Freitag, 8. September 2023

Nach Urteil: „Hoffe, dass die Verwaltung nicht mehr Brechstange auspackt“

Nun steht fest: Der Bußgeldbescheid wegen der Nichteinhaltung der Abschusspläne gegen den Ultner Jagdrevierleiter Andreas Breitenberger ist annulliert. Und die Abteilung Forstwirtschaft unter der Leitung von Direktor Günther Unterthiner muss ihm auch die Prozesskosten erstatten. Dieses Urteil hat am Freitag Zivilrichter Francesco Laus am Bozner Landesgericht gefällt.

Im Jagdrevier Ulten war die Abschussquote 2021 nicht erfüllt worden, deshalb stellte das Land eine Verwaltungsstrafe gegen den Revierleiter aus. Das Gericht hat diesen Bußgeldbescheid nun annulliert. - Foto: © Silvestris-Danegger

Damit endet ein Verfahren, das Breitenberger laut seinem Anwalt Martin Ganner und dem Südtiroler Jagdverband hätte erspart bleiben können: Breitenberger war nämlich noch gar nicht Jagdrevierleiter von Ulten, als die Abschussquote nicht erfüllt wurde.

Zur Erinnerung: Weil das Revier Ulten 2021 nicht 85 Prozent des Schalenwild-Abschussplans (Rot-, Reh- und Gamswild) erfüllt haben soll, wurde Revierleiter Andreas Breitenberger vom Land zu einer Strafe von 18.600 Euro verdonnert. Erhoben wurde die Strafe, nachdem Experten des Landes entsprechend große Verbissschäden im betroffenen Jagdrevier festgestellt haben wollten. (STOL hat berichtet.)

Muss die Prozesskosten erstatten: Die Abteilung Forstwirtschaft unter der Leitung von Direktor Günther Unterthiner (im Bild).


Ursprünglich hatte sich die Summe der – erhöhten und laut dem entsprechenden Artikel im Landesjagdgesetz maximalen – Verwaltungsstrafe auf rund 18.600 Euro belaufen. Nachdem Breitenberger der Forstabteilung seine Einwände gegen den Bußgeldbescheid hatte zukommen lassen sowie angesichts der Tatsache, dass der entsprechende Gesetzesartikel bislang noch nie Anwendung gefunden hatte, reduzierte das Land diese Summe auf 9271,64 Euro. Diese entspreche dem vom Land festgestellten Verbissschaden. Dagegen legte Breitenberger am Bozner Landesgericht Einspruch ein – der Direktor der Forstabteilung des Landes ließ sich in der Folge in das Zivilverfahren ein.

Forstabteilung muss Rekursspesen erstatten

Breitenbergers Anwalt Ganner beanstandete u. a., dass sein Mandant für die Nichteinhaltung der Abschusspläne im Jahr 2021 nicht verantwortlich gemacht werden könne, zumal er erst im Jahr 2022 zum Jagdrevierleiter von Ulten gewählt wurde.

Darüber hinaus waren sich ein von Ganner beauftragter und ein weiterer, vom Südtiroler Jagdverband beauftragter Gutachter einig, dass das Land Richtlinien zur Feststellung der Verbissschäden herangezogen hatte, die nicht geeignet seien, um die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheids zu begründen. Detail am Rande: Die Richtlinien stammen aus dem Jahr 1997 und sind seither unverändert geblieben.

Den Termin für die Urteilsverkündung hatte Einzelrichter Francesco Laus für den 7. Dezember dieses Jahres angesetzt – er wurde aber vorgezogen. Mit dem nun verlesenen Urteil gab Richter Laus Breitenberger Recht und verurteilte die Forstabteilung des Landes zur Annullierung des Bußgeldbescheids sowie zur Übernahme der Prozesskosten des Rekursstellers.

„Das Verfahren hat dem Steuerzahler viel Geld gekostet“, sagt Rechtsanwalt Martin Ganner. - Foto: © OLVER OPPITZ PHOTOGRAPHY

„Ein kleiner Sieg fürs Ehrenamt“

Das Urteil überrascht weder Ganner noch Benedikt Terzer, Geschäftsführer des Südtiroler Jagdverbands – beide sind sich einig, dass man das Verfahren hätte vermeiden können. Der Richter verpflichtete die Abteilung Forstwirtschaft von Direktor Günther Unterthiner dem Revierleiter sämtliche Verfahrenskosten zu ersetzen, die sich auf rund 4000 Euro bemessen. Bedauerlich findet Ganner vor allem, dass nun de facto der Steuerzahler die Kosten des Verfahrens tragen muss – „weil sich Politik und Verwaltung selbstständig machen“.

Benedikt Terzer bezeichnet das Urteil als kleinen Sieg für das Ehrenamt. - Foto: © fm


Es sei immerhin ein kleiner Sieg fürs Ehrenamt – „und ein wichtiges Signal für die Jagdrevierleiter, die sich große Sorgen gemacht haben“, so Terzer, aber auch ein Signal an die „wenigen Hardliner-Beamten.“ Er hoffe nun, dass die öffentliche Verwaltung nicht mehr „die Brechstange auspacken“ werde, aber auch, dass es nicht zu einer Verhärtung der Fronten komme. „Wir sind alle Partner, wir sind alle involviert und müssen zusammenarbeiten.“

Auch der Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber zeigte sich empört: „Wo sind wir denn gelandet, wenn sich Südtirols ehrenamtliche Revierleiter gegen das Land vor Gericht verteidigen müssen?“, fragt Leiter Reber.

„Ohne die rund 6000 Jäger und Jägerinnen die für eine waldverträgliche Wildregulierung sorgen und den Erhalt von Lebensräumen gesunde Wildbestände garantieren wäre es um unsere Wälder und landwirtschaftlichen Kulturen schlecht bestellt. Die Landesregierung und ihre Ämter täten deshalb gut daran sich intensiver mit den Revierleitern und Jägern über die oft schwierige Erfüllung der Abschusspläne auszutauschen anstatt Strafen auszustellen“, fordert Leiter Reber.

Bei Andreas Leiter Reber (im Bild) sorgt die Anklage gegen den ehrenamtlichen Revierleiter für Kopfschütteln. - Foto: © DLife/LO


Südtirols Reviere seien sehr unterschiedlich und dem zunehmenden Druck des Rotwilds sei in einigen Landesteilen mit der heutigen Methodik kaum noch standzuhalten. Wenn zu den politischen Versäumnissen beim Borkenkäfer auch noch Versäumnisse bei der Rotwildregulierung dazukämen, dann werde es nicht nur hässlich auf unseren Bergen, sondern aufgrund des fehlenden Schutzwalds auch gefährlich für die Bevölkerung. Es bleibe zu hoffen, dass dieses Urteil wegweisend für die noch laufenden Rekurse der anderen Jagdreviere ist, hält der Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen fest.

Andreas Breitenberger ist seit 2022 Jagdaufseher des Reviers Ulten weswegen - ohne auf die weiteren Einwände und Anträge einzugehen - Richter Francesco Laus den Strafbescheid des Landes bereits aus diesem Grund annullierte: Breitenberger hätte für die Erfüllung des Abschussplans 2021 ohnehin nicht sorgen können.

mic

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