Dienstag, 19. September 2023

Bauern unter Druck: Europa diskutiert einen „New Farmers Deal“

Auf der einen Seite der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit und ökologischerem Anbau, auf der anderen Seite wirtschaftliche Notwendigkeiten: Wie die Landwirtschaft diesen Spagat schlagen soll und welche Zukunft sie überhaupt noch hat, darüber haben am Dienstag in Brüssel Landwirtschaftsvertreter aus ganz Europa diskutiert.

Bauern müssten fair für ihre Produkte bezahlt werden, fordert Dorfmann. Es könne nicht sin, dass der größte Teil des Preises an die großen Einzelhandelsketten gehe, während sich die Bauern mit Brosamen zufrieden geben müssten. - Foto: © Shutterstock / shutterstock

Federführend mit dabei: der Südtiroler EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann (SVP), der die Tagung für die Europäische Volkspartei (EVP) organisiert hat. Er sagt: „Wir wollten aufzeigen, wie groß der Druck ist, der auf der Landwirtschaft lastet, wie groß aber auch die Bedeutung einer internen Versorgung mit Lebensmitteln ist.“

800 Teilnehmer aus ganz Europa, Redner aus Wissenschaft, Politik und Landwirtschaft, dazu 5 europäische Landwirtschaftsminister, und eine Videobotschaft von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Alles, was in Europas Landwirtschaft Rang und Namen hat, war in Brüssel dabei, um einen „New Farmers Deal“, eine „Vision für Europas Landwirtschaft“ auf den Weg zu bringen.

Landwirtschaft und Bauern drohen im Spannungsfeld zwischen ökologischen Anforderungen und ökonomischem Druck aufgerieben zu werden.
Herbert Dorfmann, EU-Abgeordneter


Dass es einen solchen Deal braucht, ist für Dorfmann klar: „Landwirtschaft und Bauern drohen im Spannungsfeld zwischen ökologischen Anforderungen und ökonomischem Druck aufgerieben zu werden.“
Längst schon stehe, wenn es um die Landwirtschaft gehe, nicht mehr eine sichere Produktion qualitativ hochwertiger Lebensmittel im Fokus als vielmehr eine Vielzahl von immer neuen Anforderungen der Gesellschaft.
„Erst im Zuge der Pandemie und vor allem in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist die strategische Bedeutung der Landwirtschaft wieder vermehrt erkannt worden“, so Dorfmann.

„Sich nicht von Zulieferern von außen abhängig machen“

Bei der Tagung ging es daher auch um die Frage: Kann es sich Europa leisten, die Landwirtschaft an den Rand zu drängen und die Produktion von Lebensmitteln in Drittländer auszulagern? Die Antwort war ein entschiedenes Nein, wie Dorfmann berichtet. Für die EU sei es von zentraler Bedeutung, selbst für die Ernährung ihrer Bürger sorgen zu können, um sich nicht von Zulieferern von außen abhängig zu machen – „Zulieferern übrigens, die weit niedrigere Standards einhalten, als unsere Bauern dies tun müssen“, so Dorfmann.

Zudem sei Nachhaltigkeit eine globale Herausforderung und ein Auslagern der Lebensmittelproduktion keine Lösung. „Worum es vielmehr geht, ist, alle Aspekte der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen: vom ökologischen über den ökonomischen bis hin zum sozialen“, erklärte Dorfmann.
Gerade letzterer Aspekt, der soziale, sei für den ländlichen Raum eine zentrale Säule. „Ohne eine funktionierende Landwirtschaft hat der ländliche Raum keine Überlebenschance.“

Zu viel für Handelsketten, zu wenig für die Bauern

Was am Dienstag mehrfach unterstrichen wurde, ist das herausragende landwirtschaftliche Potential Europas.
Aus der Sicht der Landwirtschaft sei zudem zentral, den Bauern einen weit größeren Anteil an der Wertschöpfungskette zukommen zu lassen. Es ginge nicht an, dass zwar die Konsumenten einen vergleichsweise hohen Preis bezahlten, dass davon aber der größte Teil an die großen Einzelhandelsketten gehe, während sich die Bauern mit Brosamen zufrieden geben müssten, so der Südtiroler Europaparlamentarier.

Wichtig war am Dienstag zudem, ein Signal zu senden, dass die Landwirtschaft in Europa unter den richtigen Voraussetzungen Zukunft habe. „Das ist nicht zuletzt angesichts der zunehmenden Überalterung der Landwirtschaft wichtig. Deshalb wollen wir mit unserer Vision einer wettbewerbsfähigen, florierenden, in allen Aspekten nachhaltigen Landwirtschaft in Europa junge Menschen für diesen Sektor begeistern.“

stol

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