Sonntag, 28. Januar 2024

1,6 Milliarden durch vernachlässigte Tropenkrankheiten bedroht

Sie bedrohen mehr als 1,6 Milliarden Menschen, sind aber in der öffentlichen Wahrnehmung nur wenig präsent: vernachlässigte tropische Krankheiten (NTD). Das ist laut „Licht für die Welt“, der Fachorganisation für Menschen mit Behinderungen, auch kein Wunder, denn die weitaus meisten der Betroffenen leben in Armut. Krankheit, Behinderung und Tod. Die Weltgesundheitsorganisation hat 20 Krankheiten definiert, die durch Bakterien, Viren, Parasiten, Pilze oder Gifte entstehen.

Unter schwierigen Bedingungen: Trachom-Ops verhindern Blindheit. - Foto: © APA/THEMENBILD / GUNTHER LICHTENHOFER

Dazu zählen viele seit Jahrzehnten bekannte Krankheiten wie Lepra, Schlafkrankheit oder Bilharziose. Eines ist ihnen gemeinsam: Alle haben weitreichende gesundheitliche sowie soziale und ökonomische Folgen für die Patienten. Sie verstärken den Teufelskreislauf aus Armut, schlechter Bildung, kein oder wenig Einkommen, Krankheit und Behinderung, so „Licht für die Welt“ zum Tag der vernachlässigten tropischen Krankheiten am kommenden Dienstag. Wer Lepra habe, hat nicht nur gesundheitliche Probleme, sondern wird sozial stigmatisiert und hat ein schlechteres oder kein Einkommen.

Tropische Krankheiten verbreiten sich besonders schnell in Gebieten mit schlechter Infrastruktur wie ländliche Regionen in Armut, Konfliktzonen, Landstriche nach Naturkatastrophen. Ist die hygienische Versorgung schlecht und fließendes Wasser nicht vorhanden, werden Trachom, eine bakterielle Augenerkrankung, Lepra oder die Schlafkrankheit schnell zu einem großen Problem.

Laut „Licht für die Welt“ hat sich die WHO zum Ziel gesetzt, vernachlässigte Tropische Krankheiten bis 2030 auszurotten. Dieses Ziel ist, nach Rückschlägen vor allem durch die Corona-Pandemie, in die Ferne gerückt. Dennoch gibt es Fortschritte: Waren 2010 beispielsweise noch 2,2 Milliarden Menschen von tropischen Krankheiten bedroht, sind es aktuell 1,6 Milliarden. Bis Ende des vergangenen Jahres haben immerhin 50 Länder zumindest eine tropische Krankheit eliminiert. Bis 2030 soll in 100 Ländern zumindest eine Tropenkrankheit ausgerottet sein.

Die WHO hat für 2030 mehrere Ziele

Bis 2030 soll die Anzahl der von tropischen Krankheiten bedrohten Menschen um 90 Prozent reduziert werden. In 100 Ländern zumindest eine tropische Krankheit beseitigt werden. Die Anzahl der Jahre, in denen Menschen mit einer Behinderung wegen einer tropischen Krankheit leben, um 75 Prozent reduziert werden.

„Licht für die Welt“ engagiert sich unter anderem besonders im Kampf gegen das Trachom. So will die Organisation mithelfen, die Krankheit bis 2030 in Äthiopien zu eliminieren. Trachom ist eine bakterielle Augenentzündung der Bindehaut, die es in Österreich nicht gibt. In etwa 40 Ländern ist Trachom noch aktiv. Es betrifft dort vor allem Menschen, die keine oder schlechte Gesundheits- und Hygieneversorgung haben. Das heißt, sie leben ohne fließendes Wasser und Sanitäranlagen.

Die Chlamydien-Bakterien verbreiten sich von Mensch zu Mensch und über eine Fliege, die sich auf den Augen, dem Mund oder der Nase niederlässt. Kinder sind besonders von Trachom betroffen. Weil Frauen sich überwiegend um die Kinder kümmern, werden sie viel häufiger angesteckt als Männer. Trachom ist die Hauptursache für Blindheit durch eine ansteckende Krankheit. Die WHO schätzt laut „Licht für die Welt“, dass 1,9 Millionen Menschen nach einer Infektion mit Trachom erblindet sind und 2 Millionen eine augenlichterhaltende Operation benötigen.

Trachom ist wie jahrelange Folter

Rechtzeitig entdeckt, ist Trachom mit Antibiotika leicht zu behandeln. „Eine Infektion mit Trachom ist sehr schmerzhaft. Die Bindehaut entzündet sich und die Wimpern stülpen sich nach innen. Bei jedem Blinzeln kratzen sie über das Auge. Viele Patientinnen und Patienten leiden jahrelang unter den Schmerzen, bevor sie schließlich erblinden“, sagte Julia Moser, „Licht für die Welt“-Geschäftsführerin. Bis zu 14.500 Mal blinzelt jeder Mensch täglich. Trachom sei wie jahrelange Folter, so die Organisation.

In Tigray, dem Norden Äthiopiens, war Trachom dank „Licht für die Welt“ auf dem besten Weg, ausgerottet zu werden: 96 Prozent aller Patienten, bei denen die Infektion weit fortgeschritten war, haben die augenlichterhaltende Operation erhalten. Medikamente wurden flächendeckend verteilt und Sanitäranlagen errichtet. Medikamente und Hygiene verhindern die Verbreitung von Trachom.

Durch den Krieg wurde auch das Gesundheitssystem stark getroffen

Die Arbeit bekam jedoch 2020 durch den Krieg einen großen Dämpfer, unter anderem wurden in Tigray 80 Prozent aller Gesundheitszentren zerstört. Das Gesundheitssystem wurde auf den Stand von vor 20 Jahren zurückgeworfen. So werden Krankheiten erneut zum Problem, Malaria, die Krätze und Trachom verbreiten sich wieder. Der Friedensvertrag vom November 2022 hält und „Licht für die Welt“ nahm die Arbeit wieder auf.

In den nächsten 3 Jahren wird „Licht für die Welt“ 4 Millionen Menschen in 58 Distrikten durch präventiv verteilte Antibiotika vor Trachom schützen und 5.000 augenlichterhaltende Operationen durchzuführen, um Erblinden wegen Trachom zu verhindern. Das Programm wird in Zusammenarbeit mit dem Tigray Regional Health Bureau durchgeführt. „Gemeinsam mit der lokalen Verwaltung in Tigray, im Norden Äthiopiens, arbeiten wir daran Trachom auszurotten. Bis 2030 soll Trachom in Äthiopien Geschichte sein, damit beenden wir viel Leid und vermeidbare Erblindung“, sagte Moser. „Wir zeigen, dass es möglich ist, Trachom zu eliminieren.“

Nähere Informationen zur Tätigkeit der Organisation und Spenden an „Licht für die Welt“ sind online verfügbar.

apa

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