Samstag, 7. Oktober 2023

Tag des Handwerks - Jugend als Schlüssel für unsere Zukunft

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand dieses Jahr die Jugend - die Zukunft des Handwerks. Dazu fanden sich nicht nur verschiedene Handwerks-Verbände aus Italien, Deutschland und der Schweiz, sondern auch Gäste aus Politik und Wirtschaft, im Haus des Handwerks in Bozen, ein.

Im Bild (v.l.n.r.): Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks - Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin - lvh-Landesobfrau der Junghandwerker/innen im lvh Priska Reichhalter - lvh-Vizepräsident Hannes Mussak und Landtagsabgeordneter Gert Lanz – Foto © Kiwitree Films - Foto: © Kiwitree Films

Ohne Jugend kein Handwerk und ohne Handwerk keine Zukunft. Diese logische Gleichung war das Kernthema des diesjährigen Tags des Handwerks.

„In den letzten 2 Wochen fanden gleich zwei bemerkenswerte Veranstaltungen statt, die uns daran erinnern, dass die Jugend unsere Zukunft ist“, erklärte lvh-Präsident Martin Haller zu Beginn der Tagung.

„Die Landesmeisterschaft der Berufe WorldSkills Italy lockte 14.000 Besucherinnen und Besucher in die Messe Bozen. Rund 5000 Mittelschülerinnen und Mittelschüler konnten dabei die faszinierende Welt des Handwerks hautnah erleben. 'Abenteuer Handwerk' in Bruneck hingegen, eine Erlebnisplattform für Grundschülerinnen und Grundschüler, bei der sie verschiedene Handwerksberufe selbst ausprobieren können, zielt darauf ab, schon in jungen Jahren das Interesse und die Begeisterung für das Handwerk zu wecken“, führte Haller weiter aus.

lvh-Präsident Martin Haller. - Foto: © Kiwitree Films


„Die Jugendlichen in Südtirol in den Ausbildungsbetrieben, ebenso wie die Unternehmen selbst, leisten großartiges, sie sind der lebende Beweis, dass unser dualer Ausbildungsweg ein Erfolgsmodell ist“, unterstrich Landeshauptmann Arno Kompatscher gleich zu Beginn der Tagung.

Präsident Haller ergänzte: „Deshalb müssen Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, unterstützt werden. Die Lehrlingsprämie ist dabei ein wichtiger Pfeiler in der Fachkräftesicherung.“
Wirtschafts- und Bildungslandesrat Philipp Achammer betont, wie wertvoll die Formation der jungen Menschen ist: „Wir sollten die Jugendlichen nicht davon abhalten einen praktischen Ausbildungsweg zu beschreiten.“

3 Länder - 3 Fragen

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Franz Jirka, Spartenobmann Handwerk und Industrie der Wirtschaftskammer Tirols und Davide Peli, Präsident der Giovani Imprenditori Italiens nahmen anschließend zu Problematik der Fachkräftegewinnung Stellung.

Peteranderl sprach über die vielseitigen Maßnahmen, welche in Bayern ergriffen werden. Jirka erklärte, dass die Leistungsgesellschaft hochgehalten werden müsse. Auch sollte es Menschen möglich sein länger arbeiten zu wollen, davon würden die älteren, erfahreneren Mitarbeitenden ebenso profitieren, wie die junge Generation.

Im Bild (v.l.n.r.): Franz Jirka, Spartenobmann Handwerk und Industrie der Wirtschaftskammer Tirol - Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Franz Xaver Peteranderl und Präsident der Giovani Imprenditori Italiens, Davide Peli. - Foto: © Kiwitree Films


Davide Peli wies darauf hin, dass das System der dualen Ausbildung in Italien nicht angewandt wird. Er sieht hier jedoch Potenzial und plädiert für eine italienweite Öffnung bezüglich dieses Modells, welches bereits erfolgreich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und auch Südtirol praktiziert wird. Gerade Projekte wie die WorldsSkills Italy hätten hier Vorbildfunktion.

Plädoyer für die berufliche Bildung im Handwerk

Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, deutscher Staatsminister a. D. sowie Autor und Philosoph, hielt anschließend ein vielbeachtetes Impulsreferat mit dem Thema: „Für einen kulturellen Wandel zugunsten der beruflichen Bildung im Handwerk.“ Darin zeigte er auf, dass die Hauptlücken im Nachwuchs die Ausbildungsberufe seien. Die extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit, gerade in Ländern mit dem dualen Ausbildungssystem spreche für deren Stärke und Erfolg.

Nida-Rümelin ist die Werkstatt nicht fremd, er ist praktisch darin aufgewachsen. Sein Vater war ein „handwerklicher Künstler“. In der Werkstatt lernte er dadurch Farben und Material zu unterscheiden und somit auch Respekt vor dem Gestalterischen, dem Handwerk. Bildung sei eben nicht nur intellektuelle Bildung.

Die Akademisierung sei der falsche Weg: „Wir brauchen mehr Fachkräfte, nicht mehr Akademiker“, so Nida-Rümelin, „denn ohne qualifizierte Fachkräfte ist kein Mittelstand möglich und der Mittelstand ist der Garant der Zukunft.“ Auch der Mythos, dass man als Handwerker weniger Geld verdiene, sei falsch.

„Ein Facharbeiter in Vollzeit verdient mehr als viele Akademiker“, erklärt Nida-Rümelin. „Es braucht einen doppelten kulturellen Wandel, die praktische berufliche Bildung muss im Bewusstsein der Menschen der akademischen gleichgestellt werden“, so sein Plädoyer. Studien würden zeigen, dass bis 2030 neun Millionen Facharbeiterstellen in Deutschland fehlen, das spreche für sich. „Handwerker sind die kommenden Millionäre, weil wir sie unbedingt brauchen“, schloss Nida-Rümelin sein Resümee.

Gesprächsrunde - Ausbildung 2.0

In einer anschließenden Gesprächsrunde nahmen Nida-Rümelin, sowie Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, lvh-Vizepräsident Hannes Mussak, lvh-Landesobfrau der Junghandwerker im lvh Priska Reichhalter, sowie der Landtagsabgeordnete Gert Lanz teil.

Thema war hier vor allem das Image des Handwerks und wie dies zu verbessern sei. Für Dittrich spielt dabei die Unternehmenskultur in Deutschland eine Rolle. Mussak geht es darum die Jugendlichen so früh wie möglich abzuholen: „Ich setzte mich stark für die „Berufspraktika ab 14 Jahren“ ein. Damit ermöglichen wir es jungen Menschen bereits ab 14 Jahren in die Berufswelt hineinzuschnuppern und die spannende Welt des Handwerks kennenzulernen.“

Was sich die jungen Menschen wünschen, weiß Reichhalter: „Es geht darum ihnen Perspektiven zu bieten. Viele sind sich unschlüssig und kennen die Handwerksberufe nicht. Deshalb gehen wir mit Handwerkerinnen und Handwerkern in die Mittelschulen, um den Jugendlichen das Handwerk praktisch vorzustellen.“

Dem pflichtet auch Gert Lanz bei: „Je früher die jungen Leute das Handwerk kennenlernen desto mehr können sie sich von der Attraktivität der vielen interessanten Berufe selbst überzeugen.“

Gemeinsame Kraftanstrengungen für die Fachkräfte von morgen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen übereinstimmend zu der Schlussfolgerung, dass die zukünftige Fachkräftesicherung große Kraftanstrengungen der Politik, der Schulen und der Wirtschaft bedarf.
Die Herausforderung, die Jugend für das Handwerk zu gewinnen und Überzeugungsarbeit zu leisten, ist eine gesellschaftlich übergreifende. Nur gemeinsam, in der Zusammenarbeit aller verschiedenen Bereiche wird man diese bewältigen können.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei das Talentcenter in Bozen, welches demnächst eröffnet werde. „Schülerinnen und Schüler erhalten hier die Möglichkeit, ihre berufsrelevanten Fertigkeiten und Kenntnisse zu testen und eine objektive Bewertung ihrer Talente und Fähigkeiten zu erhalten“, so lvh-Präsident Martin Haller.

stol

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