Samstag, 16. März 2024

Ex-ORF-Generalintendant Teddy Podgorski gestorben

Chefreporter, Sportchef und schließlich Generalintendant: Der Wiener Thaddäus „Teddy“ Podgorski lernte den ORF aus vielen Positionen kennen. Dabei zeichnete er für zahlreiche Erfolgsformate wie „Universum“, „Bundesland heute“ und „Seitenblicke“ verantwortlich. Abseits des ORF begegnete man dem Fernsehpionier auch als Operetten-„Frosch“ und Josefstadt-Regisseur. Heute, Samstag, Nacht ist er im Alter von 88 Jahren gestorben, wie der ORF einen Bericht des „Standard“ bestätigte.

Erfinder von "Universum" und "Bundesland heute". - Foto: © APA/GEORG HOCHMUTH / GEORG HOCHMUTH

„Der Tod von Thaddäus Podgorski macht mich zutiefst betroffen“, trauert ORF-Generaldirektor Roland Weißmann in einer Aussendung. Podgorski habe den ORF wie sonst kaum ein anderer gekannt und mit dem Ausbau des 3sat Programmes, der TV-Regionalisierung und den zahlreichen Volksgruppensendungen „wesentliche Säulen für einen starken ORF errichtet“. In einer ersten Reaktion würdigte „ZiB 2“-Anchorman Armin Wolf den Verstorbenen auf X (vormals Twitter) als „genialen Geschichtenerzähler“.

Geboren wurde Judas Thaddäus Podgorski, so der geschichtsträchtige, vollständige Name des späteren Allrounders, am 19. Juli 1935 in Wien als Sohn eines adeligen polnischen Ulanenoffiziers, der nach italienischer Kriegsgefangenschaft in Österreich sesshaft geworden war. Nach der Matura am Stiftsgymnasium Admont (Steiermark) studierte er in Wien sechs Semester Kunstgeschichte und Germanistik. Bereits 1953 begann er dann als Nachrichtensprecher und Reporter beim Sender Rot-Weiß-Rot. 1955 wechselte er in den Aktuellen Dienst des neu gegründeten ORF-Fernsehens und wurde schon bald Leitender Redakteur der „Zeit im Bild“, deren Namen auf ihn zurückgeht. Dabei hätte er sich den Namen damals kaum vorzuschlagen getraut, „weil er so altvaterisch klingt“, erinnerte sich Podgorski in einem Interview. Der Fernsehchef war auch nicht sonderlich begeistert davon, beließ ihn aber einstweilen, bis man einen besseren gefunden habe. „Und wie man sieht. Ein österreichisches Provisorium hält lange“, schmunzelte Podgorski.

Mehrmals zog er mit Berichten den Ärger seiner Vorgesetzten auf sich. Nach einer kritischen Reportage aus Teheran im Vorfeld eines geplanten Staatsbesuchs wurde er zwischenzeitlich gar rausgeworfen. Für seine Bemerkung in einem Live-Bericht zu den Salzburger Festspielen, wonach die Bürger ins Theater gingen und die Hippies Joints rauchten, wurde er suspendiert. „Ich brauche keinen Bert Brecht im aktuellen Dienst“, soll der damalige ORF-Generalintendant Gerd Bacher gewettert haben.

1967 wurde Podgorski nichtsdestotrotz zum Chefreporter befördert und sollte bald für zahlreiche Erfolgsformate verantwortlich zeichnen. Er entwarf erfolgreiche Sendungen wie „Sportpanorama“, „Seitenblicke“ und „An den Boxen“. 1972 avancierte er zum TV-Sportchef des ORF - eine ideale Position für den Sportbegeisterten, der auch als Amateurboxer, Rennfahrer, Flieger, Reiter, Radrennfahrer und Liebhaber englischer Oldtimer bekannt geworden ist. Er verblieb auf der Stelle bis zu seiner Bestellung zum ORF-Generalintendanten 1986. Daneben stand er für die Sendungen „Seinerzeit“ und „Jolly Joker“ regelmäßig vor der Kamera. Hinzu kamen Abstecher ins Schauspielfach (etwa als Gestapo-Agent Pfalzner in „Der Bockerer“) und Buchveröffentlichungen wie „Mohammed Ali“, „Muskeln auf Papier“, das Olympiabuch „Innsbruck und Montreal“ und „Geschichten aus dem Hinterhalt“ voll mit Anekdoten.

In seinen 4 Jahren Amtszeit als ORF-Chef trieb Podgorski nicht nur die TV-Regionalisierung voran, sondern schloss auch erstmals wichtige Verträge mit den Rundfunkanstalten Osteuropas. Podgorski zeichnete für die Einführung der Lokalisierung und der Bundesländersendung „Bundesland heute“ ebenso verantwortlich wie für die Etablierung der Volksgruppensendungen sowie „Heimat, fremde Heimat“. Die bis heute erfolgreiche Reihe „Universum“ sowie der Ausbau der Programme für den öffentlich-rechtlichen Gemeinschaftssender 3sat gehen ebenfalls auf sein Konto. Über das Verhältnis von ORF zur Politik hielt er einst fest, dass man mit vielen Forderungen von Rot als auch Schwarz konfrontiert werde, man für Gebührenerhöhungen „wirklich als Knecht mit dem Hut in der Hand“ in tiefer Verbeugung von einem zum anderen gehen müsse. Viele geäußerte Vorstellungen habe er aber nicht erfüllt, „weil's mir wirklich wurscht war, ob ich wiedergewählt werde“. Er wurde dann auch von Bacher als Generalintendant abgelöst.

Später kannte Podgorski auch mit den Privaten keine Berührungsängste und trat ab 2010 bei Servus TV mit der Talksendung „Im Gespräch mit Teddy Podgorski“ an, für die eigens das Ambiente seines legendären Beisls Gutruf nachgebaut wurde. Aber auch ohne Kamera ist Podgorski dem Publikum in Erinnerung, arbeitete er doch auch als Theaterregisseur und Schauspieler, wenn er etwa im Theater in der Josefstadt oder an den Wiener Kammerspielen inszenierte oder in Produktionen der Staatsoper, der Volksoper und der Seefestspiele Mörbisch mitwirkte.

In seiner Zeit als TV-Allrounder war es ihm stets ein Anliegen, auch spröde Inhalte ansprechend für ein breites Publikum aufzubereiten. Vom Fernsehen zeigte er sich Mitte der 2010er-Jahre allerdings enttäuscht. Das Medium sei „versteinert, überholt“ und „absolut ausgereizt“. Eine Wiederholung folge auf die nächste und die aktuelle Berichterstattung sei im Wesentlichen „Radio mit Bildern“.

Für sein Schaffen wurde Podgorksi in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach ausgezeichnet: 1970 erhielt er die Goldene Kamera für das Magazin „Panorama“. Ein Bambi, ein Sport-Oscar und der Goldene Ring von Lausanne zählen ebenso zu den Trophäen des Programmmachers. 1985 erhielt er das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik und 1998 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. 2017 verlieh ihm das Branchenmagazin „Österreichs Journalist:in“ einen Preis für sein Lebenswerk, da er „über Dekaden der kreative Nabel des ORF“ gewesen sei.

apa

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