Sonntag, 3. März 2024

Abschießen oder nicht? Kein Ende im Streit um Bären im Trentino

Kaum jemand kennt die Wälder im Trentino so gut wie Matteo Zeni. Wenn der Förster seine Runden durch die bergige Gegend westlich von Trient geht, dann weiß er genau, an welcher Ecke, in welcher Schlucht oder in welcher Höhle sich Bären aufhalten können. Zeni erzählt von seiner Liebe und Faszination für die braunen Giganten, aber auch von unschönen Begegnungen mit ihnen, die jedoch immer glimpflich ausgegangen sind.

Morgen entscheidet der Trentiner Landtag über das Bären-Gesetz: 8 Exemplare dürfen demnach pro Jahr erlegt werden. - Foto: © ANSA / Corpo forestale Provincia autono

Da war etwa das Aufeinandertreffen mit 2 Bären während der Paarungszeit im Frühsommer. Das Bärenpaar hatte sich hinter einen kleinen Hügel zurückgezogen und wurde durch Zeni überrascht. Aus Schreck machte sich das Männchen auf und rannte auf ihn zu. „In solchen Momenten muss man Ruhe bewahren und still stehen bleiben“, so Zeni. Nach einigen Momenten beruhigte sich der Bär und wendete sich ab. Später – mit sicherem Abstand – rief Zeni in den Wald: „scusate!“ – entschuldigt, dass ich euch gestört habe.

Braunbären haben im Trentino eine lange Geschichte. Der Braunbär war fast ausgestorben, aber Ende der 1990er Jahre siedelte man im Zuge des Projektes „Life Ursus“ 10 Bären aus Slowenien dort an.

Inzwischen gibt es etwa 100 ausgewachsene Bären dort, wie der Direktor des Wildtierdienstes, Alessandro Brugnoli, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur sagt. Eine genaue Zahl ist schwer zu ermitteln, da die Tiere wanderfreudig sind. Doch es seien viel zu viele. Und die Anzahl der Bären wächst von Jahr zu Jahr weiter, sagt Brugnoli. Die meisten halten sich westlich des Etschtals auf. Selten trauen sich mutige – meist männliche – Tiere über die Etsch und die Bahngleise sowie unter der Autobahn durch gen Osten.

Der Tod von Andrea Papi: „Es gibt ein Davor und ein Danach“

Immer wieder kommt es zu ungewollten Begegnungen zwischen Menschen und Bären in den Wäldern des Trentino. Nach Angaben des Wildtierdienstes sind seit 2014 8 Bärenangriffe im Trentino verzeichnet worden.

Der 26-jährige Andrea Papi wurde beim Joggen auf einem Forstweg von der Bärin JJ4 getötet. - Foto: © ANSA / Facebook Andrea Papi



Im April vergangenen Jahres hatte die Bärin JJ4, genannt Gaia, einen 26-jährigen Jogger bei Caldes im Val di Sole attackiert und getötet. Die Bärin konnte aufgespürt und vom Forstkorps gefangen werden. Der junge Jogger aus dem Trentino war der erste sogenannte Bärentote in Italien. Der Fall stelle eine Zäsur im Trentino dar, sagt Brugnoli. „Es gibt ein Davor und Danach.“

Angelo Metlicovec mit seinem Hund Kira kurz nach dem Bärenangriff am Terlagosee im Sommer 2017.



Seitdem hat sich die Debatte um die Bären im Trentino weiter zugespitzt. Landeshauptmann Maurizio Fugatti ordnete die Tötung von JJ4 an. Bis heute streiten sich Tierschützer und die Provinz vor Gericht um die „Problembärin“, die sich in einem Tierpflegezentrum befindet. Der Ton ist harscher geworden: Fugatti und andere Provinzvertreter werden inzwischen bedroht – zum Teil mit dem Tod.

Der Rücken des 24-Jährigen, der 2020 beim Spaziergang in Andalo vom Bären M57 angefallen worden war.



Mitarbeiter des Forstkorps und des Wildtierdienstes erhalten Drohanrufe auf ihren privaten Telefonen und werden Opfer von sogenannten Mail Bombings.

Fabio und Christian Misseroni waren 2020 am Monte Peller von einem Bären angefallen worden. Sie überlebten.



Fugatti war es seit jeher mit bürokratischen Hürden möglich, einzelne Tötungen von „Problembären“ anzuordnen. Nun soll ein Gesetz kommen, das die Tötung von bis zu 8 Bären im Trentino pro Jahr ermöglicht. Man bremse so den Anstieg der Bärenpopulation und gewährleiste die Sicherheit der Menschen, hieß es vonseiten des Landes.

Morgen entscheidet der Trentiner Landtag über das Bären-Gesetz

Am morgigen Montag entscheidet der Trentiner Landtag endgültig darüber. Fugatti verfügt über eine Mehrheit, sodass die Verabschiedung als sicher gilt.

Es obliegt dann allein dem Landeshauptmann, problematische Tiere für den Abschuss freizugeben. Von den maximal 8 pro Jahr darf es sich nur um 2 erwachsene Weibchen, 2 erwachsene Männchen sowie 4 Jungtiere handeln. Mit dieser Höchstquote sollen Fakten geschaffen werden. Sie soll jeweils für die Jahre 2024 und 2025 gelten – für 2026 soll eine neue festgelegt werden.

Tierschützer kündigten bereits Widerstand gegen das neue Gesetz an.

dpa/stol

Mehr zu diesem Thema

Stellenanzeigen


Teilzeit






Teilzeit





powered by
Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden