Montag, 2. Oktober 2023

„Je mehr Leute mitreden, desto mehr wird dumm gequatscht“

Die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Zeit, bei den Verbandschefs nachzufragen, was sich Südtirols Wirtschaft von der Landespolitik in Zukunft erhofft. Die Südtiroler Freiberufler wünschen sich vor allem eines: klarere Gesetze. Denn sie sind das größte Hindernis in ihrer täglichen Arbeit, wie der Präsident der Vereinigung der Südtiroler Freiberufler, Peter Gliera, sagt.

„Ich habe den Eindruck, dass früher die Landesräte mehr Einfluss auf ihre Beamten hatten als heute“, stellt Freiberufler-Chef Peter Gliera fest. DLife-DA - Foto: © DLife-DA

Von:
Rainer Hilpold
Herr Gliera, in 3 Wochen wird gewählt. Was erwarten sich Südtirols Freiberufler vom nächsten Landtag bzw. der nächsten Landesregierung?
Peter Gliera: In erster Linie würden wir uns wünschen, dass die Gesetze, die wir für unsere Kunden anwenden müssen, sowie die Durchführungsbestimmungen und erklärenden Rundschreiben in einem korrekten Deutsch und Italienisch formuliert sind und auch im Inhalt durchdacht sind, sodass man nicht alle paar Monate nachbessern muss und bis dahin weiß man nicht, woran man ist.

Ist das oft der Fall?
Gliera: Das ist bei vielen Gesetzen so. Wir haben beispielsweise 52 Primare, die die Prüfungen neu absolvieren müssen, weil eine gesetzliche Bestimmung so gemacht wurde, dass sie nicht vom Staat anerkannt wurde. Was mich hingegen richtig betroffen gemacht hat, war ein anderer Fall.

Die meisten Probleme haben wir aber mit der Gemeindeimmobiliensteuer GIS.
Peter Gliera


Welcher?
Gliera: Heuer wurden besonders bedürftigen Familien eine Zahlung von 200 Euro gewährt. Danach stellte sich aber heraus, dass 80 Prozent der Nutzer das Geld nicht zustand und sie es zurückzahlen müssen. In der Öffentlichkeit wurde es aber so hingestellt, also ob diese Leute Idioten oder gar Kriminelle gewesen wären. Aber wenn 80 Prozent der Nutzer etwas falsch interpretieren, dann liegt der Fehler nicht bei denen, sondern dann ist schlichtweg das Rundschreiben falsch verfasst. Das sind die Sachen, mit denen wir zu kämpfen haben. Die meisten Probleme haben wir aber mit der Gemeindeimmobiliensteuer GIS, die sich etwas von der staatlichen Immobiliensteuer IMU unterscheidet. Und wenn sich dann auf Staatsebene Bedingungen ändern, müssen wir danach wieder ein Gesetz machen.

„D“: Und bis dahin herrscht wieder Unsicherheit...
Gliera: Was auch problematisch ist, dass Gesetze nicht von allen Landesabteilungen gleich gehandhabt werden. Und manchmal ist es auch so, dass auf einmal bestimmte Dinge nicht mehr finanziert werden, die 6 Monate zuvor sehr wohl noch vom Land finanziert wurden. Und wenn dann man dann nachfragt, erhält man eine unhöfliche Antwort. Das ist keinesfalls bei allen Abteilungen so, aber öfter als es gut ist. Ich habe auch den Eindruck, dass früher die Landesräte mehr Einfluss auf ihre Beamten hatten als heute. Einige Beamte tun was sie wollen.

Sie sind also ziemlich unzufrieden mit der öffentlichen Verwaltung?
Gliera: Ja, weil vieles kompliziert geworden ist – und bei den Schwierigkeiten bleibt es ja nicht. Die italienische Regierung packt ihre Bürokratie ja auch noch oben drauf.

Vor den letzten Landtagswahlen 2018 haben Sie sich mehr Mitsprache für die Freiberufler gewünscht. Wie sieht es heute damit aus?
Gliera: Es ist schon so, dass der Wirtschaftsring, in dem wir auch vertreten sind, zu Wirtschaftsthemen angehört wird. Aber bei der zeitlichen Organisation muss da etwas passieren. Es geht nicht, dass wir die Gesetzestexte, die am Dienstag in der Landesregierung behandelt werden, erst am Montag bekommen. In der kurzen Zeit können wir keine fundierte Meinung dazu abgeben, da brauchen wir mindestens eine Woche Vorlaufzeit.

Was erhoffen Sie sich von den Wahlen?
Gliera: Dass wir eine stabile Landesregierung bekommen, die sich nicht aus zu vielen kleinen, sondern maximal 2 Parteien zusammensetzt. Denn sonst geht es zu wie am Stammtisch: Je mehr Leute mitreden, desto mehr wird dumm gequatscht – und gestritten.

Interview: Sabine Gamper

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