Dienstag, 17. Oktober 2023

Nach Mordanschlag auf Fußballfans in Brüssel: Polizei erschießt Abdesalem L.

Nach den tödlichen Schüssen auf 2 Schweden in Brüssel ist der mutmaßliche Täter gestorben. Abdesalem L. war bei seiner Verhaftung am Dienstag von der Polizei angeschossen worden und sei kurz darauf gestorben, meldeten belgische Medien mit Berufung auf die Staatsanwaltschaft.

Polizeieinsatz in der belgischen Hauptstadt. - Foto: © Belga / HATIM KAGHAT

Der 45-Jährige wurde verdächtigt, am Montag 2 Schweden in der belgischen Hauptstadt erschossen und eine weitere Person verletzt haben. Die Polizei fahndet demnach nach möglichen Komplizen. Die Polizei habe zudem eine Waffe bei dem Mann gefunden, die die Waffe des Mordanschlags am Montagabend sein könne.

Mutmaßlicher Täter ist ein 45-jähriger Tunesier

Nach vorherigen Angaben von Justizminister Vincent van Quickenborne handelte es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 45-jährigen Tunesier, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe. Die Staatssekretärin für Asyl und Migration, Nicole de Moor, sagte, sein Asylantrag sei negativ beschieden worden, er sei im Februar 2021 offiziell aus dem Nationalregister gestrichen worden.

Laut Justizminister van Quickenborne war der Mann der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen. Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann ein radikalisiertes Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Jihad ziehen wolle, wie van Quickenborne sagte. „Darüber hinaus gab es, soweit unseren Diensten bekannt, keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung.“

Abdesalem L. ist tot. - Foto: © ANSA / FERMO IMMAGINE VIDEO X

Verstärkte Polizeipräsenz in Brüssel

Belgiens Premierminister Alexander De Croo sagte am Dienstag in der Früh, weil die Bedrohungslage für Brüssel auf die höchste Stufe hochgestuft worden sei, werde es nun eine verstärkte Polizeipräsenz geben. Auch an einer Reihe von sensiblen Orten, insbesondere an Orten, die mit der schwedischen Gemeinschaft in Verbindung stehen, würden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Auch im restlichen Land gebe es verstärkte Kontrollen. De Croo rief alle Menschen in Brüssel zu erhöhter Wachsamkeit auf. Am Nachmittag solle der nationale Sicherheitsrat zusammenkommen.

Das ist passiert

Am frühen Montagabend war laut Nachrichtenagentur Belga ein bewaffneter Mann im Norden der Innenstadt von einem Roller abgestiegen und hatte auf der Straße Schüsse abgegeben. Als mehrere Menschen in einen Hauseingang flohen, soll er sie verfolgt und auf sie geschossen haben. Die Polizei bestätigte diese Angaben zunächst nicht. De Croo schrieb auf Twitter (X), bei den Todesopfern handle es sich um schwedische Staatsbürger. Ein drittes Opfer, ein Taxifahrer, ist laut Staatsanwaltschaft inzwischen außer Lebensgefahr.

Die Tat ereignete sich um kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt unmittelbar vor einem EM-Qualifikationsspiel im Brüsseler König-Badouin-Stadion. Bei den Opfern handelt es sich um schwedische Fans.

EM-Qualifikationsspiel unterbrochen

Die beiden Schweden starben rund 5 Kilometer entfernt vom Brüsseler Fußballstadion. Das EM-Qualifikationsspiel wurde beim Stand von 1:1 abgebrochen. Die Nachricht vom Tod der beiden Schweden verbreitete sich in der Halbzeitpause. Nach Angaben des schwedischen TV-Senders SVT hätten die Spieler der schwedischen Nationalmannschaft daraufhin beschlossen, das Spiel nicht fortzusetzen. Die belgischen Nationalspieler hätten sich dem angeschlossen. Mehrere Tausend Menschen mussten aus Sicherheitsgründen zunächst im Brüsseler Fußballstadion ausharren, bis sie evakuiert werden konnten. Bereits am Montagabend hat das schwedische Team Brüssel verlassen: Wie das schwedische Fernsehen SVT berichtete, wurde die Mannschaft von Trainer Janne Andersson in der Nacht per Charterflieger ausgeflogen.

Nach Angaben der für Terrorismus zuständigen belgischen Bundesstaatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise, dass eine Verbindung zwischen dem Angriff in Brüssel und dem Gaza-Konflikt besteht. Die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer könnte eine Motivation für die Tat sein, zitierte die belgische Nachrichtenagentur Belga einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft.

Aus Ermittlerkreisen hieß es, in Onlinediensten kursiere ein Bekennervideo, auf dem ein Mann auf Arabisch spreche. In einem weiteren Video, das auf der Webseite der flämischen Zeitung „Het Laatste Nieuws“ veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie der mutmaßliche Schütze in einer orangefarbenen Neonjacke eine automatische Waffe schultert und auf einem Motorroller davonfährt. Parallel sind mindestens 4 Schüsse zu hören. In den sozialen Medien wurden unbestätigte Aufnahmen eines Mannes verbreitet, der sich als ein Mitglied der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) bezeichnet und erklärt, er habe 3 Schweden getötet.

De Croo drückte dem schwedischen Premier Ulf Kristersson sein aufrichtiges Beileid aus: „Als enge Partner ist der Kampf gegen den Terrorismus ein gemeinsamer Kampf.“ Kristersson rief die Schweden in Belgien zur Wachsamkeit auf. Der schwedische Justizminister Gunnar Strommer sprach am Montag von „schrecklichen Nachrichten aus Brüssel“. Schweden hatte im August seine Terrorwarnstufe auf die zweithöchste Stufe angehoben, nachdem Koranverbrennungen in Schweden Muslime empört hatten. Die schwedische Regierung verurteilte die Verbrennungen.

Von der Leyen spricht von einem „feigen Anschlag“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „feigen Anschlag“ und drückte den Menschen in Schweden gegenüber ihr Beileid aus. Der belgische EU-Ratspräsident Charles Michel twitterte: „Das Herz Europas wird von Gewalt getroffen. Mein Mitgefühl gilt den Familien der Opfer des tödlichen Anschlags im Zentrum von Brüssel.“ Der belgische Königspalast zeigte sich „schockiert“ und drückte seine „Unterstützung für die Sicherheitskräfte aus, die alles tun, um den Urheber der Taten zu fassen“, hieß es auf Twitter (X).

Meloni: „Italien verurteilt entschieden jede Form von Gewalt, Fanatismus und Terrorismus und drückt den Opfern und ihren Familien sein tiefstes Mitgefühl aus“

Ähnlich äußerte sich Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. „Italien verurteilt entschieden jede Form von Gewalt, Fanatismus und Terrorismus und drückt den Opfern und ihren Familien sein tiefstes Mitgefühl aus“, hieß es in einer Erklärung.

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin kündigte an, die Grenzkontrollen zum Nachbarland Belgien verschärfen zu wollen. Am Freitag war an einer Schule in Nordfrankreich ein Französischlehrer von einem radikalisierten ehemaligen Schüler getötet worden. In dem Land gilt seitdem die höchste Alarmstufe.

Der Rat der Muslime in Belgien verurteilte das Attentat. Er forderte die Behörden „zu größter Entschlossenheit auf, um unsere nationale Gemeinschaft zu schützen und so schnell wie möglich Licht ins Dunkel zu bringen“.

Belgien war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel terroristischer Anschläge. Am 22. März 2016 sprengten sich in der Hauptstadt Brüssel 3 Selbstmordattentäter am Flughafen und in einer U-Bahn-Station in die Luft. Dabei wurden 35 Menschen getötet und fast 700 weitere verletzt. Zu den Taten bekannte sich der IS.

Im November 2022 hatte ebenfalls in Brüssel ein mit einem Messer bewaffneter Mann zwei Polizisten angegriffen, wobei einer von ihnen getötet und der andere schwer verletzt wurde. Die Bundesstaatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein.

apa/dpa/stol

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