Wenn der Blick nach vorne schwerfällt, hilft ein Blick zurück. Vor 5 Jahren hieß es, selten sei ein Landtagswahlkampf so fad gewesen wie der von 2018. Geradezu zäh. Nichts Neues unter der Sonne, schon gar nicht in Südtirol, wurde geklagt. Die größte Sorge war, dass nicht genügend Menschen zur Wahl gehen – und das, so weiß man in Südtirol, schwächt die Position des Landes gegenüber Rom.
Die Position des Landes – die hat die Südtiroler Politik in den 5 Jahren seither auch ohne großes Zutun des Wählers ganz gut zu schwächen verstanden. So verzettelt in persönlichen Streitereien, so darauf beharrend, auf die großen Fragen auf lokaler Ebene keine wirksamen Antworten geben zu können, kannte der Südtiroler Wähler seine politischen Vertreter in der Vergangenheit nicht.
War es die Angst vor Wohlstandsverlust, vor dem Wolf, vor dem Borkenkäfer, waren es die Probleme im Gesundheitswesen, die Themen Umwelt, Kriminalität, Bildung – das Land schien geradezu überrumpelt von der Anhäufung großer Herausforderungen. Jetzt ist der Tag der Wahrheit gekommen.
„ Wen Sie wählen sollen, werden Sie von mir nicht hören. Nur so viel: Wenn Sie zur Wahl gehen – und das sollten Sie! – dann überlegen Sie gut. Wen wir morgen in den Landtag wählen, der entscheidet für die nächsten 5 Jahre über uns alle. ”
— Katrin Niedermair, STOL-Redakteurin
Noch ist Südtirol in der angenehmen Situation, von den Früchten der Vergangenheit zehren zu können. „Uns geht's doch gut“ ist ein geflügeltes Wort – und es stimmt. Aber viele Menschen spüren: Die fetten Jahre sind vorbei. Sie spüren, dass der Wendepunkt näher rückt. Vielleicht erreichen wir ihn schon in der nächsten Legislaturperiode.
Damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: Wen wählen? Wem trauen wir zu, in den nächsten 5 Jahren die großen Fragen zu beantworten?
Das zersplitterte Angebot an Listen und Kandidaten im deutschen Lager macht die Sache für den Südtiroler nicht einfacher. Da sind die einen, die „denen da oben“ einen Denkzettel verpassen wollen, da sind die anderen, die das Gefühl haben, dass Politik von den Beteiligten schon lange nicht mehr ernst genug genommen wird. Es gibt die, die glauben, alles besser zu wissen. Und die anderen, die verzweifelt versuchen zu erklären, sie hätten ohnehin von allem das Beste gemacht.
Es war bisher immer die Stärke der Südtiroler Politik, die Ängste der Menschen schon vor dem Wahltag zu zerstreuen. Wählen gehen war ein Vergnügen. Das Warten auf das Ergebnis auch. Diesmal ist vieles anders. Die Sorgen sind größer, die Fragezeichen auch.
Wen Sie wählen sollen, werden Sie von mir nicht hören. Nur so viel: Wenn Sie zur Wahl gehen – und das sollten Sie! – dann überlegen Sie gut. Wen wir morgen in den Landtag wählen, der entscheidet für die nächsten 5 Jahre über uns alle.
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