Donnerstag, 4. April 2024

Israel kündigt sofortige Aufstockung von Gaza-Hilfen an

Israel will nach Druck aus den USA „sofortige Schritte“ zur Erhöhung der humanitären Hilfe für die kriegsgebeutelte Zivilbevölkerung im Gazastreifen ergreifen. Laut einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu würden vorübergehend der Hafen von Ashdod im Süden Israels sowie der Grenzübergang Eretz im Norden des Gazastreifens geöffnet. Außerdem wurde die erweiterte Einreise von Hilfsgütern aus Jordanien über den Grenzübergang Kerem genehmigt, hieß es.

Netanyahu musste sich offenbar dem Druck der USA beugen. - Foto: © APA/AFP/POOL / LEO CORREA

Diese unmittelbaren Maßnahmen für mehr humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung des Gazastreifens seien bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am späten Donnerstagabend beschlossen worden, hieß es in der israelischen Erklärung weiter. „Diese verstärkte Hilfe wird eine humanitäre Krise verhindern und ist unerlässlich, um die Fortsetzung der Kämpfe zu gewährleisten und die Ziele des Krieges zu erreichen“, zitierte die israelische Zeitung „Haaretz“. Der Grenzübergang Eretz war seit seiner Zerstörung während des Großangriffs von palästinensischen Extremisten auf Israel am 7. Oktober geschlossen.

Die Ankündigung erfolgte kurz nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und Netanyahu. In dem Gespräch hatte Biden den israelischen Regierungschef nach Angaben des Weißen Hauses aufgefordert, eine Reihe „spezifischer, konkreter und messbarer Schritte“ zu unternehmen, um das Leid für die Menschen im Gazastreifen zu verringern und den Schutz von Helfern zu erhöhen. Die künftige US-Politik in Bezug auf den Gazastreifen hänge davon ab, wie Israel diese Maßnahmen umsetze, warnte Biden.

US-Außenminister Antony Blinken ergänzte in Brüssel: „Wenn wir nicht die Änderungen sehen, die wir sehen müssen, wird unsere Politik geändert.“ Am Freitag begrüßte Blinken die Entscheidung Israels. Sie sei eine positive Entwicklung. Wichtig sei aber, dass den Worten Taten folgten. Man werde die „Anzahl an Trucks“ beobachten, die nach Gaza kämen, so Blinken. Außerdem sollten Indikatoren für eine mögliche Hungersnot überwacht werden.

Es war das erste Mal, dass die USA eine Unterstützung für die israelische Offensive gegen die radikal-islamische Hamas von Bedingungen abhängig machten. Die Regierung in Washington hat sich in den vergangenen Wochen zunehmend ungehaltener über das israelische Vorgehen geäußert. Zuletzt hatte sie einen israelischen Luftangriff scharf kritisiert, bei dem Anfang der Woche Mitarbeiter einer Hilfsorganisation im Gazastreifen getötet worden waren.

„Vollständig und rasch umsetzen“

Das US-Präsidialamt begrüßte die Entscheidung der israelischen Regierung für mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen nunmehr umgehend. Wie die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, am Donnerstag (Ortszeit) in einer Erklärung mitteilte, hatte Netanyahu die Schritte nach dem Telefongespräch mit Präsident Biden angekündigt. „Diese Schritte, einschließlich der Zusage, den Hafen von Ashdod für die direkte Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen zu öffnen, den Grenzübergang Eretz als eine neue Route zu öffnen, über die Hilfsgüter in den nördlichen Gazastreifen gelangen können, und die Lieferungen aus Jordanien direkt in den Gazastreifen deutlich zu erhöhen, müssen nun vollständig und rasch umgesetzt werden“, teilte Watson mit.

Die US-Regierung sei bereit, in Abstimmung mit der israelischen Regierung, den Regierungen Jordaniens und Ägyptens, den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen zusammen zu arbeiten, um die Umsetzung sicherzustellen. Ziel sei es, dass in den kommenden Tagen und Wochen deutlich mehr humanitäre Hilfe die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen erreiche.

7 Mitarbeiter von Hilfsorganisation getötet

Zu Wochenbeginn hatte das israelische Militär 7 Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen im Gazastreifen getötet, die dort für die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln unterwegs waren. Israel sprach von einem unabsichtlichen Treffer und einem schweren Fehler. US-Präsident Biden machte der dortigen Führung schwere Vorhaltungen und betonte, Israel habe nicht genug getan, um humanitäre Helfer und die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu schützen.

Nach israelischen Angaben von vergangener Woche haben extremistische Palästinenser seit dem 7. Oktober, als die Hamas und andere militante Palästinenser-Organisationen ein Massaker in Israel mit rund 1.200 Toten verübt hatten, mehr als 15.000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Seit dem Großangriff geht die israelische Armee mit einer Großoffensive im Gazastreifen gegen die Terroristen vor. Mehr als 130 Geiseln von ursprünglich 250 in den Gazastreifen verschleppten Menschen sollen sich noch in der Gewalt der Hamas und anderer Gruppen befinden. Knapp 100 Entführte dürften nach israelischen Schätzungen noch am Leben sein.

Im Zuge der israelischen Gegenoffensive wurden große Teile des Küstengebietes zerstört. Mehr als die Hälfte der rund 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens leben im Raum Rafah im Süden in Zelten und haben kaum Nahrung oder medizinische Grundversorgung. Die Hilfsorganisation Handicap International warnte am Freitag in einer Aussendung vor der mangelnden Versorgung für Verwundete: „Es besteht kein Zweifel daran, dass viele Verletzte eine dauerhafte Behinderung davontragen werden.“

apa

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