein allgemeiner Gesundheitszustand gut ist und das Problem, das ihn befallen hat, als nicht ernsthaft eingestuft wird.

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