Sonntag, 12. November 2023

Rezept für erfolgreichen Chor: „Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Spaß“

Samuel Runggaldier ist der Chorleiter des „Cor di Jëuni Gherdëina“. Erst kürzlich hat der Grödner Jugendchor in Schweden bei einem Wettbewerb 2 Medaillen gewonnen. Im Sonntagsgespräch erklärt Runggaldier, weshalb der Chor so erfolgreich ist, was Chöre in Zukunft erwartet und wie er als Sozialbetreuer zum erfolgreichen Dirigenten wurde.

Der Chorleiter Samuel Runggaldier beim Dirigieren seines Chors.

STOL: Herr Runggaldier, der „Cor di Jëuni Gherdëina“ hat in Schweden eine Gold- und eine Silbermedaille gewonnen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?
Samuel Runggaldier: Ich bin überglücklich, insbesondere mit der Goldmedaille in der Kategorie „Spirituals“. Für mich steht jedoch die Freude am Singen, die Begegnung mit anderen Chören und die Erfahrung eines Wettbewerbs im Vordergrund. Der Vergleich mit anderen Chören und die Möglichkeit, Ideen von ihnen zu übernehmen, sowie die wertvollen Tipps von den Juroren sind für mich von großer Bedeutung. Die stärkere Bindung zwischen den Chormitgliedern durch Proben, Konzerte und die Reise ist mir besonders wichtig, und ich bin außerordentlich stolz auf meine Sänger.


Der „Cor di Jëuni Gherdëina“ bei einem Auftritt in der Pfarrkirche von St. Ulrich.




STOL: Wie macht man einen Chor aus Freiwilligen so erfolgreich?
Runggaldier: Die richtige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Spaß im Chor ist entscheidend. Ich glaube, das ist eine unserer Stärken. Vor Auftritten nehmen alle Sänger die Situation sehr ernst und geben ihr Bestes, aber wir genießen es auch, ausgelassen zu feiern. Die Motivation der Sänger, freiwillig zu den Proben zu kommen und Spaß an der Teilnahme zu haben, ist entscheidend.


Die Motivation und die Freude am Singen sind für mich entscheidender als vorherige Erfahrung.
Samuel Runggaldier



STOL: Wie werden Ihre Sänger ausgewählt?
Runggaldier: Die Anzahl der Sänger hängt vom jeweiligen Projekt ab. Normalerweise begrenzen wir sie auf 50 bis 60 Sänger, um Logistik und Raumkapazitäten zu berücksichtigen. Erfahrene Chorsänger, Notenleser oder talentierte Stimmen werden natürlich zuerst gefragt, aber auch Chormitglieder ohne Chorerfahrung sind willkommen. Bei diesem Projekt haben wir jeden aufgenommen, der sich gemeldet hat. Es ist mir außerdem wichtig, eine ausgewogene Geschlechterverteilung im Chor zu haben, um einen harmonischen Gesamtklang zu gewährleisten. Die Motivation und die Freude am Singen sind für mich entscheidender als vorherige Erfahrung.


Samuel Runggaldier beim Dirigieren des Chors.




STOL: Andere Chöre suchen händeringend nach Nachwuchs, Ihrem Chor hingegen rennen die Sänger die Tür ein. Woran liegt das?
Runggaldier: Ich glaube, unsere Vielfalt und Abwechslung in der Musik, unser lockeres, dennoch anspruchsvolles Niveau sowie die starke Gemeinschaft und der Spaß, den wir teilen, sind wahrscheinlich Gründe dafür. Die tolle Zusammenarbeit zwischen jungen 18-Jährigen und etwas erfahreneren Sängern über 40 ist ebenfalls etwas Besonderes in unserem Chor. Bei uns spielt das Alter keine große Rolle, denn die Begeisterung fürs Singen und die Freude an der Musik verbinden uns unabhängig von der Generation.


Ich sehe das Chorleben als eine Art Freizeitgestaltung an.
Samuel Runggaldier



STOL: Sie als Chorleiter tragen maßgeblich zum Erfolg des Chors bei. Seit wann machen Sie den Job und wo haben Sie ihn gelernt?
Runggaldier: Ich bin seit 2005 Chorleiter, zunächst beim Jugendchor St. Christina und seit 2009 beim Jugendchor Gröden. Seit 2013 leite ich außerdem den Männerchor „Sasslong“ in St. Christina und habe in den letzten Jahren an einigen Projekten mit dem Ensemble Gherdëina als Chorleiter mitgewirkt. Ich habe eine 3-jährige Ausbildung an der Kirchenmusikschule absolviert und einige zusätzliche Kurse, darunter auch in Südafrika mit dem Dirigenten Christo Burger, um das Chorleiten zu erlernen. Großteils habe ich das Chorleiten jedoch autodidaktisch gelernt und viel von meinem Vater gelernt, der selbst jahrelang Chorleiter des Männerchores und auch Gründer des Jugendchores St. Christina war.


Samuel Runggaldier stimmt den Chor an.




STOL: Neben den vielen Chören müssen Sie aber auch noch arbeiten. Wie bringen Sie die beiden Tätigkeiten unter einen Hut und bleibt Ihnen dann überhaupt noch Freizeit?
Runggaldier: Ich arbeite hauptberuflich seit 19 Jahren als Sozialbetreuer im Hauspflegedienst des Sozialsprengels Gröden, und in der Hochsaison arbeite ich als Taxifahrer am Wochenende. Meine Freizeit verbringe ich gerne in der Natur, betreibe Fotografie und Videografie mit Drohnen, fliege gerne FPV-Drohnen und singe in einem Vokalquartett namens VOXacord. Dank der liebevollen Unterstützung meiner Frau Chiara bin ich in der Lage, alle meine Aktivitäten gut zu koordinieren, obwohl mir nicht viel Freizeit bleibt. Dennoch sehe ich das Chorleben als eine Art Freizeitgestaltung an.

STOL: Was macht Ihnen am Chor so viel Spaß?

Runggaldier: Die Musik, die wunderbare Gemeinschaft und die großartigen Menschen.


Die Freude war nach dem Wettbewerb in Schweden groß. - Foto: © Cor di Jëuni Gherdëina




STOL: Wird es in Zukunft noch immer Chöre mit solch einer Motivation geben oder sind die Tage des Chorwesens gezählt?
Runggaldier: Ich glaube, dass es für Chöre mit ganzjährigen Programmen immer schwieriger wird, neue Mitglieder zu finden, da sich die Zeiten geändert haben. Viele talentierte Sänger sind in mehreren Vereinen aktiv, und berufliche Verpflichtungen machen es schwierig, sich einem festen Verein anzuschließen. Dennoch denke ich, dass Projektchöre, die zeitlich begrenzte Projekte durchführen, immer gefragt sein werden.

STOL: Was steht für den Chor als Nächstes an?
Runggaldier: Der nächste und letzte Termin für dieses Projekt ist das „Klöckelnacht“-Singen, eine Tradition in der Adventszeit, bei der wir von Haus zu Haus ziehen und um Spenden bitten, um unsere Vereinskosten zu decken. Es gibt bereits einige Ideen und Vorschläge für zukünftige Projekte unter den Sängern, aber letztendlich wird der neue Vorstand, der bei der nächsten Generalversammlung gewählt wird, darüber entscheiden, wie es mit dem Chor weitergeht.

teo

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