Samstag, 23. September 2023

„Gewissen Personengruppen ist von veganer Ernährung abzuraten“

Am kommenden Sonntag findet in Meran ein veganes Festival statt, mit Informationsständen, Musik und natürlich vielen Kostproben. Vegane Ernährung ist vor allem bei jüngeren Generationen immer höher im Kurs, Grund genug um bei der langjährige Ernährungsberaterin Ivonne Daurù nachzuhaken, wie sie diese Ernährungsform beurteilt und was Veganer beachten müssen.

„Der Bedarf an Proteinen bzw. Eiweiß kann dagegen in der Regel mit rein pflanzlichen Produkten sehr gut abgedeckt werden“, Ernährungsberaterin Ivonne Daurù. - Foto: © Shutterstock / shutterstock

STOL: Frau Daurù, wie bewerten Sie vegane Ernährung in Ihrer Eigenschaft als langjährige Ernährungsberaterin?
Ivonne Daurù: Grundsätzlich ist zu sagen, dass essenzielle Nährstoffe bei veganer Ernährungsweise zu kurz kommen, allen voran sind dies Vitamin B12, Kalzium, Eisen, Zink und Omega3-Fettsäuren. Diese Nährstoffe gilt es zu supplementieren, mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln. Um zu erkennen, ob dem Körper etwas fehlt, ist es wichtig, die Blutwerte auf den Vitamin- und Mineralstoffstatus zu kontrollieren. Allerdings ist gewissen Personengruppen von veganer Ernährung abzuraten.

Nährstoffmangel macht vor allem anfälliger für Erkrankungen, Grippen und Abgeschlagenheit.
Ivonne Daurù

STOL: Welchen Personengruppen?
Daurù: Konkret geht es um Kinder und Jugendliche in der Wachstumsphase, Menschen im fortgeschrittenen Alter sowie stillende Mütter und Schwangere. Sie alle sollten von veganer Ernährung absehen, gerade wegen des erhöhten Nährstoffbedarfes. Denn ein Nährstoffmangel macht vor allem die genannten Personengruppen anfälliger für Erkrankungen, Grippen und Abgeschlagenheit. Der Bedarf an Proteinen bzw. Eiweiß kann dagegen in der Regel mit rein pflanzlichen Produkten sehr gut abgedeckt werden.

Ivonne Daurù



STOL: Es gilt also, sich genau zu informieren und alle möglichen Komponenten einer rein pflanzlichen Ernährung zu beachten?
Daurù: Absolut. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht empfehle ich die flexitarische Kost. Für Veganer würde das bedeuten, dass sie ab und zu Eier oder Milchprodukte zu sich nehmen. Betonen möchte ich in dieser Hinsicht auch, dass eine zu starke Fixierung auf das eigene Essverhalten oft mit psychosozialen Folgen einhergeht – es tut einem nicht gut, wenn man im Alltag mehr oder weniger alles der Ernährungsgewohnheit unterordnet.

STOL: Andererseits sollte man sich aber genauer mit Ernährungsfragen befassen, was Vegetarier und Veganer in der Regel auch tun …
Daurù: Selbstverständlich sollte man sich ausreichend mit dem eigenen Essverhalten befassen, dabei auch die Signale des eigenen Körpers wahrnehmen lernen. So kann ich allen auch wärmstens empfehlen, wöchentlich vegane Speisen einzubauen, dabei etwa auf Hülsenfrüchte als Eiweißquelle zu setzen. Das ist sehr gesund.

Ein Umdenken in den Familien.
Ivonne Daurù


STOL: Wie hoch ist Ihren Erfahrungen zufolge dieses Bewusstsein bei den Menschen verankert? Oder anders gefragt: Essen wir durchschnittlich zu viel Fleisch?
Daurù: In dieser Hinsicht lässt sich ein Umdenken in den Familien sicherlich beobachten. Dort wurde der Fleischkonsum zurückgeschraubt. Noch wenig hat sich dagegen in der Gastronomie und vor allem bei Gemeinschaftsverpflegungen, also Mensaküchen, getan. Vielfach ist dort das Angebot an veganen Speisen kaum vorhanden, die oft beschworene Nachhaltigkeit bleibt damit ein Lippenbekenntnis. Um Umstellungen in Angriff zu nehmen, müsste man zuallererst bei Schulungen des Kochpersonals ansetzen.

Letztlich geht es um die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden.
Ivonne Daurù


STOL: Wie groß ist das Interesse an veganer Ernährung, wenn wir diese Frage an Ihrer beruflichen Tätigkeit als Beraterin messen?

Tatsächlich ist die vegane Ernährungsform aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, das Interesse ist also durchaus groß. Das sehe ich beispielsweise bei Workshops mit Jugendlichen: Vor vielen Jahren wurden Veganer noch als Außenseiter abgestempelt, heute sind sie von allen akzeptiert. Das bringt natürlich auch verschiedene Begleiterscheinungen mit sich, mit der Bezeichnung „vegan“ und bestimmten Labels wollen die Hersteller neue Käuferschichten ansprechen und meist sind diese Produkte auch teurer als gleichwertige Produkte. Da gilt es genau draufzuschauen, denn eine dunkle Schokolade ist im Normalfall immer vegan auch wenn auf der Etikette nicht die Bezeichnung „vegan“ steht. Genauso wichtig ist es, auf den Etiketten von Ersatzprodukten zu achten, was für Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker im Produkt enthalten sind. Letztlich geht es um die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden.


az

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