Samstag, 3. Februar 2024

Geflüchteter Terror-Verdächtiger in Wien-Floridsdorf gefasst

Ein am Freitagvormittag aus einem Wiener Spital geflüchteter mutmaßlicher Anhänger der radikalislamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) befindet sich dank zielgerichteter Fahndungsmaßnahmen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) wieder in Haft. Der 19-jährige Mahdy C., gegen den von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen Terrorverdachts und krimineller Vereinigung ermittelt wird, wurde am Samstag kurz nach 8.00 Uhr in Wien-Floridsdorf gefasst.

Nach seiner Flucht am Freitag konnte der Mann verhaftet werden. - Foto: © APA (Themenbild) / HANS PUNZ

Er leistete dabei keinen Widerstand, hieß es aus verlässlicher Quelle gegenüber der APA. Der Verfassungsschutz, der den 19-Jährigen offenbar schon länger im Fokus hatte, dürfte nach der geglückten Flucht des jungen Mannes an Orten, Plätzen und Adressen Stellung bezogen und diese überwacht haben, an denen mit einem potenziellen Erscheinen des Gesuchten zu rechnen war. An einem solchen Ort erfolgte dann am Samstagmorgen auch der Zugriff. Mittlerweile befindet sich der 19-Jährige nach jüngsten Informationen der APA wieder in einer Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.

Der Mann war bis Jänner 2024 nach einer Verurteilung wegen Raubes und Körperverletzung in Strafhaft gesessen. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er infolge angelaufener Ermittlungen in Richtung Terrorverdacht nahtlos in U-Haft genommen. „Er sympathisierte mit dem Islamischen Staat (IS) und wollte sich diesem anschließen“, teilte die DSN am Samstag zur Verdachtslage mit, nachdem sich das dafür an sich zuständige Justizministerium diesbezüglich seit Freitag unter Berufung auf die Unschuldsvermutung in anhaltend beharrlichem Schweigen übt.

An sich wäre der 19-Jährige mit der vom Landesgericht Wiener Neustadt verhängten U-Haft in der JA Wiener Neustadt unterzubringen gewesen. Da er jedoch eine Erkrankung geltend machte, musste er in die JA Josefstadt verlegt werden: seit einer seitens des Justizministeriums vorgenommenen Umstrukturierung ist ausgerechnet das größte und damit meistens überbelegte Gefängnis des Landes als Sonderstrafanstalt ausgewiesen und muss beispielsweise auch Haftplätze für im Sinn des §21 Absatz 1 StGB geistig abnorme, zurechnungsunfähige Straftäter bereit stellen. Ein Umstand, der in der Justizwache, aber auch in Kreisen der Strafjustiz nicht unumstritten ist, wie der APA am Wochenende von verschiedenen Seiten zugetragen wurde.

DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner zeigte sich nach dem raschen Aufgreifen des geflüchteten mutmaßlichen IS-Mannes zufrieden. „Dank der professionellen und guten Arbeit unserer Ermittlerinnen und Ermittler in der DSN wurde der Verdächtige nach rascher Fahndung festgenommen. Das schnelle und verlässliche Einschreiten des Verfassungsschutzes ist in einer Gefahrensituation von besonderer Bedeutung, wie die heutige erfolgreiche, rasche Fahndung bewies“, meinte Haijawi-Pirchner in einer der APA übermittelten Stellungnahme. „Die Ermittler des Verfassungsschutzes haben hervorragende Arbeit geleistet und einmal mehr ihre Professionalität unter Beweis gestellt“, gratulierte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) den erfolgreichen Einsatzkräften.

Der 19-Jährige hatte einen Arzt-Termin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien-Leopoldstadt genutzt, um der Justizwache zu entwischen. In diesem Zusammenhang wird ein mögliches Fehlverhalten der ihn begleitenden Beamten geprüft. Die DSN hält es für denkbar, dass es mögliche Fluchthelfer gegeben hat. „Eine potenzielle Fluchtbeteilung durch Fluchthelfer ist derzeit noch nicht auszuschließen und wird aktuell geprüft“, hieß es gegenüber der APA.

Während das Justizministerium zur Person des Entflohenen nichts sagen wollte, war am Freitagabend auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Lichtbild des Geflüchteten veröffentlicht worden. Im Palais Trautson hatte man zuvor nicht einmal die Terror-Verdachtslage gegen den 19-Jährigen mit dem Hinweis auf die Unschuldsvermutung bestätigen wollen. Am Abend berichtete dann allerdings die niederösterreichische Exekutive, gegen den 19-Jährigen liege ein europäischer Haftbefehl vor.

Wie die Wiener Landespolizeidirektion auf APA-Anfrage erklärte, war es Mahdy C. im Zuge seiner Flucht nicht gelungen, dem ihn eskortierenden Justizwachebeamten Schuss- oder sonstige Waffen zu entreißen. Er dürfte somit auch zum Zeitpunkt seiner Festnahme unbewaffnet gewesen sein. Ob im Hinblick auf seine offenbar terroristische Gesinnung dessen ungeachtet während seiner Flucht eine Gefährdungslage für die Bevölkerung gegeben war, blieb unklar. Die Wiener Landespolizeidirektion verwies dazu ans Justizministerium, das für die Beantwortung dieser Frage zuständig sei.

Die FPÖ fordert am Samstag den Rücktritt von Justizministerin Zadic „im Sinne der österreichischen Sicherheit“, wie in einer Presseaussendung festgehalten wurde. „Die grüne Kuscheljustiz unter Ministerin Zadic muss nun rasch ein Ende finden, bevor noch etwas Schlimmes passiert. Da diese Ministerin die Gefängnisse einfach nicht unter Kontrolle hat, muss sie zurücktreten“, meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Erst im vergangenen November war es zu einer Serie von Fluchtversuchen aus Justizanstalten in Wien und Niederösterreich im Zuge von Eskorten zu medizinischen Terminen gekommen. In vier von fünf Fällen konnten die geflüchteten Häftlinge wieder durch die Polizei festgenommen werden. Ein 35-jähriger Insasse der Justizanstalt Stein befindet sich dagegen noch immer auf der Flucht. Das Justizministerium reagierte darauf mit 21 Razzien in Anstalten sowie einem Runden Tisch, wo eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen beschlossen wurde. Wie dann ausgerechnet einem mutmaßlichen IS-Terroristen die Flucht aus den Händen der Justizwache gelingen konnte, ist insofern unklar, als seitens des Justizministeriums zu den Umständen der Flucht nach wie vor mit Informationen gegeizt wird.

„Diese bedenkliche Pannenserie wird nun hochgefährlich. Nicht nur, dass sich Islamisten in den Haftanstalten ungehindert per Telefon verständigen und ihr terroristisches Treiben organisieren können, ist es mehr als leicht, die Flucht ergreifen zu können“, bemerkte FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz. Die Justizanstalten seien „übervoll“, die Justizwache „sehr überlastet sowie personell, infrastrukturell und finanziell ziemlich ausgedünnt“. Für den freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Christian Lausch, selbst Justizwachebeamter, ist Zadic „ein Sicherheitsrisiko“. Dass „ein Gefährder“ (gemeint: der Terrorverdächtige Mahdy C., Anm.) zu einer ärztlichen Untersuchung in eine öffentliche Ambulanz ausgeführt werde, sei zu hinterfragen. Außerdem habe Zadic „ohne Grund die im letzten November veranlassten Sicherheitsanordnungen - die Rückenfesselung und den Bauchgurt -, die nach der Pannenserie im vergangenen Jahr erlassen wurden, Anfang Jänner wieder aufgehoben“, berichtete Lausch.

Die Generaldirektion für den Strafvollzug hatte gegen Ende des Vorjahrs angesichts gehäufter Fluchtversuche den Justizanstalten die Anweisung erteilt, bei medizinischen Eskorten in Zukunft Häftlingen die Arme hinter dem Körper zu fesseln. Weiters wurden die Justizanstalten angewiesen, externe medizinische Termine in Spitälern mit Häftlingen bis auf weiteres nur unter besonderen Vorkehrungen durchzuführen.

apa

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