Heute in Teil 2: 1896–1967: Vom „Judenstaat“ zum Staat der Juden und die ersten drei Kriege<BR /><BR />Alles begann vor mehr als 125 Jahren. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus in Europa Ende des 19. Jahrhunderts zog der Wiener Jude <b>Theodor Herzl</b> die Konsequenzen.<BR /><BR />1896 forderte er in einer 96 Seiten umfassenden Schrift: <i>„Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage“</i> einen eigenen Staat für Juden in Palästina. Ein Jahr später organisierte er den ersten <i>„Zionistischen Weltkongress“</i> in Basel, der die gleiche Forderung erhob. Man forderte eine <i>„nationale Heimstätte“</i>; gemeint war ein eigener Staat.<h3> 1937: Die Briten schlagen die Teilung Palästinas vor – und das Nein der Araber</h3><BR />1917, noch während des Ersten Weltkrieges, sicherten die Briten den Zionisten ihre Unterstützung beim Aufbau einer<i> „nationalen Heimstätte in Palästina“</i> zu, wo allerdings 500.000 Araber lebten. 1922 erhielt Großbritannien vom Völkerbund das Mandat für Palästina, verbunden mit der Verpflichtung zur Unterstützung der Juden beim Aufbau ihrer <i>„Heimstätte“.</i> Von da an strömten Juden nach Palästina und gerieten schon bald mit den Arabern in Konflikt. Es gab Mord und Totschlag. <BR /><BR />1936 rief das neugewählte Arabische Hochkomitee zum Generalstreik gegen die Juden, anschließend auch gegen die Briten auf. Angesichts dieser Situation schlug London 1937 die Teilung des Landes in einen jüdischen und einen arabischen Staat vor. Die Zionisten akzeptierten, die Araber lehnten ab. Angesichts des drohenden Krieges änderten die Briten 1939 mit Blick auf die Araber und deren erhoffte Unterstützung ihre Politik: keine weitere jüdische Einwanderung nach Palästina, kein jüdischer Staat. <h3> 1947: Die UNO schlägt die Teilung vor – und das Nein der Araber</h3>Als nach dem Krieg jüdische Terroraktionen in Palästina immer mehr britische Opfer und die Zionisten unter Führung von <b>David Ben Gurion</b><i>„einen Staat um jeden Preis“</i> forderten, gab Großbritannien im Februar 1947 sein Palästinamandat an die UNO zurück. Die beschloss im November 1947 mit Zweidrittelmehrheit die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat. Die Araber lehnten erneut ab. <BR /><BR />Der österreichische Gesandte in Kairo, <b>Erich Bielka</b>, wurde 3 Wochen nach der UNO-Entscheidung vom ägyptischen Außenminister <b>Ahmed Khachba</b> empfangen und teilte ihm das Motto der Araber für die nächsten Jahre mit: <i>„Bevor wir langsam unsere mühsam erkämpfte Freiheit wieder verlieren und in 20 Jahren vielleicht als Sklaven jüdischer Herren enden, ziehen wir lieber jetzt in den Krieg und versuchen, die Entwicklung dieses Staates unmöglich zu machen.“</i> Es folgte ein blutiger Krieg Araber gegen Juden mit Terror, Flucht und Vertreibung der Araber, während die Juden ihren Staat gründeten.<h3> Der erste arabisch- israelische Krieg</h3>Die Unabhängigkeit des neuen Staates Israels trat um Mitternacht des 14. Mai in Kraft. Während US-Präsident <b>Truman</b> 11 Minuten später Israel anerkannte, griffen Ägypten, Transjordanien, Syrien, der Irak, Saudi-Arabien und der Libanon Israel an. Um 6 Uhr fielen die ersten Bomben auf Tel Aviv. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="978328_image" /></div> <BR /><BR /><b>Abdel Rahman Azzam Pasha</b>, der Generalsekretär der im März 1945 gegründeten Arabischen Liga, verkündete in Kairo, die arabischen Länder würden die Juden ins Meer werfen: „<i>Dies wird ein Ausrottungskrieg und ein Massaker sein, von dem man wie von dem mongolischen Massaker und den Kreuzzügen sprechen wird.“</i> Der erste arabisch-israelische Krieg hatte begonnen. Anfangs sah es nicht gut aus für Israel. Für den britischen Außenminister <b>Ernest Bevin</b> schien der zionistische Traum schon ausgeträumt. Er irrte sich.<BR /><BR />1949 hieß der Sieger Israel. Die Araber waren die eindeutigen Verlierer. Israel erweiterte sein Staatsgebiet. Ost-Jerusalem und und die von Israel nicht eroberte Westbank kassierte wenig später der König von Jordanien, der Gazastreifen ging an Ägypten. Für die Araber war das, was damals geschah, eine Katastrophe mit 700.000 Flüchtlingen und Vertriebenen. Sie nennen das bis heute <b>Nakba.</b> Die arabischen Staaten waren jetzt erst recht entschlossen, Israel zu vernichten.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="978331_image" /></div> <h3> Der Suezkrieg</h3> Der neue starke Mann auf arabischer Seite wurde <b>Gamal Abd el Nasse</b><b>r</b> in Ägypten. Um Geld für den Bau des Assuan-Staudamms, sein großes politisches Ziel, zu bekommen, verstaatlichte er im Juli 1956 die britische Suezkanal-Gesellschaft. Der britische Premierminister <b>Anthony Eden</b> stellte klar, dass der Kanal, durch den 2 Drittel des Öls für Europa transportiert wurden, für Großbritannien und für Europa lebenswichtig sei, und dass man Nasser deshalb nicht erlauben dürfe, <i>„seine Hand an unserer Gurgel zu haben“.</i> Die Konsequenz lautete: militärische Intervention.<BR /><BR />Auch Frankreich hatte ein Interesse an Nassers Beseitigung, der sich als Führer aller Araber und Moslems sah. Damit bedrohte er Frankreichs Präsenz in Algerien, wo am 1. November 1954 die Moslems zum offenen Aufstand gegen die Kolonialmacht ausgerufen hatten. Das Hauptquartier der Aufständischen befand sich in Kairo, Nasser lieferte Waffen für den Algerienkrieg. <h3> Koalition - Frankreich, Großbritannien und Israel</h3>Israel war ein willkommener Bündnispartner in der Koalition zwischen Frankreich und Großbritannien. Seit Herbst 1955 hatte die Sowjetunion über den Umweg Tschechoslowakei massiv Waffen an Nasser geliefert: bis zum Sommer 1956 200 MIG-Düsenjäger, 100 Panzer und 6 U-Boote. Gleichzeitig hatte Ägypten den Suezkanal und die Straße von Tiran am Ausgang des Roten Meeres für israelische Schiffe gesperrt, sowie den Luftraum über dem Golf von Akaba abgeriegelt. Gleichzeitig verstärkten sich die Angriffe arabischer Feddajin (arabisch: „Die sich selbst aufopfern“) gegen Israel: bis Anfang 1956 waren 1000 Juden getötet worden.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="978334_image" /></div> <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="978337_image" /></div> <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="978340_image" /></div> <BR /><BR />Der gemeinsam mit Paris und London geplante Krieg gegen Nasser wurde allerdings zum Desaster. Washington übte massiven wirtschaftlichen Druck auf London aus, das Pfund Sterling fiel ins Bodenlose, Öllieferungen nach Großbritannien wurden blockiert. Am 22. und 23. Dezember verließen die anglo-französischen Truppen Ägypten.<BR /> Israel war zunächst nicht bereit, sich aus dem Sinai zurückzuziehen. Doch übten die USA auch hier massiven Druck aus. Die Wirtschaftshilfe wurde eingestellt, UNO-Sanktionen, ja sogar der Ausschluss Israels aus der UNO wurden angedroht. Am 7. März 1957 verließen die letzten israelischen Soldaten ägyptisches Gebiet, nachdem Washington zugesichert hatte, dass eine erneute Sperrung der Straße von Tiran für Israel ein Kriegsgrund sei. Im Gazastreifen und in Sharm el Sheik an der Südküste des Sinai bezogen Einheiten einer UN-Friedenstruppe Stellung.<h3> Der Sechstagekrieg – und dreimal Nein der Araber</h3>Am 22. Mai 1967 verkündete Nasser die erneute Blockade der Straße von Tiran. Sein öffentlich von ihm verkündetes Ziel: die Vernichtung Israels. Das war gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung.<BR /><BR />Der Krieg begann am Morgen des 5. Juni 1967 mit einem Präventivschlag Israels gegen Ägyptens Luftwaffe, die vollständig zerstört wurde. Nach nur 3 Stunden stellte Israels General <b>Ezer Weizman</b> fest: <i>„Wir haben den Krieg gewonnen.“ </i> Israelische Panzer stießen anschließend zum Suezkanal vor. In einer massiven Operation wurde die Westbank und Ost-Jerusalem erobert. Am 10. Juni gegen Mittag fiel Kuneitra, der Hauptstützpunkt der Syrer auf dem Golan. Nach massiver Drohung der Sowjets, notfalls militärisch einzugreifen, stoppten die Israelis ihren Vormarsch.<BR /><BR />Die Araber hatten eine totale militärische Niederlage erlitten – mit 15.000 toten Soldaten. Israel mit 779 Toten hatte das Dreifache seines ursprünglichen Territoriums erobert – manche sprachen von Israels <i>„zweiter Geburt“</i> – und war Besatzungsmacht für 2 Millionen Palästinenser geworden. <BR /><BR /><b>Kurt Waldheim,</b> damals Österreichs Vertreter bei den Vereinten Nationen und später 10 Jahre lang deren Generalsekretär, meinte in einer Analyse des israelischen Sieges, Israel habe sich damit <i>„militärische Sicherheit auf lange Sicht geschaffen. Von einer politischen Lösung seiner Existenzfrage dürfte es jedoch weiter entfernt sein denn je.“</i> Das war keine schlechte Voraussage. Israel bot Friedensverhandlungen an, die Arabische Liga antwortete im September 1967 in Khartum mit einem dreifachen Nein: Nein zur Anerkennung Israels, Nein zu Verhandlungen mit Israel, Nein zum Frieden mit Israel. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-62733952_quote" /><BR /><BR /><BR />Am 22. November 1967 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat schließlich die Resolution 242, die bis heute die völkerrechtliche Grundlage aller Bemühungen um eine Friedenslösung im Nahen Osten geblieben ist. Sie bekräftigte als Grundsätze eines gerechten und dauerhaften Friedens in Nahost einerseits den <i>„Rückzug israelischer Streitkräfte aus Gebieten, die während des jüngsten Konfliktes besetzt wurden“</i> – Sinai, Gaza, Westbank, Ost-Jerusalem, Golan –, und andererseits die <i>„Anerkennung der Souveränität der territorialen Unversehrtheit und der politischen Abhängigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet und seines Rechts, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen in Frieden zu leben, frei von Drohungen und Akten der Gewalt“. </i><h3> Zur Person: </h3> Rolf Steininger war langjähriger Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck – www.rolfsteininger.atTeil I ist am 23.12.2023 erschienen.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR />