Samstag, 25. November 2023

Zu wenig Plätze im Frauenhaus – „Erst wenn Männer lernen, kommen wir weiter“

„So lange die Männer nicht verstehen, dass sie an sich etwas ändern müssen und lernen müssen, mit ihren Impulsen umzugehen, auch verbal im Umgang mit Frauen – so lange werden wir nicht weiterkommen“, sagt Elisabeth Tribus Mitglied im Vorstand des Vereins „Frauen helfen Frauen Bozen“.

Engagieren sich für Frauen in Gewaltsituationen (von links): Trixy von Pretz und Elisabeth Tribus.

Gewalt
gegen Frauen zieht sich durch alle Gesellschafts- und Bildungsschichten. Sie macht nicht halt vor Inländern oder Ausländern, vor Jungen oder Alten“, erzählt Trixy von Pretz. Sie ist Präsidentin des „Hauses der geschützten Wohnungen“, einer von 5 Frauenhausdiensten im Land.

„Die Anlaufstellen im Land funktionieren gut, aber der Fokus muss sich viel mehr auf die Männer legen“, ergänzt Elisabeth Tribus, Mitglied im Vorstand des Vereins „Frauen helfen Frauen Bozen“. Die Kontaktstelle berät und informiert Frauen, sie arbeitet bei Bedarf mit dem „Haus der geschützten Wohnungen“ zusammen.

Es beginnt bereits bei der Sprache

„Es wird viel zum Schutz für Frauen getan. Das ist auch wichtig und richtig“, berichtet Elisabeth Tribus. Trotzdem müsse ein weiterer Schwerpunkt gesetzt werden, in der Männerwelt müsse sich etwas ändern. „Im Umgang mit den Frauen, in der Sprache und im gegenseitigen Respekt. Männer müssen lernen, mit ihren Impulsen und Emotionen umzugehen. Sie müssen ihren Partnerinnen, Müttern und Schwestern gegenüber Respekt zeigen“, sagt Tribus. Ohne gegenseitigen Respekt werde es immer Gewalt geben. Bildung und Erziehung würden in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle einnehmen.

Außerdem sei Sprache ein wichtiges Signal. „Leider erleben wir hierzulande eine Verrohung der Sprache.“ Blöde Sprüche und sexistische Bemerkungen Frauen gegenüber seien immer noch salonfähig, und das bis ins hohe Alter.

Genauso wichtig sei die Gleichberechtigung, das Begegnen auf Augenhöhe. Es sei auch nicht tragbar, dass Frauen bei gleicher Arbeit immer noch weniger verdienen als Männer, oder dass Care-Arbeit größtenteils von den Frauen ausgetragen wird. „Wir müssen einen strukturellen Wandel anregen und fördern. Und das können wir nur alle zusammen, Männer und Frauen“, so Tribus.

Die Zahlen steigen, die Plätze fehlen

2022 fanden 20 Frauen und 22 Kinder Zuflucht im „Haus der geschützten Wohnungen“, bei 17 Frauen übte der Partner Gewalt aus. „Die meiste Gewalt geschieht in der Familie“, weiß Präsidentin Trixy von Pretz. Heuer sind 13 Frauen und 27 Kinder aufgenommen worden (Stand 23.11.2023). Der Grund für die sinkenden Zahlen: „Wir können keine Frauen aufnehmen, weil wir keine Übergangswohnungen, oder überhaupt keine Wohnung in Bozen und Umgebung finden“, meint sie.

Frauen mit Gewalterfahrungen können für ungefähr 6 Monate im Frauenhaus bleiben, dann ziehen sie in eine Übergangswohnung, wo sie bis zu 2,5 Jahre unterkommen können. Solche Übergangswohnungen sind rar. „8 neue Wohnungen werden jetzt in Bozen als Übergangswohnungen bereitgestellt“, erklärt von Pretz. Aber das sei viel zu wenig, die 8 Wohnungen seien nicht nur für die Stadt Bozen, sondern für ganz Südtirol.

Seit 20 Jahren fordern Organisationen mehr Plätze, passiert ist in all den Jahren nichts. „Man muss endlich mehr tun. Allein ein neues Frauenhaus in Bozen ist längst überfällig“, fordert von Pretz. Insgesamt kommt Südtirol auf 37 geschützte Plätze für Frauen, längst können nicht alle aufgenommen werden. Ihre Zahl steigt kontinuierlich an. In diesem Jahr suchten um die 90 Frauen um Aufnahme an. „Keine Frau muss auf der Straße bleiben, sie wird dann in einem Hotel untergebracht. Aber das ist keine Lösung“, sagt Trixy von Pretz.

Es gibt auch „Erfolgsgeschichten“

Im „Haus der geschützten Wohnungen“ unterstützen Psychologen und Ehrenamtliche die Frauen. Mittels Arbeit, Bildung und Unterkunft wird versucht, ihnen ein neues Leben in Selbständigkeit zu ermöglichen. Insbesondere ihre Kinder werden von den Gewalterfahrungen geprägt, man spricht von der „miterlebten Gewalt“. Die Gefahr, dass sie später selbst zu Gewaltausführenden werden, ist groß. Im „Haus der geschützten Wohnungen“ erhalten auch sie psychologische Hilfe.

Gibt es „Erfolgsgeschichten“? Ja, bestätigt die Präsidentin. Das seien jene Frauen gewesen, die im Stande waren, ihre Arbeit zu behalten, eine langfristige Unterkunft zu finden. „Wir haben einige, sie geben uns Kraft und Mut weiterzumachen.“ Die Gefahr, die vom Mann ausgeht, bleibt. „Wir müssen schauen, flächendeckende Sicherheit für sie zu finden.“ Und da kommt der fehlende Platz wieder ins Spiel. Gefordert seien alle, da sind sich die beiden engagierten Frauen einig. „Wir müssen uns auf Augenhöhe begegnen, um Konflikte ohne Gewalt zu lösen“, schließt Tribus.

Ein Zeichen setzen

Von Pretz und Tribus laden alle Interessierten zum Stadtlauf gegen Gewalt an Frauen?utm_campaign=click-on-tag' target='_blank'>Gewalt an Frauen in Bozen ein. „Alle Frauen, Männer und Kinder sind eingeladen mitzulaufen oder mitzuspazieren. Wir starten um 10. 30 Uhr auf den Talferwiesen vor dem Museion“, so von Pretz.

tek

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