Samstag, 29. Juli 2023

Jubiläumsausgabe der Meraner Festspiele: „Noch nie so viele begeisterte Zuschauer“

Der Präsident der Meraner Festspiele Philipp Genetti zieht Bilanz über die fünften Meraner Festspiele. Über die vielen jungen Talente, die durch diese Veranstaltung entdeckt werden, wie es mit dem Festival weitergeht und noch mehr erzählt Genetti im Interview.

Bereits zum 5. Mal fanden diesen Juli oberhalb der Gärten von Schloss Trauttmansdorff diesen Sommer die „Meraner Festspiele“ statt und präsentierten eine weitere Uraufführung von Luis Zagler. - Foto: © Daniel Pichler/Meraner Festspiele

Vom 5. bis 22. Juli fanden oberhalb der Gärten von Schloss Trauttmansdorff die fünften Meraner Festspiele statt. Sie, Herr Genetti, leiten dieses Festival. Wie war es dieses Jahr?

Philipp Genetti: Gut. Ich glaub, wir hatten noch nie so viele begeisterte Zuschauer, die nach der Aufführung auf mich zukamen und sich für die Aufführung bedankt haben. Die Begeisterung des Publikums war die letzten Jahre schon groß. Das Schauspiel „Die Widerspenstigen“ kam heuer beim Publikum aber besonders gut an. Als Meraner Festspiele bringen wir ja nur Ur- und Erstaufführungen. Das ist einmalig in unserem Land und, wie ich inzwischen weiß, auch weit darüber hinaus.

In Ihrer Begrüßung vor jeder Aufführung erwähnen Sie als Präsident der Meraner Festspiele, dass Ihr Publikum aus ganz Südtirol kommt. Ist das tatsächlich der Fall?

Genetti: Wir sind selbst immer wieder erstaunt darüber, von wie weit her die Menschen kommen, die unsere Uraufführungen nun schon seit 5 Jahren besuchen. Wir haben Besucher aus ganz Südtirol, vom Reschen im Vinschgau, Mals, Glurns, aus dem Unterland, Überetsch, Eisacktal, Sterzing, Gröden, Pustertal, Deutschnofen, Brixen, Tramin aber auch aus Vorarlberg und Innsbruck und auch aus Wien. Alle diese Theaterbesucher kommen Jahr für Jahr nach Meran, um sich die Uraufführungen der Meraner Festspiele anzusehen. Daran können wir sehen, dass es ein großes Interesse an zeitgemäßer, authentischer Kultur in unserem Land gibt. Wenn es sich um Schauspiele handelt, wie die Meraner Festspiele sie jedes Jahr präsentieren, kommen Besucher von überall her. Dieser Begeisterung versuchen wir gerecht zu werden. Dadurch fördern wir gleichzeitig die Kultur in unserem Land und sorgen dafür, dass neue, spannende Werke in Südtirol entstehen.

Was war das Anliegen, das hinter dem heurigen Stück „Die Widerspenstigen“ stand?


Genetti: Wir hatten bereits in den vergangenen Jahren immer wieder Uraufführungen von Stücken, die ein aktuelles Thema aufgegriffen haben. So hatten wir 2022 das Stück „Die Wölfe“, das bereits viel Aufsehen erregt hat. Mit dem Schauspiel „Die Widerspenstigen“ brachten wir den jahrhundertealten Kampf der Geschlechter auf die Bühne. Ich möchte dazu Klaus Rohrmoser, den langjährigen Schauspielleiter des Tiroler Landestheaters und Initiator des Innsbrucker Dramatikerfestivals, zitieren, der sich eine Aufführung angesehen hat und mir anschließend sagte, dass er das Stück „Die Widerspenstigen“ für eine „überaus intelligente und gelungene Aufführung hält“. Die Fragen rund um das Miteinander von Mann und Frau werden in diesem Theaterstück auf höchst unterhaltsame, gleichzeitig aber auch kluge und wirksame Weise auf die Bühne gebracht, sodass es eine Freude ist, das Stück zu sehen. Der gleichen Meinung waren viele der Zuschauer. Ich denke, dieses Stück hat mehr Gedanken, Assoziationen und konstruktive Überlegungen bei den Zuschauern ausgelöst, als Diskussionen und Tagungen zu diesem Thema das könnten.

Ich würde sagen, die Meraner Festspiele haben sich in diesen Jahren zu einer wahren Talenteschmiede entwickelt. Es gibt eine ganze Reihe von jungen Menschen, die durch die Meraner Festspiele auf ihr Talent aufmerksam machen konnten.
Philipp Genetti, Präsident der Meraner Festspiele



Viele Freilichtbühnen in unserem Land setzen auf Unterhaltung. Die Meraner Festspiele bringen Uraufführungen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen auf die Bühne und haben Erfolg damit. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?


Genetti: Als Meraner Festspiele sind wir schon immer einen anderen, eigenständigen Weg gegangen. Ich glaube, es ist das Verdienst der Meraner Festspiele, dass durch unsere Initiative neue Theaterliteratur in unserem Land entsteht, die inzwischen auch von Fachleuten als großartige Werke angesehen werden. Das trifft vor allem auf die Uraufführung des Schauspiels „Die Widerspenstigen“ zu. Als Meraner Festspiele fördern wir aber nicht nur die Entstehung dieser Werke, sondern schaffen auch gleichzeitig die Gelegenheit, dass Menschen in unserem Land diese Werke auch tatsächlich auf der Bühne sehen und erleben können. Das ist einmalig.

Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Arbeit von den Kulturverantwortlichen unseres Landes auch entsprechend gewürdigt wird?


Genetti: Ich glaube, das muss differenziert gesehen werden. Es gibt Institutionen wie z. B. die Stiftung Sparkasse oder die Region Trentino Südtirol, die schon früh erkannt haben, dass hier wertvolle Kulturarbeit geleistet wird und sie auch unterstützt. Das Landeskulturamt ist aufgrund seiner Entscheidungsstruktur noch etwas verhaltener. Insgesamt würde ich allerdings sagen, dass diese 5 erfolgreichen Jahre der Meraner Festspiele gezeigt haben, dass es in unserem Land viele Menschen gibt, die den Wert unserer Arbeit schätzen.

Nun ist es bei zeitgenössischen Stücken ja so, dass vieles nach der Uraufführung wieder verschwindet, wie ist das bei den Werken, die bei den Meraner Festspiele uraufgeführt werden?

Genetti: Alle unsere Uraufführungen wurden inzwischen von großen österreichischen Verlagen übernommen. Das ist der bekannte Thomas Sessler Verlag in Wien, der die Film- und Aufführungsrechte der Stücke vertritt, und der Universitätsverlag Michael Wagner in Innsbruck, der die Stücke als Buchpublikationen auf den Markt bringen wird. Dieses Interesse der großen Verlage in Österreich an den uraufgeführten Werken der Meraner Festspiele spricht für sich.

Durch die Meraner Festspiele sind in den letzten Jahren aber nicht nur neue Stücke uraufgeführt worden, sondern auch viele junge Talente entdeckt worden.

Genetti: Ich würde sagen, die Meraner Festspiele haben sich in diesen Jahren zu einer wahren Talenteschmiede entwickelt. Es gibt eine ganze Reihe von jungen Menschen, die durch die Meraner Festspiele auf ihr Talent aufmerksam machen konnten. Angefangen von Rita Kröss, der jungen Kostümbildnerin, für die es eine wichtige Station in ihrer Karriere war. Bis hin zu den vielen schauspielerischen Talenten, die hier entdeckt und gefördert werden. Ich denke dabei an so begabte Darsteller wie Max Tschager (Lana), Horst Ortler, Valentina Mölk, Sabrina Waldner (Meran), Karin Lintner (Terlan), Ruth Kofler (Naturns), Robert Bernardi (Marling), Lisa Priller (Algund), Horst Saller (Schlanders) oder Leonie Vitroler (Brixen). Alle diese Südtiroler Schauspieltalente konnten bei den Meraner Festspielen mit professionellen Regisseuren arbeiten und ihr Talent vor einem größeren Publikum unter Beweis stellen.

Gibt es auch hinter der Bühne Talente, die durch die Meraner Festspiele entdeckt wurden?

Genetti: Und wie! Sandra Spinell wie auch Harald Rechenmacher, beides großartige Südtiroler Organisationstalente mit technischer Begabung, wie man sie nur selten findet. Maria Kralik (Meran), unsere Maskenbildnerin, die bereits seit Jahren immer wieder junge Talente mitbringt und gleichzeitig ausbildet, Marco Diana (Schlanders) ein Vollblutmusiker und feinfühliger Theaterkomponist. Alle diese Südtiroler Talente konnten bei den Meraner Festspielen zeigen, was für ein Talent in ihnen steckt.

Sollte sich Kultur in unserem Land mehr mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen?

Genetti: Vom Besuch einer Aufführung erwarte ich mir, dass sie mir etwas sagt, eröffnet, vermittelt. Als Meraner Festspiele haben wir ein Publikum, von denen viele Kilometer weit fahren, um sich unsere Uraufführungen anzuschauen. Solche Fahrten macht man nicht, wenn einen nicht wirklich etwas Einmaliges geboten wird. Da braucht es schon mehr als Unterhaltung. Alle großen Theaterautoren der Literaturgeschichte haben Stücke geschrieben, die uns bis heute viel zu sagen haben.

Die Meraner Festspiele stehen unter der Schirmherrschaft der Europaregion Tirol. Wie kam es dazu?

Genetti: Das Anliegen der Europaregion Tirol war schon immer auch unser Anliegen. Wir hatten auch schon immer interessante Schauspieler aus Nord- und Südtirol. Wenn Sie so wollen, schaffen wir über die Kultur und die Zusammenarbeit im Ensemble diese Verbindung zwischen den Regionen, wie sie die Europaregion Tirol mit ihren vielfältigen Projekten anstrebt.

Herr Genetti, Sie sind als Präsident der Meraner Festspiele Mitinitiator der Initiative für Ur- und Erstaufführungen. Als Sie damit begonnen haben, waren Sie grade mal 25 Jahre alt und damit wahrscheinlich einer der jüngsten Vereinspräsidenten in unserem Land. Was sind ihre Ziele? Und wie wird es mit den Meraner Festspielen weitergehen?

Genetti: Ich wünsche mir, dass die Meraner Festspiele auch die nächsten Jahre noch weitere Uraufführungen zeigen können, dass dadurch viele neue, großartige Werke entstehen, wie das bei den Theaterstücken wie „Die Präsidenten“, „Die Wölfe“ oder „Die Widerspenstigen“ geschehen ist. Ich wünsche mir aber auch, dass sich einige Verantwortungsträger im Kulturbereich unseres Landes vielleicht auch mal eine der Aufführungen ansehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen über die Freilichtinitiative für Ur- und Erstaufführungen der Meraner Festspiele finden Sie hier.

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stol

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