Samstag, 22. Juli 2023

Auf der Alm da ist was los

„Wenn das so weitergeht, hat die Almwirtschaft keine Zukunft“, diesen Satz hört man immer wieder von Viehzüchtern. Geht es um die Zukunft der Südtiroler Bergwelt sollten wir allerdings über mehr als nur Bär und Wolf nachdenken. Ein Kommentar von STOL-Redakteur Philipp Trojer.

Zur Ruhe kommen, abschalten und genießen: Vielerorts ist das selbst in den Bergen ganz schön schwierig geworden. - Foto: © Shutterstock / shutterstock

Von:
Philipp Trojer
Idyllische Ruhe, frische Bergluft, nur der Wind der einem um die Nase weht, ein Bächlein plätschert sanft vor sich hin und irgendwo in der Ferne hört man das Läuten der Kuhglocken von den Berghängen widerhallen. So könnte eine Szene aus einem Werbespot aussehen, der noch ein paar mehr Touristen nach Südtirol locken soll.

Ich liebe Südtirols Berg- und Almlandschaft. Wenn ich dort unterwegs bin, komme ich zur Ruhe, tanke Energie in der Natur und tue auch noch etwas für meine Fitness, wenn ich bergauf ordentlich ins Schwitzen komme. Wenn man vom Tal hinaufsteigt, bleibt der Alltag unten. Probleme die unten ganz groß sind, werden oben plötzlich viel kleiner. Das klingt wie ein Klischee aus einem Volkslied – trifft aber zumindest für mich tatsächlich zu.

In letzter Zeit hat Südtirols Bergwelt allerdings für mich etwas von ihrem Zauber verloren – leider. Die Idylle dort oben ist gestört und das hat mehrere Gründe.

Der Umgang mit den großen Räubern ist zwar ein Problem, sie sind aber nicht die einzigen, die die Ruhe auf der Alm stören.
Philipp Trojer, STOL-Redakteur


Die Unruhestifter sind nur all zu schnell ausgemacht: Bär und Wolf sind schuld. „Dass wir den Wolf wieder wegbekommen, ist wohl unmöglich, aber wir müssen endlich einen Umgang mit diesen Raubtieren finden“, hat mir kürzlich ein Bauer gesagt, der auf einen Schlag die Hälfte seiner Herde verloren hat. Da hat er recht. Doch die Realität zeigt, dass dieses Vorhaben leichter gesagt als getan ist.

Der Umgang mit den großen Räubern ist zwar ein Problem, sie sind aber nicht die einzigen, die die Ruhe auf der Alm stören. Los geht es schon im Tal beim Wettstreit unter Einheimischen und Touristen, um die besten Parkplätze. Auf den Wegen ärgern sich dann die Wanderer über die rücksichtslosen Biker und die Biker schimpfen über die Wanderer, die ihnen bei der Abfahrt im Weg stehen. Der Wettstreit um die besten Plätze geht auf den Almhütten in die zweite Runde, wenn man überhaupt einen Platz bekommt. Nach dem Wettlauf zu den besten Aussichtspunkten muss man Schlange stehen für einen kurzen Blick nach unten und das obligatorische Erinnerungsfoto für die Sozialen Medien.

Zur Ruhe kommen, abschalten und genießen: Vielerorts ist das selbst in den Bergen ganz schön schwierig geworden. Es gibt das magische Naturerlebnis in Südtirol noch, man muss nur viel mehr danach suchen und abseits der ausgelatschten Wege gehen.

„Wenn das so weitergeht, hat die Almwirtschaft keine Zukunft“, diesen Satz hört man immer wieder von Viehzüchtern. Geht es um die Zukunft der Südtiroler Bergwelt sollten wir allerdings über mehr als nur Bär und Wolf nachdenken.

Weitere Kommentare und Analysen finden Sie hier unter der Rubrik „Meinung und Debatte“.

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