Mittwoch, 28. Februar 2024

Schallenberg derzeit gegen Anerkennung von Staat Palästina

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht noch nicht den richtigen Zeitpunkt für eine Anerkennung des Staates Palästina durch Österreich gekommen. „Es gibt beim Frieden keine Zwangsheirat“, sagte Schallenberg am Mittwoch der APA nach einem Treffen mit dem palästinensischen Premier Mohammed Shtayyeh in Ramallah. Dieser habe sich für eine von der internationalen Gemeinschaft erzwungene Friedenslösung mit einer Anerkennung Palästinas als ersten Schritt ausgesprochen.

Schallenberg will Aufforderung Shtayyehs nicht nachkommen. - Foto: © APA/AUSSENMINISTERIUM / MICHAEL GRUBER

Angesprochen darauf, ob sich Österreich bei der Anerkennungsfrage auch gegen Israel stellen könnte, sagte Schallenberg, dass ein solcher Schritt „Teil eines Prozesses sein“ müsse und auch nicht von Österreich allein gesetzt werden könne. „Das ist ein Schuss, den man nur einmal setzen kann“, so Schallenberg. „Erstens muss es einen Unterschied machen, zweitens muss es zum Schluss des Prozesses kommen.“ Ansonsten sei die Anerkennung nur etwas, „das vielleicht kurz Aufmerksamkeit erzeugt, aber nichts ändert in der Sache selbst“.

Die Palästinenser seien im Gegensatz zu Israel für eine „aufoktroyierte Lösung“ des Konflikts, berichtete Schallenberg aus seinem Gespräch mit Shtayyeh. „Sie wollen eigentlich keinen politischen Prozess. Sie sagen: Das geht sich nicht aus, das schaffen wir nicht aus eigener Kraft“, sagte der Außenminister mit Blick auf die wiederholt erfolglosen Anläufe für eine Friedenslösung in den vergangenen drei Jahrzehnten. Schallenberg steht diesbezüglich der israelischen Position näher. „Man kann Frieden nicht aufoktroyieren“, betonte er.

Schallenberg drängte gegenüber Shtayyeh auch darauf, dass die Palästinensische Autonomiebehörde selbst Reformen umsetzt. Konkret nannte er palästinensische Schulbücher, die wegen antisemitischer Inhalte kritisiert werden. Die aktuelle Regierungsumbildung werde als Akt der „Wiederbelebung“ der Autonomiebehörde gesehen, berichtete der Außenminister weiter. Als wesentlichen Punkt sehe man in Ramallah die Möglichkeit, eigene Steuern einzunehmen. Wenn nämlich die Autonomiebehörde selbst nicht in der Lage sei, staatliche Grundaufgaben wahrzunehmen, dürfe man sich über ihre geringe Popularität nicht wundern.

Der Außenminister hatte seine viertägige Nahost-Visite am Dienstag in Israel begonnen. In Tel Aviv traf er seinen Amtskollegen Israel Katz sowie den Vater der von der Terrororganisation Hamas verschleppten israelisch-österreichischen Geisel Tal Shoham, Gilad Korngold.

In Jerusalem traf der Außenminister am Mittwochvormittag noch den israelischen Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi. Wie Schallenberg auf Twitter mitteilte, ging es in dem Gespräch insbesondere um humanitäre Pausen, die Hilfslieferungen für den Gaza-Streifen sowie Geisel-Befreiungen ermöglichen sollen. „Es ist auch wesentlich, einen glaubwürdigen Plan für den Schutz der Zivilisten in Rafah zu haben“, bekräftigte Schallenberg.

Schallenberg kam mit einem neuen Gaza-Hilfspaket im Umfang von zehn Millionen Euro nach Ramallah. Die Hilfszahlungen belaufen sich seit Oktober auf 23 Millionen Euro und sinc damit ein Vielfaches der regulären Entwicklungshilfe für die Palästinensergebiete, wie der Vizechef der österreichischen Vertretung in Ramallah, Oliver Walter, vor Journalisten bestätigte. Die EZA-Agentur ADA habe ein Jahresbudget von etwa fünf Millionen Euro für Palästina, mit dem etwa Projekte für Frauen oder Wasseraufbereitung finanziert werden. So war etwa im Gazastreifen der Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage geplant, doch ist dies wegen des Krieges aktuell nicht möglich.

Walter äußerte die Hoffnung einen „Generationenwechsel“ durch die aktuelle Regierungsbildung in Palästina. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas sitze trotz großer Unzufriedenheit der Bevölkerung fest im Sattel. Auch habe man sich gewundert, dass es im Westjordanland nach dem Beginn des Gaza-Krieges „keine antiisraelischen Demonstrationen“ gegeben habe.

Ein großes Problem für die wirtschaftliche Entwicklung des Westjordanlandes seien die zahlreichen Checkpoints, die die Bewegungsfreiheit massiv einschränken, sagte der österreichische Diplomat. So dauere eine eigentlich in 45 Minuten zu bewältigende Fahrt zwischen Jenin und Ramallah fünf Stunden. Der Diplomat berichtete in diesem Zusammenhang auch von willkürlichen Kontrollen durch Siedler, die auch Gewaltakte setzen. So würden Schulgebäude oder auch Felder niedergebrannt, um Palästinensern ihre Lebensgrundlage zu nehmen.

Schallenberg hatte sich zum Auftakt seiner Nahost-Reise scharf gegen die sogenannte „Settler Violence“ geäußert und sich für internationale Sanktionen gegen Täter ausgesprochen. „Das ist ein unsolidarischer Akt, der mutwillig Öl ins Feuer gießt“, kritisierte der Außenminister vor Journalisten.

Von Ramallah reiste Schallenberg am Nachmittag in die jordanische Hauptstadt Amman weiter, wo am Abend ein Gespräch mit Außenminister Ayman Safadi geplant ist. Das haschemitische Königreich hat als frühere Mandatsmacht der Palästinensergebiete und zweites arabisches Land, das diplomatische Beziehungen mit Israel aufnahm, eine besondere Rolle im Nahost-Konflikt. Jüngst kommt auch seine geostrategische Lage hinzu. Experten zufolge versucht der Iran, über den Irak und Jordanien eine Art Landbrücke zum palästinensischen Westjordanland zu schaffen, um aus diesem einen ähnlichen Terrorhort zu machen, wie der von der Hamas beherrschte Gazastreifen.

apa

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