Samstag, 3. Februar 2024

Nach Signa-Pleite: „Benko ist ein gebrochener Mann“

Die Milliardenpleiten im einstigen Signa-Hochglanzreich von Rene Benko scheinen auch am vermeintlichen Immobilien-Tycoon nicht spurlos vorüberzugehen, geht es nach einem Bericht der „Tiroler Tageszeitung“. Von Benko gibt es derzeit keine Spur. Enge Vertraute, die namentlich allerdings nicht genannt werden, berichten von einem „gebrochenen Mann“. Demnach habe Benko die Bodenhaftung verloren, nachdem er vorerst extremen Erfolg hatte.

Rene Benko - Foto: © APA (dpa) / Jens Kalaene

„Er glaubte plötzlich, er kenne sich überall aus, er könne alles zu Gold machen“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter laut der Zeitung. Nach dem Einstieg in den Handel und später auch noch in den Medienbereich („Kronen Zeitung“, „Kurier“) habe der Weg zum Mann mit vermeintlich goldenem Händchen, der einen ultraluxuriösen Lebensstil auf Signa-Kosten pflegte, zum Rekord-Pleitier ergeben. Vom Flugzeug bis zum herrschaftlichen und luxuriösen Anwesen in Sirmione samt Hubschrauberlandeplatz, von den Chalets in Lech bis zur Villa in Igls, Personal inklusive.

Benko war de facto bis zuletzt der Geschäftsführer, auch wenn er das nach außen hin zu verschleiern suchte. Benko habe „die Zügel in der Hand gehabt“ und seine Mitarbeiter und seine Geschäftsführer angewiesen. „Da sollte er sich auch nicht drücken in meinen Augen“, sagte in der Vorwoche Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner. Mit einer faktischen Geschäftsführertätigkeit stehen und fallen mögliche Haftungsfragen für Benko persönlich. Wie berichtet will die Finanzprokuratur solche prüfen.

Benko scheut das Licht der Öffentlichkeit. Wo er sich genau aufhält, ob in Innsbruck oder anderswo, ist laut „TT“ unklar. Er war aber auch immer wieder in Wien anzutreffen, frühstückte auch mal in „seinem“ Park Hyatt in „seinem“ Goldenen Quartier in der Innenstadt.

Größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte

Früher ließen sich Politiker von Ex-Kanzler Sebastian Kurz abwärts sehr gerne mit ihm ablichten. Kurz nahm in seiner Kanzlerzeit Benko sogar mit in den arabischen Raum, etwa in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) anno 2019, um Investorengespräche zu führen. Der damalige Kanzler Kurz und der damalige Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) sollen Ende 2017 in den Kika/Leiner-Kauf der Signa samt dem Leiner-Gebäude in der Mariahilfer Straße eingebunden gewesen sein, das vorerst als Luxuskaufhaus nun einmal als Rohbau dasteht und auf Eis liegt.

Die Pleiten im Firmen-Konglomerat Benkos sorgen für Passiva im zweistelligen Milliardenbereich. Es handelt sich um die mit Abstand größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.

Laut Weggefährten Benkos war es vor allem Dieter Berninghaus, der es verstand, Benko anzutreiben, schreibt die Zeitung. Berninghaus ist seit 2016 im Signa-Konzern in Schlüsselposition tätig. 2022 sagte der frühere Migros- und Rewe-Manager Berninghaus in einem Interview mit dem Schweizer Wirtschaftsmagazin „Bilanz“, dass er gerade dabei sei, den größten Luxus-Kaufhauskonzern Europas zu zimmern. Er wurde von Benko zum Handelschef des Immobilienimperiums gemacht.

„Wenn Benko und Beringhaus sich auf eine Strategie verständigt haben, eine Entscheidung getroffen wurde, dann fuhr die Eisenbahn drüber. Da konnte man von außen her nicht mehr entgegenwirken“, sagt ein Signa-Mitarbeiter aus besseren Tagen. Der 58-jährige Berninghaus, Deutscher mit Schweizer Pass, verdiente Millionen bei Signa: Von den Nobelkaufhäusern von Selfridges, über den Börsengang von Signa Sports bis zum „größenwahnsinnigen Kauf“ des Chrysler Buildings, zitiert die „TT“ einen Ex-Signa-Mitarbeiter.

Seit Wochen ist unbekannt, wo sich Berninghaus aufhält. Das verbindet ihn auch in diesen Tagen mit Benko. Es heißt, Berninghaus sei krank und in den USA in Behandlung. Er sei untergetaucht, heißt eine andere Mutmaßung.

Signa gibt EZB Schuld

Ein zweiter Name, der in der Aufarbeitung der Signa-Pleite auftaucht, ist jener von Timo Herzberg. Knapp vor Weihnachten wurde Herzberg mit „sofortiger Wirkung“ seiner Funktion als CEO der Signa Prime und der Signa Selection enthoben.

„Die Verdachtslage war eindeutig und ließ den Aufsichtsräten keine andere Wahl“, teilte damals Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Kanzler und Aufsichtsratschef der beiden Gesellschaften, mit. Was genau das Vertrauensverhältnis gestört hatte, ist weiterhin offen. Vermutet wird, Herzberg habe dafür gesorgt, Boni-Zahlungen in Millionenhöhe womöglich mit unlauteren Methoden kassiert zu haben.

Die Signa argumentiert gerne damit, dass praktisch die EZB schuld sei an ihrem Zusammenbruch. Das liege an einer Sonderprüfung von Bankkrediten an die Signa und an den raschen Zinserhöhungen. Allerdings folgte die EZB mit ihren Erhöhungen nur bereits vorangegangenen Entwicklungen in den USA und, wie es die „TT“ schreibt: „Jeder Kaufmann weiß, dass sich Zinsen ändern können.“

apa

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