Donnerstag, 22. Juni 2023

Harsche Kritik an Julia Unterberger – „Das Absurdeste der Veranstaltung“

Berlusconi als „Schaden für alle Frauen Italiens“, ein Regelbrecher, dessen einzig Nettes seine Hunde waren: Julia Unterberger hat sich bei der Gedenkfeier für den Ex-Premier im Senat derart im Ton vergriffen, dass sogar Landeshauptmann Arno Kompatscher – nach einem Anruf eines „fuchsteufelswilden“ Außenministers Tajani – auf Distanz geht. Allemal wurde bei der Regierungspartei Forza Italia, die man ständig in Rom und bald bei der EU-Wahl braucht, Porzellan zerschlagen – was ein Nachspiel in der SVP-Leitung haben wird.

Julia Unterberger (im Bild) hat sich bei der Gedenkfeier für Ex-Premier Silvio Berlusconi derart im Ton vergriffen, dass sogar Landeshauptmann Arno Kompatscher auf Distanz geht. - Foto: © APA/afp / ALBERTO PIZZOLI

Die Abwesenheit der Landesregierung bei Silvio Berlusconis Beisetzung hätte der SVP beinahe die Mehrheit im Landtag gekostet. (Hier lesen Sie mehr dazu.) Doch die Wogen mit Forza Italia sind kaum geglättet, da versetzt Julia Unterberger der Regierungspartei einen Tritt ans Schienbein.

Berlusconis Liebe zu seinen Hunden

Vor laufenden Kameras erklärte sie bei der Gedenkfeier für Berlusconi im Senat, dass die deutsche Welt nie verstanden habe, wie man Berlusconi 4 Mal zum Premierminister wählen konnte. Dieser müsse das Allgemeininteresse im Auge haben, was bei Berlusconi nicht der Fall war. Dieser habe sich liberal genannt, was für ihn aber bedeutet habe, sich nicht an Regeln zu halten, so Unterberger.

„Keiner kann sich an eine große Reform in seinen 10 Jahren als Premier erinnern.“ Patriarchalisches Auftreten und galante Abendessen hätten das Ansehen der Frauen in Italien stark beschädigt. Sie habe ihn zwar nie kennengelernt, aber seine „Liebe zu seinen Hunden, die ihn ständig umgaben“ habe sie als Tierfreundin gerührt.

Dorfmann: „Das war die absurdeste Rede der Veranstaltung“

„Die liebe Frau Unterberger hat sich total im Ton vergriffen. Bei einer Gedächtnisstunde kann man Kritik anders ausdrücken. Das war die absurdeste Rede der Veranstaltung“, so EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann. „Das einzig Positive nach 10 Jahren Regierung waren seine Hunde? Ich schäme mich für meine Partei. So etwas tut man mit halbwegs Bildung nicht“, so Dorfmann. Jeder solle sich überlegen, ob er so auf einer Trauerfeier reden würde: „Ich nicht und ich hoffe auch nicht meine Partei, denn sonst habe ich die Schnauze voll.“

Achammer: „Unpassend und unnötig“

Diesmal wartete die SVP nicht zu. „Noch am Abend rief mich Obmann Achammer an und kündigte ein Nachspiel in der SVP-Leitung an“, sagt FI-Koordinator Carlo Vettori. Offiziell setzt es Rüffel für Julia: „Niemand muss Berlusconi verherrlichen, aber in einer Gedenkstunde war dies unpassend und unnötig“, stellt Philipp Achammer klar.

Denn: Unterbergers Rede im Senat wurde mehrfach von empörten Zurufen von Mitte-Rechts unterbrochen. „Fuchsteufelswild“, so wird kolportiert, habe FI-Boss und Außenminister Antonio Tajani anschließend Achammer und Arno Kompatscher angerufen. Um 23 Uhr sah sich selbst der Landeshauptmann genötigt, auf Distanz zur Getreuen Unterberger zu gehen.

Kompatscher: „Unangemessen und unangebracht“

Deren Aussagen waren „unangemessen und in einer Gedenkstunde unangebracht“, so Arno Kompatscher. In der Regierungszeit Berlusconis habe es zwar immer wieder Stillstand gegeben. „Aber auch bedeutende Momente, wie das Mailänder Abkommen 2009, das heute noch grundlegend für Südtirols Finanzautonomie ist“, stellt Arno Kompatscher klar.

Suche nach Verbündeten

Denn: „Wo will man in Rom noch Verbündete haben, wenn man alle so anfetzt? Bei Elly Schlein oder Conte?“, bringt es Dorfmann auf den Punkt. In einigen Monaten braucht die SVP eine große italienische Partei als Partner, um einen EU-Parlamentarier zu stellen. Vor 5 Jahren hieß der Partner Forza Italia.

Doch man braucht gar nicht in Monaten zu denken. Die SVP braucht Forza Italia als derzeitige Regierungspartei bei allen Initiativen in Rom. Das Land verhandelt mit der Regierung um eine Wiederherstellung seiner verlorenen Kompetenzen.

Gestern ging es auf der Konferenz Staat/Regionen u.a. um mehr Autonomie für Regionen mit Normalstatut. Da diese die Zuständigkeit für den Umweltschutz erhalten, fordert Südtirol sie für sich ein. Zudem bastelt man erneut an einer Einvernehmensklausel für die Abänderung des Autonomiestatuts. Der Weg führt über einen Notenwechsel Rom/Wien und damit Tajani.

Das sagt Julia Unterberger zur Kritik an ihrer Person

Julia Unterberger versteht die Aufregung nicht. „Es war keine Trauerfeier am offenen Grab. Meine Rede schien mir nicht so hart.“ Man hätte viel Ärgeres über Berlusconi sagen können. „Ich aber habe weder Naheverhältnis zu Diktatoren, Gesetze ad personam, Strafprozesse oder Geschichten mit Minderjährigen erwähnt“, so Unterberger.

Dass selbst der Landeshauptmann sich von ihrem Auftritt distanziert, bezeichnet sie als „Realpolitik“. Forza Italia zelebriere Berlusconi, um nicht auseinanderzubrechen. „Alle haben Arno unter Druck gesetzt. Er braucht Forza Italia und da hat er eine Güterabwägung vorgenommen, was wichtiger ist“, so Unterberger.

bv/stol

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