Sonntag, 25. Juni 2023

Politiker nicht an Wahlversprechen messen? Ganz im Gegenteil

„Bevor wir unsere Wahlentscheidung treffen, sollten wir zurückblicken auf das Jahr 2018, uns die Wahlprogramme von damals anschauen und dann Bilanz ziehen, was wirklich umgesetzt wurde und was eine reine Versprechung geblieben ist.“ Ein Kommentar von STOL-Ressortleiter Arnold Sorg.

„Es ist nur fair, wenn die Wähler das einfordern, was ihnen versprochen wird. Denn genau wegen dieser Versprechungen wählen sie ja ,ihren' Politiker, oder ,ihre' Politikerin.“ - Foto: © Shutterstock

Mehr Unterstützung hier, mehr Beihilfen da, ein neues Landesgesetz gegen Wolf und Bär: Es ist Vorsicht geboten bei Versprechungen, Ankündigungen und übergroßem Aktionismus vonseiten der Politik, wenn man weiß, dass bald Wahlen anstehen. So derzeit auch in Südtirol.

Am 22. Oktober wird der neue Landtag gewählt und Parteien und Politiker buhlen nicht nur schon fleißig um Stimmen, sondern versprechen plötzlich Sachen, von denen es bis vor Kurzem hieß: Geht nicht, kein Geld vorhanden, oder: Die Zuständigkeit liegt bei Rom oder Brüssel. Urplötzlich scheint vieles aber doch ohne größere Probleme zu gehen.

Diese Taktik mag kurzfristig zwar erfolgreich sein, langfristig wäre es aber doch deutlich vernünftiger, nur jenes zu versprechen, was man auch einhalten kann.
Arnold Sorg


Es ist immer wieder aufs Neue verwunderlich, dass Politiker vor Wahlen das Blaue vom Himmel versprechen, wohlwissend, dass bei weitem nicht alles umsetzbar ist, was sie sagen. Diese Taktik mag kurzfristig zwar erfolgreich sein, langfristig wäre es aber doch deutlich vernünftiger, nur jenes zu versprechen, was man auch einhalten kann. Sonst wird der ohnehin schon hohen Politikverdrossenheit in der Bevölkerung noch zusätzlicher Nährboden gegeben und die geringe Glaubwürdigkeit der Politik sinkt noch weiter.

Vor den Wahlen sollten wir Bürger daher genau hinschauen, genau hinhören und uns an die Versprechungen erinnern und sie auch nach den Wahlen immer und immer wieder einfordern. Nicht umsonst hat der ASGB-Vorsitzende Tony Tschenett in einem STOL-Interview gesagt, die Löhne müssen noch vor den Landtagswahlen angehoben werden, denn danach passiert lange Zeit wieder nichts.

Es ist nur fair, wenn die Wähler das einfordern, was ihnen versprochen wird.
Arnold Sorg


Doch die Schuld allein bei den Politikern zu suchen, wäre zu kurz gegriffen. Es sind ja wir Wähler selbst, die diesen Versprechungen kurz vor den Wahlen immer wieder Glauben schenken und sie nach den Wahlen schnell wieder vergessen, oder gar aus Bequemlichkeit nicht mehr nachhaken.

Daher sollten wir, bevor wir unsere Wahlentscheidung treffen, zurückblicken auf das Jahr 2018, uns die Wahlprogramme von damals anschauen und dann Bilanz ziehen, was wirklich umgesetzt wurde und was eine reine Versprechung geblieben ist.

Der ehemalige deutsche Vizekanzler Franz Müntefering sagte einmal: „Es ist unfair, Politiker an ihren Wahlversprechen zu messen.“ Im Wahlkampf werde nämlich bewusst zugespitzt. Das mag sein. Aber unfair ist es nicht. Ganz im Gegenteil: Es ist nur fair, wenn die Wähler das einfordern, was ihnen versprochen wird. Denn genau wegen dieser Versprechungen wählen sie ja „ihren“ Politiker, oder „ihre“ Politikerin.

[email protected]

stol

Stellenanzeigen


Teilzeit






Teilzeit





powered by
Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden