Sonntag, 6. August 2023

Hochwasser in Slowenien: Staudamm an der Mur gebrochen

Nach den heftigen Unwettern in Slowenien ist am Samstagabend ein Staudamm im Osten des Landes gebrochen. Betroffen sei die Anlage am Fluss Mur bei Dolnja Bistrica, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA. Insgesamt 10 Ortschaften seien gefährdet. Dort seien Evakuierungsmaßnahmen im Gange. Wie der Fernsehsender RTV Slovenija berichtete, wurden 500 Menschen aus Dolnja Bistrica evakuiert.

Flüsse traten in Slowenien über ihre Ufer. - Foto: © APA/AFP / JURE MAKOVEC

„Wir haben den absolut notwendigen Schritt der Evakuierung unternommen, weil dies die einzige Maßnahme ist, um mögliche Opfer zu verhindern“, sagte der Katastrophenschutzkommandant Srečko Šestan. „Wenn das Wasser anfängt, den Boden wegzutragen, wird der Damm sofort einstürzen, und die Flutwelle wird neun oder zehn Dörfer erfassen.“ Man versuche nun, per Hubschrauber den Staudamm mit Betonblöcken abzudichten, sagte er weiter. Der Hydrologe Janez Polajnar sagte im Fernsehsender RTV Slovenija, dass die Lage „nicht vorhersehbar“ sei. Schon jetzt habe die Mur den zweithöchsten Stand der Geschichte erreicht, und im oberen Flusslauf bei Graz steige der Pegel weiter an.

Die Überschwemmungen in Slowenien forderten ein weiteres Todesopfer. Am Samstag wurde am Ufer des Sava-Flusses in Ljubljana ein Mann tot aufgefunden, wie die Polizei laut Medienberichten mitteilte. Er soll in der Nähe gelebt haben. Die Umstände weisen darauf hin, dass er durch die Flut getötet worden sei, hieß es. Damit stieg die Zahl der Opfer, die bei den Unwettern umgekommen sind, auf 4 Personen.

In den Überschwemmungsgebieten wurden die Evakuierungen am Samstag fortgesetzt. Eine genaue Zahl der Menschen, die in Sicherheit gebracht werden mussten, war zunächst nicht bekannt. Nach Angaben Šestans waren jedoch schon Tausende evakuiert worden.

Eine großräumige Evakuierung sollte es am Nachmittag auch in der Gemeinde Jesenice geben, wo ein Erdrutsch ein Dorf gefährdete. Vorsichtshalber wurden die Bewohner von einem Dutzend Straßenzügen evakuiert. Eine ähnliche Aktion gab es auch für eine Gruppe von Kärntner Urlauberfamilien, die auf einem Campingplatz im südlichen Nachbarland von den Wassermassen überrascht worden waren. Wie ORF Kärnten berichtete, wurden sie in der Nacht auf Sonntag von Kärntner Feuerwehrleuten über den Grenzübergang Grablach in die Heimat gebracht.

In Slowenien waren die Rettungskräfte damit beschäftigt, die Bewohner in den abgeschnittenen Gebieten mit Wasser und dringendsten Hilfsgütern zu versorgen. Allein in einem Dorf im Oberen Savinja-Tal seien am Freitagabend rund 1000 Menschen, größtenteils Touristen, mit Essen und Unterkunft versorgt worden, sagte Šestan bei einer Pressekonferenz in Ljubljana.

„Größte Naturkatastrophe der jüngeren Geschichte“

Der slowenische Regierungschef Robert Golob sprach von der „größten Naturkatastrophe“ in der jüngeren Geschichte des Landes. „Der Schaden ist unvorstellbar, praktisch zwei Drittel des Landes sind betroffen“, sagte er. Nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates bezifferte er den Schaden an Infrastruktur und Gebäuden auf mehr als 500 Millionen Euro. Bei einer anschließenden Regierungssitzung wurde beschlossen, um Gelder aus dem EU-Katastrophenhilfsfonds anzusuchen. Dafür muss der Schaden mehr als 0,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft des Landes ausmachen, was im Fall Sloweniens 310 Millionen Euro sind.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien bereits Hilfe zu. Die Schäden in dem Land seien „herzzereißend“, twitterte sie. Der aus Slowenien stammende EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana.

Die Ausrufung eines Ausnahmezustands ist laut Golob vorerst nicht notwendig, da das Katastrophenschutzsystem einwandfrei funktioniere. Darüber hinaus bekam Slowenien von der internationalen Gemeinschaft und Nachbarländern, darunter Österreich, Hilfe angeboten. „Es ist richtig, dass wir jene Hilfe, die wir brauchen können, annehmen, damit wir Slowenien so schnell wie möglich wieder auf die Beine stellen“, sagte der Premier.

Golob kündigte an, dass die abgeschnittenen Überschwemmungsgebiete aus der Luft versorgt werden. Unterdessen berichteten die Medien, dass die seit 2 Tagen isolierte Gemeinde Crna na Koroškem mittlerweile von einem Militärhubschrauber mit 30 Soldaten am Bord erreicht werden konnte. Aus der Gemeinde, die keine intakte Straßenverbindung hat, gab es vorerst keine Berichte über Verletzte, Behörden kündigten dennoch an, mehrere Personen auszufliegen. Die Bewohnerinnen und Bewohner würden mit Wasser und dem Nötigsten versorgt, hieß es.

Die Lage in den Überschwemmungsgebieten blieb vielerorts nach wie vor angespannt. Zahlreiche Orte im Norden des Landes waren wegen der zerstörten Straßen und Brücken noch immer schwer zugänglich, einige weiterhin abgeschnitten.

Die Autobahn A1 zwischen Ljubljana und Celje war am Samstagnachmittag indes wieder offen. Die wichtige Transitroute durch Slowenien in Richtung Graz bzw. Wien war seit Freitagvormittag unterbrochen gewesen. Viele lokale Straßen waren noch überschwemmt.

apa

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