Montag, 26. Februar 2024

Polizeigewalt bei Protesten: „Prügel“ für Innenminister Piantedosi

In Italien läuft eine hitzige Diskussion über Polizeiprügel gegen Schüler und Studenten bei propalästinensischen Protesten am Freitag in Pisa und Florenz. Selbst Staatspräsident Sergio Mattarella, der als moralische Autorität hohes Ansehen genießt, verurteilte das Vorgehen der Polizei öffentlich und mit ungewöhnlich deutlichen Worten.

Innenminister Matteo Piantedosi muss sich scharfer Kritik stellen. - Foto: © ANSA / Mourad Balti Touati / Z13

Mattarella distanzierte sich am Samstag nach einem Gespräch mit Innenminister Matteo Piantedosi von der Polizeigewalt. „Der Staatspräsident erinnerte den Innenminister daran, dass die Autorität der Polizeikräfte nicht an Schlagstöcken gemessen werden kann, sondern an der Fähigkeit, Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die Freiheit der öffentlichen Meinungsäußerung zu schützen“, hieß es in einer schriftlichen Mitteilung des Quirinals.

Polizisten prügeln auf Studenten und Schüler ein

Aufnahmen von Polizisten, die auf propalästinensische Schüler und Studenten einprügeln lösten in den sozialen Medien und bei Politikern Empörung aus.

Foto: © ANSA / Cobas



In Florenz war am Freitag ein Protestzug aus Mitgliedern von Gewerkschaften, Studenten und Anhängern der palästinensischen Gemeinde durchs Stadtzentrum bis zum US-Konsulat gegangen, vor dem sich eine Sperre der Ordnungskräfte befand.

Die Vorfälle von Polizeigewalt sorgten für erneute Proteste am Wochenende.



Als die Demonstranten versuchten, bis zum Konsulat vorzudringen, reagierte die Polizei mit Knüppelschlägen. Mehrere Personen wurden verletzt.

Foto: © ANSA / Cobas



Videos zeigen, wie die Schüler, die scheinbar friedlich protestierten, unter einem Hagel von Schlägen der Ordnungshüter, die Helme und volle Einsatzmontur trugen, zurückwichen. „Schlagt ihr so eure eigenen Kinder?“, hört man eine junge Frau rufen.

Lehrer des Gymnasiums Russoli in Pisa, das in der Nähe der Straße liegt, in der die Demo stattfand, und das von einigen der beteiligten Schüler besucht wird, sagten, sie seien „fassungslos“ über die Behandlung der Demonstranten, von denen die meisten minderjährig waren.

Foto: © ANSA / x



„Wir fanden Burschen und Mädchen aus unseren Klassen zitternd und schockiert (...) von den Schlägen, die sie erhalten haben“, sagten die Lehrer in einer Erklärung und forderten, dass jemand für diesen „beschämenden Tag“ verantwortlich gemacht wird.

Foto: © ANSA / ANSA / ANSA

Schlein: „Klima der Repression“

PD-Chefin Elly Schlein kritisierte, die Regierung von Premierministerin Meloni schaffe ein „Klima der Repression“ im Land. Exministerpräsident Giuseppe Conte, Vorsitzender der 5-Sterne-Bewegung, bezeichnete die Bilder als „eines Landes wie Italien unwürdig“.

Lega-Chef Matteo Salvini erklärte, „die Worte des Staatspräsidenten liest man, aber man kommentiert sie nicht“, betonte dann aber: „Wenn mein Sohn hinginge und 'Bullenarschloch' schreien würde, dann müsste er sich mit mir auseinandersetzen. Jeder, der einen Polizisten oder Carabiniere angreift, ist ein Delinquent“, so Salvini gestern.

Piantedosi: Kein Kommentar zu Mattarellas Worten

Der stark im Kreuzfeuer der Kritik stehende Innenminister Piantedosi selbst sagte gestern, dass er möglichen Exzessen seitens der Polizei nachgehen werde. „Die Regeln für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung haben sich nicht geändert, und auch dieses Mal wird man sich nicht vor einer Bewertung der Geschehnisse drücken“, versicherte er.

Auf die Frage, ob er, wie von der Opposition gefordert, dem Parlament über die Vorfälle in Pisa und Florenz Bericht erstatten werde, sagte er, er sei offen für Diskussionen, von denen er hoffe, dass sie nicht darauf abzielten, die Regierung oder die Polizeikräfte vorschnell zu diskreditieren. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Mattarellas Worte bis Redaktionsschluss gestern Abend nicht kommentiert.

Indes kam es gestern Abend in Rom zu einer Demo gegen die Polizei und den Innenminister. Rund 1000 Personen, vor allem Schüler, versammelten sich unweit des Innenministeriums und forderten den Ministerrücktritt. Die Polizei versperrte ihnen den Zugang zum Platz vor dem Innenministerium.

mit/d

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