Freitag, 23. Juni 2023

Nach Probejahr nun offiziell: Ein Malser ist Berliner Philharmoniker

Vor einem Jahr ist der 35-jährige Trompeter Bertold Stecher aus Mals in das Orchester der Berliner Philharmoniker aufgenommen worden – auf Probe. Nun ist die Zeit der Prüfung vorbei und Stecher als erster Südtiroler ein echter Berliner Philharmoniker. Was das für ihn bedeutet, erzählt er im STOL-Interview.

Er hat es ganz nach oben geschafft: Der Malser Trompeter Bertold Stecher ist nun ein Berliner Philharmoniker (im Bild: während der USA-Tournee im vergangenen November in New York).

Von:
Katrin Niedermair
STOL: Nach erfolgreich bestandenem Vorspiel und einem Jahr auf Probe sind Sie nun seit einer Woche offiziell und unbefristet Berliner Philharmoniker – der erste Südtiroler, der das geschafft hat. Wie fühlt sich das an?
Bertold Stecher: Es ist das Schönste für mich. Es war viel Arbeit, es an diesen Punkt zu schaffen, das war immer mein Ziel. Und das ist nun belohnt worden. Die Nachricht zu bekommen, dass ich möglicherweise bis zur Rente mit diesem großartigen Orchester arbeiten darf, das war eine Riesenfreude und eine Riesenerleichterung.

Zum Nachlesen: Das Interview nach bestandener Aufnahmeprüfung im Juli 2022.


STOL: Ein Jahr auf Probe in einem der besten Orchester der Welt: Da darf wohl kein Ton danebengehen?

Stecher: Im Probejahr ist man schon immer ein bisschen auf Nadeln, gestresst, man will es allen recht machen. Jedes Orchestermitglied kann bei der Orchesterversammlung darüber abstimmen, ob der Vertrag der Probejahr-Kandidaten verlängert wird oder nicht. Es war schlussendlich nur ein kurzes Gespräch. Und nun bin ich Zweiter Trompeter im Orchester der Berliner Philharmoniker.

Bertold Stecher mit den Philharmonikern in der Chicago Symphony Hall (zweite Reihe von hinten, Sechtster von rechts).



STOL: Wie viele Stimmen haben Sie bekommen?
Stecher: Das erfährt man nicht genau. Aber es war wohl sehr eindeutig und darüber bin ich schon sehr froh.

STOL: Nach welchen Kriterien wird abgestimmt?
Stecher: Das Erste, was zählt, ist das Probespiel. Das hatte ich vor einem Jahr. Dann geht es um dein Spiel im Orchester, um deinen Ton und das Zusammenspiel im Orchester, die Intonation. Aber es geht auch um das Soziale: Was bist du für ein Typ? Passt du ins Orchester? Normalerweise dauert die Probezeit 2 Jahre. Für mich haben sie sie verkürzt und die Frist schon nach einem Jahr aus meinem Vertrag gestrichen. Auch das war ein gutes Zeichen.

STOL: Wie sind die Kollegen im Orchester?
Stecher: Ich kannte viele der Musiker schon vor meinem Engagement. Die Philharmoniker sind außerdem längere Zeit im Jahr auf Tournee – im vergangenen November waren wir 2,5 Wochen in Amerika. Da waren wir viel zusammen.

STOL: Wie kann man sich eine solche Tournee vorstellen?
Stecher: Alles läuft professionell – schließlich sind wir ja für die Arbeit da. Ich war zum ersten Mal in den USA. Um das Arbeitsvisum zu beantragen, musste ich nach München, weil in der Botschaft in Berlin kein Termin frei war. Schon allein das war ein Abenteuer. Die Rahmenbedingungen bei den Berlinern sind super: Flüge, Hotels, alles perfekt geplant, wir haben in den besten Sälen der USA gespielt – in New York, Boston, Chicago, Michigan, Florida. Für die Reisen gibt es einen fixen Plan, wir wissen genau, wann wir im Konzertsaal sein müssen, um uns einzuspielen. Jeder braucht auch individuelle Übungszeiten. Nach den Konzerten gibt es dann Empfänge, zu denen alle eingeladen sind. Auch für die Freizeit ist Platz. Als wir in New York waren, hatten wir zum Beispiel 2 Tage frei. Da konnte ich viel entdecken. Natürlich ist es nett, im Orchester Kollegen zu haben, mit denen man sich gut versteht und mit denen man auch Zeit verbringen kann.

Volle Säle, stehende Ovationen: So schaut das Berufsleben von Bertold Stecher in Zukunft aus.



Von Ann Arbor in Michigan sind wir nach dem Konzert direkt nach Florida geflogen, von einem Auftritt zum nächsten: In Michigan hat es stark geschneit, in Florida war dann Badewetter. Wenn es bei uns kalt ist, im November, in Florida schwimmen zu gehen und die Krokodile zu sehen – eine andere Welt.

Mit Krokodilen in Florida.



Trotzdem ist die Musikerwelt klein: Den Ersten Trompeter in Chicago kannte ich beispielsweise schon, weil wir früher gemeinsam an der Scala in Mailand gespielt haben. Auch nächstes Jahr, wenn unsere Tournee nach Japan geht, werde ich einen Bekannten aus Udine wiedertreffen, der jetzt in Tokio die Erste Trompete spielt.

STOL: Welche Musik war im vergangenen Jahr für Sie besonders prägend?
Stecher: Das Hauptwerk der USA-Tournee war die Siebte Symphonie von Gustav Mahler, ein großes und schwieriges Werk für das Orchester und uns Trompeter im Speziellen. Das in der berühmten Carnegie Hall in New York spielen zu können, das war schon ein Erlebnis. Es war die erste Tournee nach Corona, entsprechend groß war die Freude. 2024 kehren wir nach Amerika zurück.

Die berühmte Carnegie Hall in New York.



Für die Asien-Tournee im kommenden Jahr ist das „Heldenleben“ von Richard Strauß auf dem Programm. Auf Tournee geht man mit Werken, mit denen man die Qualität des Orchesters zeigen kann. 2,5 Monate im Jahr sind die Berliner Philharmoniker unterwegs. Das macht einen Riesenspaß. Man lernt so viel…

STOL: Die Aussicht auf ein Leben auf den größten Bühnen der Welt: Wie geht es Ihnen damit?
Stecher: Die Nachricht kam unspektakulär per E-Mail. Es hat eine Weile gebraucht, bis ich das realisiert hatte. Dann sind auch ein paar Freudentränen geflossen.

Wer Bertold Stecher mit den Berliner Philharmonikern erleben möchte, hat morgen Abend die Gelegenheit dazu: Am Samstag, 24. Juni, um 22.10 Uhr überträgt die ARD das Konzert der Berliner Philharmoniker auf der Waldbühne in Berlin.

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