Freitag, 8. September 2023

EU hält Scheitern des G20-Gipfels für möglich

Der diesjährige G20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer könnte nach Einschätzung der EU ohne gemeinsame Abschlusserklärung enden. Es sei schwierig vorherzusagen, ob es möglich sein werde, sich zu verständigen, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Freitag vor dem Beginn des Spitzentreffens in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi am Samstag. Konsens gibt es laut Michel aber darüber, der Afrikanischen Union den Beitritt zur G20 zu ermöglichen.

EU-Ratspräsident sieht "gutes Signal" für Beitritt der AU zur G20. - Foto: © APA/AFP / SAJJAD HUSSAIN

Grund für die Probleme sei, dass es für einige Staaten in diesem Jahr schwieriger zu sein scheine, einer klaren Verurteilung Russlands für den Angriffskrieg gegen die Ukraine zuzustimmen, so Michel. Als weitere Beispiele für strittige Themen nannte er den Kampf gegen den Klimawandel, Pläne für eine Reform der internationalen Finanzarchitektur sowie die Unterstützung für Entwicklungsländer. „All diese Themen sind schwierige Themen mit unterschiedlichen Blickwinkeln, unterschiedlichen Sensibilitäten und unterschiedlichen Schwerpunkten“, sagte er.

„Russland greift die Ukraine weiterhin an, tötet die Menschen und zerstört ihre Städte“, sagte Michel. Deshalb werde die EU die Ukraine weiterhin unterstützen und Druck auf Russland ausüben. Der Krieg des Kremls treffe zudem auch das Leben in anderen Regionen der Welt. Mehr als 250 Millionen Menschen seien weltweit mit akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert. Indem der Kreml bewusst ukrainische Häfen für den Getreideexport angreife, nehme er ihnen das Essen, das sie dringend bräuchten. Das russische Angebot, Afrika eine Million Tonnen Getreide zur Verfügung zu stellen, sei „absolut zynisch“.

Nach Angaben Michels setzt sich die EU unter anderem dafür ein, dass sich die G20 geschlossen hinter das Ziel stellen, spätestens 2025 den Scheitelpunkt globaler Treibhausgasemissionen zu erreichen. Dies würde bedeuten, dass sie ab 2026 dann sinken müssten. „Der Klimawandel verschont niemanden. Die globale Erwärmung wird jeden von uns treffen“, warnte Michel.

Als positiv wertete er, dass in diesem Jahr vermutlich erstmals das internationale Ziel erreicht werden kann, insgesamt 100 Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel in Entwicklungsländern aufzubringen. Ursprünglich hatten die Industriestaaten zugesagt, dieses Ziel bereits ab 2020 zu erreichen. Mit dem Geld sollen Emissionen reduziert und Projekte zur Anpassung an den Klimawandel finanziert werden.

Die Afrikanische Union steht nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel vor einer Aufnahme in die G20. Das sei ein „gutes Signal“. Bisher ist die Europäische Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten die einzige Regionalorganisation, die Mitglied der G20 ist. Der AU gehören alle international allgemein anerkannten afrikanischen Länder sowie das völkerrechtlich umstrittene Land Westsahara an. Insgesamt sind es 55 Staaten. Die AU vertritt die Interessen von rund 1,3 Milliarden Menschen und hat die jüngste und am schnellsten wachsende Bevölkerung der Welt. Schätzungen zufolge könnte Afrika bis 2050 2,5 Milliarden Einwohner zählen. In der EU leben im Vergleich lediglich rund 450 Millionen Menschen.

Offen war nach Angaben von Diplomaten bis zuletzt noch, wann die Afrikanische Union offiziell Mitglied werden soll. Möglich wäre eine erste reguläre Gipfelteilnahme bereits beim nächsten Gipfel in Brasilien oder beim Gipfel 2025 in Südafrika.

Zur G20-Gruppe gehören neben der EU 19 der stärksten Volkswirtschaften der Welt an. Sie ist ein zentrales Forum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit, beschäftigt sich inzwischen aber auch mit vielen anderen globalen Themen von der Terrorbekämpfung über den Klimaschutz bis hin zu Kriegen. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs ist sie eines der wenigen verbliebenen Foren, wo der Westen und Russland direkt zusammentreffen.

apa

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