Dienstag, 5. Dezember 2023

Heftige Kämpfe im Süden des Gazastreifens

Im Krieg gegen die radikalislamische Hamas hat die israelische Armee ihre Offensive im südlichen Gazastreifen deutlich ausgeweitet. In der Nacht auf Dienstag gab es Augenzeugen zufolge heftige Kämpfe in der Nähe von Khan Younis und Luftangriffe bei Rafah ganz im Süden des Palästinenser-Gebiets. Bei einem Raketeneinschlag in Ashkelon wurden indes zwei Freuen durch Splitter leicht verletzt. Eine UNO-Vertreterin warnte vor einem „noch höllischeren Szenario“ in Gaza.

Trauer um Tote und Sorge um Verletzte greift um sich. - Foto: © APA/AFP / MAHMUD HAMS

Der bewaffnete Arm der Terrororganisation Hamas feuerte nach eigenen Angaben Raketen auf die südisraelische Stadt Beersheva ab. Im Onlinedienst Telegram erklärte die Hamas weiter, ihre Kämpfer hätten in der Nähe von Khan Younis zwei Truppentransporter und einen Panzer angegriffen. Khan Younis ist derzeit das Zentrum der Kämpfe. Am Montag waren nach Angaben von Augenzeugen Dutzende israelische Panzer, Truppentransporter und Bulldozer in den Süden des Palästinenser-Gebiets eingedrungen. Die israelische Armee erklärte, sie ergreife „aggressive“ Maßnahmen gegen die „Hamas und andere terroristische Organisationen“ in Khan Younis.

Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete von „mehreren“ Toten bei einem Angriff auf die Stadt Gaza im Norden des Palästinenser-Gebiets. Wochenlang hatten sich die durch den Hamas-Überfall auf Israel vom 7. Oktober ausgelösten israelischen Angriffe auf den Norden des Gazastreifens konzentriert. Bereits am Wochenende war aber auch der Süden stark unter Beschuss genommen worden, darunter das Gebiet um Khan Younis.

Das israelische Militär warnte die Bewohner von Khan Younis in Flugblättern vor einem bevorstehenden Angriff. „In den kommenden Stunden werden die israelischen Verteidigungskräfte mit einem intensiven Angriff auf Ihr Wohngebiet beginnen, um die Terrororganisation Hamas zu zerstören“, hieß es in den Schreiben. Zuvor waren auch schon Bewohner eines Küstengebiets um den Ort Al-Mawasi gewarnt worden.

Die UNO-Koordinatorin für humanitäre Angelegenheiten in den palästinensischen Gebieten, Lynn Hastings, erklärte, die Voraussetzungen für humanitäre Hilfe im Gazastreifen seien „nicht gegeben“. „Möglicherweise wird sich ein noch höllischeres Szenario entfalten“, warnte Hastings. „Es ist nirgendwo sicher in Gaza und man kann nirgendwo mehr hin“, fügte sie hinzu.

Unterdessen erklärte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, die israelische Armee habe seine Organisation zur Räumung eines Lagers mit Hilfsgütern im Süden des Gazastreifens aufgerufen. Die israelische Armee wies dies zurück. „Von einem UNO-Vertreter würden wir zumindest mehr Genauigkeit erwarten“, erklärte das Verteidigungsministerium auf X.

Am Montag waren nach Angaben der palästinensischen Telekommunikationsfirma Paltel alle Handy- und Telefondienste im Gazastreifen wegen einer Unterbrechung der Hauptleitungen von israelischer Seite ausgefallen. Die Internetüberwachungsseite Netblocks bestätigte am Dienstag einen „völligen Ausfall der Kommunikation“ im Gazastreifen. Laut palästinensischen Angaben wurden die Telekommunikationsdienste mittlerweile wieder teilweise hergestellt.

Nach Angaben der israelischen Armee vom Dienstag wurden drei weitere Soldaten bei Kämpfen im Gazastreifen getötet. Damit erhöhte sich die Zahl der getöteten Soldaten auf 78.

Nach Angaben zweier hochrangiger israelischer Offiziere wurden beim Militäreinsatz gegen die Hamas doppelt so viele Zivilisten wie Hamas-Kämpfer getötet. Auf Informationen angesprochen, denen zufolge 5.000 Hamas-Kämpfer getötet worden seien, erklärte einer der Offiziere, diese Zahl sei „mehr oder weniger exakt“.

Im von Israel besetzten Westjordanland rückten Dienstag früh israelische Soldaten ein. Bei Zusammenstößen an einem Übergang in der Nähe von Jerusalem wurde ein Palästinenser bei Zusammenstößen getötet, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte.

Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben Dienstag früh auch Stellungen der mit der Hamas verbündeten radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Libanon und mehrere Ortschaften im Nachbarland an. Es handle sich um eine Reaktion auf Schüsse aus dem Libanon auf den Norden Israels.

Am Freitag war eine siebentägige Feuerpause ausgelaufen, die zur Freilassung von insgesamt 105 Geiseln aus den Händen der Hamas genutzt worden war. Zugleich wurden 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen. Nach israelischen Angaben hat die Hamas noch 137 Geiseln in ihrer Gewalt, darunter auch die Leichname von 15 Israelis.

Laut einem Regierungssprecher stellt sich Israel auf einen schwierigen weiteren Verlauf seiner Militäroffensive im Gazastreifen ein. „Wir machen jetzt mit der zweiten Phase weiter. Eine zweite Phase, die militärisch schwierig sein wird.“ Er fügte hinzu, Israel sei offen für „konstruktives Feedback“ was die Minderung des Leids für Zivilisten angehe. Die Ratschläge müssten aber im Einklang mit dem Ziel stehen, die Hamas zu zerstören.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock mahnte Israel am Dienstag, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. „Israel hat das Recht, seine Bevölkerung im Rahmen des Völkerrechts zu schützen. Entscheidend ist aber, wie Israel in dieser neuen Phase vorgeht“, sagte Baerbock. Deutschland hatte es bisher anders als andere EU-Staaten vermieden, Israel zu einem Stopp seiner Militäraktion aufzufordern.

Der katarische Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman al-Thani sagte am Dienstag, die Bemühungen zur Wiederherstellung einer Feuerpause und zur Freilassung der Geiseln gingen weiter. „Leider standen wir vor einigen Herausforderungen, die dazu führten, dass die Feuerpause gestoppt und nicht verlängert wurde“, so al-Thani.

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert inzwischen bereits mehr als acht Wochen an. Am 7. Oktober waren Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1.200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Bei der israelischen Militärkampagne zur Vernichtung der Hamas kamen nach Angaben der Terrororganisation fast 15.900 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Zivilisten. Israel wirft der Hamas vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

apa

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