Montag, 20. November 2023

Turetta stimmt Auslieferung zu – Tiefe Bestürzung in Italien

Seine 1000 Kilometer lange Flucht endete nach 8 Tagen auf einer Autobahn: Nachdem Filippo Turetta am gestrigen Sonntag von der Polizei in Deutschland festgenommen worden ist, soll er einer Auslieferung nach Italien zugestimmt haben. Ihm wird der Mord an seiner 22-jährigen Ex-Freundin vorgeworfen. In Italien ist die Bestürzung und die Anteilnahme am Tod von Giulia Cecchettin groß. Auch die Eltern von Filippo Turetta zeigten sich schockiert über die Tat: „Es ist unfassbar. Wir haben Giulia geliebt.“

Die Bestürzung über den Tod von Giulia Cecchettin in Italien ist groß. - Foto: © ANSA / INSTAGRAM

Über eine Woche hielt Filippo Turetta die Ermittler in Schach. Am gestrigen Sonntag nahm seine Flucht, die sich über 1000 Kilometer und mehrere Länder erstreckte, ein jähes Ende. „Turetta wurde in seinem Auto auf der Autobahn A9 bei Bad Dürrenberg festgenommen“, bestätigte ein Sprecher der deutschen Polizei schließlich am gestrigen Sonntag.

Lesen Sie hier, wie ein blutiger Geldschein, mit dem Turetta in Cortina an einer Tankstelle bezahlt hat, dazu beigetragen hat, die Spur des 22-Jährigen aufzunehmen.

Filippo Turetta soll in wenigen Wochen nach Italien ausgeliefert werden. - Foto: © ANSA / instaram



Turetta wurde in der Morgendämmerung festgenommen, als er mit ausgeschaltetem Licht am Straßenrand stand, obwohl nach deutschem Recht das Licht immer eingeschaltet sein muss. Deutsche Polizisten hielten für eine Kontrolle an und erkannten den jungen Mann und das von Interpol gemeldete Nummernschild.

Nur 24 Stunden zuvor war in Barcis in Friaul die Leiche der 22-jährigen Giulia Cecchettin gefunden worden, die seit rund einer Woche vermisst worden war. Ihr Ex-Freund Filippo Turetta steht unter dem dringenden Verdacht die junge Frau ermordet zu haben.

Der Verhaftete hatte seine Ex-Freundin vor 10 Tagen in deren Heimatort Vigonovo in der Provinz Venedig abgeholt. Danach waren die beiden Studenten verschwunden. Sie waren eineinhalb Jahre ein Paar gewesen, bevor sie sich im vergangenen Sommer trennten.

Turetta soll Auslieferung zugestimmt haben

Wie die Nachrichtenagentur Ansa am Montag berichtet, soll Turetta während seiner Anhörung vor dem Amtsgericht in Halle an der Saale seiner Auslieferung nach Italien zugestimmt haben. Seine Haft wurde dabei inzwischen bestätigt. Nun muss er warten, bis das Landgericht mit der Prüfung des Auslieferungsantrags beginnt. Turettas Anwalt Emanuele Compagno erklärte, dass dies etwa 14 Tage dauern könnte.

Die Haft von Filippo Turetta wurde bestätigt. - Foto: © ANSA / RODOLFO CALO'



„Die Abläufe“, so der italienische Justizminister Carlo Nordio gegenüber Ansa, „sind in diesen Fällen schnell. Alles hängt von der Richterschaft in Venedig ab, aber im Allgemeinen geht es sehr schnell.“

Außenminister Antonio Tajani betonte, dass der 22-Jährige nach der Festnahme, die dank „der Koordinierung zwischen unseren und den deutschen Strafverfolgungsbehörden“ erfolgt sei, „in wenigen Tagen den italienischen Strafverfolgungsbehörden und der Justiz übergeben werden kann, um ein faires Verfahren zu erhalten“. Die Dauer des Auslieferungsverfahren betrage in der Regel einige Wochen.

Sobald dieses abgeschlossen sei, werde ein Team der italienischen Kriminalpolizei nach Deutschland reisen und den 22-Jährigen übernehmen, um ihn nach Italien zu überführen und den Justizbehörden zur Verfügung zu stellen. „Die Richter haben mehrere Fragen an den jungen Mann, um die noch fehlenden Details zu klären und vor allem um zu beurteilen, ob ein Vorsatz vorlag oder nicht“, so Tajani. So gebe es Hinweise darauf, dass Turetta seine Flucht in die Berge bereits im Vorfeld geplant habe.

Eltern von Turetta: „Wir haben Giulia geliebt“

Nach dessen Festnahme am Sonntagabend äußerten sich auch die Eltern von Filippo Turetta zu der Tat, die ihrem Sohn zur Last gelegt wird: „ Wir stehen immer noch unter Schock über das, was er getan hat. Wir verstehen nicht, wie so etwas passieren konnte, wir können nicht verstehen, wie ein Junge, dem wir alles gegeben haben, so etwas tun konnte. Es ist unfassbar, irgendetwas muss in ihn gefahren sein“, sagte Nicola Turetta.

„Wir sprechen der Familie Cecchettin unser tiefstes Beileid aus und stehen ihr nahe“, fügte er hinzu, „wir haben Giulia geliebt und niemand wird sie jemals zurückbringen“.

„Es ist herzzerreißend“

Der Tod von Giulia Cecchettin hat in Italien enorme Bestürzung ausgelöst und facht erneut die Debatte über Gewalt gegen Frauen an. 103 Frauen wurden in Italien heuer ermordet, 80 davon von Lebenspartnern oder Ex-Ehemännern, wie das Innenministerium in Rom meldete.

Die Nachricht des Mordes sei „herzzerreißend“, betonte Premierministerin Giorgia Meloni. „Ich hoffe, dass bald volles Licht in dieses unfassbare Drama gebracht werden kann. Ruhe in Frieden“, schrieb Meloni.

Die PD-Vorsitzende Elly Schlein rief Meloni auf, Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt und Femizid zu ergreifen. „Ich habe mich an Meloni gewandt, um ihr zu sagen, dass wir zumindest in diesem Punkt die politischen Auseinandersetzungen beiseitelassen und versuchen sollten, das Land einen Schritt voranzubringen. Strafen reichen nicht aus, um die patriarchalische Kultur zu überwinden, man muss mit der Erziehung zu Respekt in den Schulen beginnen“, sagte Schlein.

Große Anteilnahme in Italien

Viele Menschen pilgerten am Sonntag zum Haus des jungen Opfers in Vigonovo bei Venedig und hinterließen Blumen und Kerzen. Der Vater Gino und die Geschwister Elena und Davide hatten bis zuletzt auf die Heimkehr Giulias gehofft.



Nicht nur in ihrem Heimatort sondern landesweit wurde Giulia Cecchettin durch Gedenkveranstaltungen geehrt. So fand in Mailand eine Mahnwache statt, an der Scala fand ein Konzert zu Ehren von Giulia Cecchettin statt.

Geplant sind weitere Gedenkveranstaltungen auch an der Universität von Padua, wo die 22-Jährige in Kürze ihr Studium abgeschlossen hätte. Der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia, hat einen offiziellen Trauertag ausgerufen.

Gino Cecchettin: „Liebes, ich vermisse dich schon so sehr. “ - Foto: © ANSA / Rainews



Auch Giulias Familie hat sich in den vergangenen Tagen mit emotionalen Postings in den sozialen Medien zu Wort gemeldet. Ihr Vater, Gino Cecchettin, schrieb am Sonntagmorgen auf seinem Facebook-Profil: „Liebes, ich vermisse dich schon so sehr. Nimm Mama in den Arm und gib ihr einen Kuss von mir.“ Giulias Schwester betonte: „Ich werde niemals schweigen!“ Hier lesen Sie mehr dazu.

pho/mit

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