Sonntag, 3. September 2023

Söder will Aiwanger trotz Vorwürfen im Amt belassen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält trotz der Vorwürfe rund um ein antisemitisches Flugblatt an seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) fest. Eine Entlassung wäre aus seiner Sicht nicht verhältnismäßig, sagte Söder am Sonntag in München. Der CSU-Chef übte allerdings Kritik an Aiwangers Krisenmanagement. Söder beteuerte zugleich, an der Koalition mit den Freien Wählern festhalten zu wollen. „Es wird definitiv in Bayern kein Schwarz-Grün geben.“

Markus Söder (rechts) hält an seinem Vize Hubert Aiwanger (links) fest. - Foto: © APA/dpa / Stefan Puchner

Die bayrische Staatsregierung veröffentlichte am Sonntag unmittelbar nach der Pressekonferenz die von Söder gestellten 25 Fragen an Aiwanger sowie dessen Antworten. Gegen den Freie-Wähler-Chef waren seit mehr als einer Woche immer neue Vorwürfe laut geworden.

Fragenkatalog beantwortete Aiwanger bis Freitagabend schriftlich

Am Samstag vor einer Woche hatte er zunächst schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf erklärte Aiwangers älterer Bruder, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Am Donnerstag entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich. Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über, beklagte eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei - was ihm sofort neue Vorwürfe etwa des Zentralrats der Juden einbrachte. Den Fragenkatalog beantwortete Aiwanger dann bis Freitagabend schriftlich.

Söder: „Langes Gespräch mit seinem Vize geführt“

Söder sagte am Sonntag, er habe zudem ein langes Gespräch mit seinem Vize geführt. Aiwangers Krisenmanagement sei „nicht sehr glücklich“ gewesen. Dieser hätte die Vorwürfe früher, entschlossener und umfassender aufklären müssen, sagte Söder. Die Entschuldigung und Distanzierung Aiwangers sei zwar spät, aber nicht zu spät gekommen. Nun müsse Aiwanger verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und etwa Gespräche mit jüdischen Gemeinden suchen, forderte Söder.

In Gesamtabwägung wäre eine Entlassung aus dem Amt nicht verhältnismäßig

Der Ministerpräsident erklärte, es sei um schwere Vorwürfe gegangen. Das Flugblatt sei „besonders eklig, widerwärtig, menschenverachtend und absoluter Nazi-Jargon“. Er habe genau abgewogen und ein faires Verfahren finden wollen.

Ihm sei wichtig gewesen, nicht allein aufgrund von Medienberichten entscheiden und keine Vorverurteilung vornehmen zu wollen, sagte Söder. In der Gesamtabwägung wäre eine Entlassung aus dem Amt aus seiner Sicht nicht verhältnismäßig.

Seine Entscheidung begründete Söder im Wesentlichen mit 5 Punkten: „Erstens, er hat in seiner Jugend wohl schwere Fehler gemacht, das auch zugestanden. Er hat sich dafür zweitens entschuldigt, davon distanziert und auch Reue gezeigt.“

Drittens: „Ein Beweis jedoch, dass er das Flugblatt verfasst oder verbreitet hat, gibt es bis heute nicht, dagegen steht seine ganz klare Erklärung, dass er es nicht war. Viertens: Seit dem Vorfall von damals gibt es nichts Vergleichbares. Fünftens: Das Ganze ist in der Tat 35 Jahre her. Kaum einer von uns ist heute noch so wie er mit 16 war“, erklärte der Ministerpräsident.

dpa

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